Fürsorgeerziehung
im Nationalsozialismus
"Bewahrung"
und "erbbiologische Aussiebung" von Fürsorgezöglingen
[
a combination of evangelism, eugenics and
national socialism that would continue to exert its influence for
decades to come ]
[
Vermächtnis und Auswirkungen dieser Ideologien
im Nachkriegsdeutschland und in der Bundesrepublik (1945 bis 1985)
]
Erweiterte
Fassung eines Vortrags in der Gedenkstätte Breitenau in
Guxhagen am 22.02.2000
Von Wolfram Schäfer Institut
für Erziehungswissenschaft, Philipps-Universität
Marburg, Wilhelm-Röpke-Str. 6B, 35032 Marburg - Tel.
06421/2824968
Gliederung
des Vortrags
Teil I – Rückblick auf die
Situation der Fürsorgeerziehung am Ende der Weimarer
Republik
Teil II – "Ausmerzereif oder
förderungsbedürftig" - Die Entwicklung der
Fürsorgeerziehung während des Nationalsozialismus unter
besonderer Berücksichtigung der Rolle der Kinder- und
Jugendpsychiatrie
Teil III – Forschungen über
Fürsorgezöglinge zwischen 1933 und 1945 und
ihre Wirkungsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland
In
meinem Vortrag heute Abend möchte ich auf das Schicksal von
Kindern und Jugendlichen eingehen, die, weil sie als "verwahrlost"
galten oder von "Verwahrlosung", "Bewahrung"
u. "erbbiologische Aussiebung" von Fürsorgezöglingen
-- bedroht waren,1 aufgrund
des Beschlusses eines Vormundschaftsgerichtes in einer geeigneten
Familie oder in einer "Erziehungsanstalt", wie es im
Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 hiess, untergebracht
waren.2
Teil I –
Rückblick auf die Situation der Fürsorgeerziehung am
Ende der Weimarer Republik
Am Ende der zwanziger Jahre
befand sich die Fürsorgererziehung in einer schweren Krise.
Diese vielfach beschriebene und gut dokumentierte Situation3
war markiert durch skandalöse Verhältnisse in einer
ganzen Reihe von Fürsorgeerziehungsheimen, die zu etlichen
Widersetzlichkeiten und Revolten seitens der Zöglinge
führten. Zahlreiche Prozesse gegen Erzieher und Zöglinge
enthüllten, dass zentrale Elemente der damaligen "Pädagogik"
aus militärischem Drill und brutalsten Prügelstrafen
bestanden, dass Dunkelarrest und Kostentzug in den Heimen an der
Tagesordnung waren und sexuelle Übergriffe durch Erzieher
durchaus nicht selten vorkamen.4
Wer autobiographische Berichte aus der damaligen Zeit liest, etwa
Peter Martin LAMPELs "Jungen in Not - Berichte von
Fürsorgezöglingen" von 1928 oder etwa Georg GLASERs
Roman "Schluckebier", 1932 erschienen,5
der kann ohne weiteres nachvollziehen, dass die Fürsorgezöglinge
"aus diesen Anstalten heraus einen geradezu fanatischen Hass
gegen die Gesellschaft und ihre Einrichtungen mitbringen."6
[
2 ]
Was Rechtsgarantien betraf, waren die Zöglinge
schlechter gestellt als Strafgefangene, denn während das RJWG
von 1922 in § 1 zwar das Recht eines jeden deutschen Kindes
auf Erziehung (§ 1) proklamiert hatte, war angesichts der
Zustände in den FE-Anstalten vom Recht des Kindes in der
Fürsorgeerziehung wenig zu spüren.7
Die Jugendlichen - dies wurde allerdings nur von wenigen
kritischen Pädagogen so gesehen - begleitete ein Leben lang
der Makel und das Stigma, Fürsorgezögling gewesen zu
sein.8
Die schwierige
Situation der Fürsorgeerziehung war auch gekennzeichnet durch
die infolge der Wirtschaftskrise erfolgten Sparmassnahmen seitens
der FE-Behörden und eine mit den offen gelegten Skandalen
immer stärker werdenden Diskussion zur "Reinigung der
Fürsorgeerziehung" von den sogenannten "Unerziehbaren".
Im November 1932 wurden schliesslich Notverordnungen zum RJWG
verabschiedet.9 Folgen dieser
Verordnungen waren, dass einige tausend Jugendliche - sog.
"ungeeignete und unbequeme Elemente" - aus der FE
entlassen und faktisch über Nacht auf die Strasse gesetzt
wurden, ohne dass andere gesetzliche Massnahmen für sie
vorgesehen waren und es eine anderweitige Versorgung für sie
gegeben hätte.10
[
3 ]
Allein in Berlin mussten 1.200 Jugendliche entlassen
werden,11 in Preussen sank
zwischen dem 30. September 1932 und dem 31. März 1933 die
Zahl der Zöglinge insgesamt um 10.137 und zwar von 42.125 auf
31.988.12 Den im wahrsten
Sinne des Wortes auf die Strasse gesetzten Fürsorgezöglingen
blieb ähnlich wie denen, die schon früher aus der FE
geflohen waren, nichts anderes übrig, als sich einer der
vielen "wilden Cliquen" anzuschliessen, von denen es
damals allein in Berlin ca. 600 gab.13
Initiativen zur "Reinigung der Fürsorgeerziehung"
von sog. "unerziehbaren" oder "ungeeigneten"
Zöglingen waren aus verschiedenen Quellen gespeist worden.
Neben den politischen und ökonomischen Interessen in der
Krise der späten zwanziger Jahre14
spielte die Tatsache eine gewichtige Rolle, dass sich innerhalb
der Jugendfürsorge allmählich ein Paradigmenwechsel
abzuzeichnen begann. Neben den Fürsorgegedanken trat
zunehmend eine Orientierung auf "Aussonderung" und
"Bewahrung", wobei diese Entwicklung auch auf den
stärker gewordenen Einfluss eugenischen Gedankenguts
zurückzuführen war.15
Rassenbiologie und Rassenhygiene waren zwar bis 1933 unter
Sozialpädagogen nicht mehrheitsfähig gewesen,16
doch sie waren in dem in den zwanziger Jahren geführten
Diskurs um die sog. "Unerziehbaren", die "Grenzen
der Erziehbarkeit" und der Forderung nach Verabschiedung
eines Bewahrungsgesetzes17
auch nicht störend. Wenn jahrelanger Aufenthalt in
FE-Anstalten die Zöglinge nicht zu ändern vermochte,
dann wurden Interpretationsangebote, dass dieser Misserfolg im
Zögling selbst liegen musste, von den Verantwortlichen gerne
zur Entlastung herangezogen.18
Eine überragende Bedeutung in der FE hatten die
konfessionellen Heime und Anstalten. Folgende Angaben mögen
dies dokumentieren.
[ 4 ]
Am 31. März 1931
befanden sich in evangelischen Anstalten 13.046 Zöglinge, in
katholischen 11.243, in jüdischen insgesamt nur 87 Kinder und
Jugendliche. In privaten Anstalten ohne konfessionellen Charakter
lebten lediglich 763, in staatlichen Anstalten insgesamt auch nur
5.767 Jugendliche.19
Vereinzelte reformpädagogische Konzepte innerhalb der
Fürsorgeerziehung konnten sich gegen die Front der
vorherrschenden - wie es hiess - "konfessionellen Rettungs-
oder Bewahrpädagogik"20
nicht durchsetzen.21
Rassenbiologische und rassenhygienische Überlegungen,
vorwiegend von Medizinern und hier insbesondere von Psychiatern in
die Diskussion gebracht,22
gewannen im Verlauf der zwanziger Jahre zunehmend Einfluss in der
Jugendfürsorge,23 wobei
es zu ausgesprochen unheilvollen Verbindungen zwischen eugenischem
Gedankengut und konfessioneller Bewahrpädagogik kam. Ich
möchte dies exemplarisch anhand von Aussagen des
evangelischen Pastors Helmuth SCHREINER dokumentieren. Als
Gutachter im "Scheuen"-Prozess 1931, in dem die
Missstände in dem Berliner Landerziehungsheim Scheuen im
Kreis Celle verhandelt wurden und wobei der Anstaltsdirektor
STRAUBE wegen "vorsätzlicher Körperverletzung"
zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurde,24
vertrat Pastor SCHREINER die Meinung, dass die gesamte Berliner
Grossstadtjugend aus rassenbiologischen Gründen degeneriert
sei.25 1931 veröffentlichte
SCHREINER einen Aufsatz, in dem er sein biologistisches
Deutungsmodell von Verwahrlosung mit einer theologischen
Begründung von Unerziehbarkeit kombinierte. In der
Zeitschrift "Innere Mission" konnte man dazu folgendes
aus seiner Feder lesen:
"Die Schwierigkeiten in der
Erziehung der Verwahrlosten enthüllen stärker als irgend
eine andere Erziehungslage die Grenzen, die unserem pädagogischen
Tun gesetzt sind. Es ist eine Hybris ohne gleichen, so zu tun, als
sei grundsätzlich jeder Mensch
[ 5 ]
erziehbar.
Wir haben völlig vergessen, welche Grenzen uns die Natur
setzt. Aus einer zerstörten Erbmasse ist mit keiner
Milieupädagogik noch etwas herauszuholen. Wir können das
beklagen, aber nicht ändern. Die Erbsünde ist auch auf
diesem Gebiet eine gegenwärtige Realität. (...) Die
sittlich autonome freie Persönlichkeit ist ein Phantom und
wird es bleiben für alle Zeit. Wir sind Kreatur und als
solche gebunden. Wir sind sündige Kreatur und als solche in
Schuld verflochten ..."26
Dies
war innerhalb evangelischer Kreise durchaus keine vereinzelte
Stimme, im Gegenteil, insgesamt lässt sich feststellen, dass
sich Ende der zwanziger/Anfang der dreissiger Jahre vor allem
führende Vertreter der Inneren Mission zunehmend
rassehygienischer Argumentationsmuster bedienten, wie z.B. auch
der Leiter der Betheler Anstalten Friedrich von BODELSCHWINGH,27
in dessen Einrichtungen [besoders in Freistatt
und Eckardtsheim] ebenfalls
zahlreiche Fürsorgezöglinge untergebracht waren.
Hinsichtlich der Vetreter eugenischen Gedankenguts in der
Jugendfürsorge der Weimarer Republik muss der Blick
insbesondere auf Vetreter jener Disziplin gerichtet werden, die
bis in die 60iger Jahre hinein die Diskussion in der öffentlichen
Erziehung über Fragen der "Erziehbarkeit" oder
"Unerziehbarkeit" mit psychiatrischbiologistischen
Interpretationen beherrschten; es geht um die deutsche Kinder- und
Jugendpsychiatrie.28 Als einer
der aktivsten Verfechter eugenischer Positionen in der
Fürsorgeerziehung der zwanziger Jahre erwies sich der
Jugendpsychiater Adalbert GREGOR, der noch im Jahr 1961 als "ein
Wegbereiter der Jugendpsychiatrie" in der Zeitschrift "Unsere
Jugend
[ 6 ]
gefeiert wurde.29
GREGOR war in den zwanziger Jahren Direktor der
Fürsorgererziehungsanstalt Schloss Flehingen.30
In zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen erwies GREGOR sich
als ein unermüdlicher Streiter für die Differenzierung
der FE nach Zöglingsgruppen, wozu - so in einer Aussage von
1921 - durch "die erbliche Belastung der Fürsorgezöglinge
(...) die Fährte gegeben" sei.31
Er behauptete weiterhin, dass Verwahrlosung "vorwiegend
endogen", also anlagebedingt sei,32
sprach von "der erblichen Übertragung der minderwertigen
Charakterartung" und deren Unterbindung33
und empfahl bei "moralisch Indifferenten" Zöglingen
die "Sterilisierung als rationelle Massnahme".34
1923 forderte er die "Ausscheidung der Erziehungsunfähigen"
aus der Fürsorgeerziehung35
und ihre Einweisung in eine Verwahranstalt, wodurch eine
"Schädigung des Volkskörpers" vermieden werden
sollte.36 Für einen
anderen bekannten Psychiater, den Direktor der Heil- und
Pflegeanstalt Hildesheim, Otto MÖNKEMÖLLER,37
sollten unerziehbare Fürsorgezöglinge 1926 "einer
Sonderbehandlung verfallen".38
Obwohl
Nervenarzt MÖNKEMÖLLER gestehen musste, dass er nicht
imstande sei, eine "unfehlbare Feststellung" von
"Unerziehbarkeit" zu treffen,39
definierte er doch Zöglingsgruppen, die als unerziehbar bzw.
schwersterziehbar "einer Sonderbehandlung verfallen"
müssten.40 Dazu gehörten
seiner Ansicht nach die "unruhigen Geister", die "ewig
unzufriedenen Elemente, die sich stets zurückgesetzt und
beeinträchtigt fühlen, die heimlich und offen gegen die
Erziehung angehen", "Vertreter einer mangelhaften
[
7 ]
Ethik und Moral" und auch "einzelne männliche
Zöglinge als Rekruten mancher Formen des künftigen
Wanderbettels, die ewigen Ausreisser".41
"Alle diese Störenfriede der Anstaltsruhe" (!),
so der Psychiater MÖNKEMÖLLER wörtlich, seien in
der Regel "Vertreter der Psychopathie".42
In diesem Zusammenhang sprach MÖNKEMÖLLER von einem
"Konzentrationslager der Schwersterziehbarkeit", dem die
Zöglinge nur "entrinnen" könnten, wenn sie
sich gut führen würden.43
Auch Werner VILLINGER -
Jahrgang 1887 -, der bis zu seinem Tode 1961 von seinen
Standeskollegen als "Führer der deutschen
Jugendpsychiatrie"44 und
"Vater und Schöpfer einer deutschen Kinder- und
Sozialpsychiatrie"45
geehrt wurde, beteiligte sich in den zwanziger Jahren massgeblich
an der Debatte um die Behandlung angeblich "unerziehbarer"
Kinder und Jugendlicher. Von 1946 bis 1959 war er übrigens
Direktor der Universitätsnervenklinik Marburg, 1955/56 hatte
er sogar, versehen mit dem "Grossen Verdienstkreuz des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland", das Rektorat
der Philipps-Universität inne.46
30 Jahre zuvor - 1925 - hatte VILLINGER
gefordert, "unerziehbare und asoziale Individuen" zur
"dauernden Verwahrung in geeigneten Kolonien, sogenannten
Verwahranstalten" unterzubringen.47
Seit 1926 Leitender Oberarzt beim Landesjugendamt Hamburg, zählte
er die "Aussonderung praktisch Unerziehbarer" zu den
allgemeinen Aufgaben des Jugendamtspsychiaters.48
Bereits 1927 begann VILLINGER
mit der erbbiologischen Erfassung der vom Hamburger Jugendamt
betreuten Kinder- und Jugendlichen.49
Den Ausführungen VILLINGERS zufolge ging von sog. abnormen
Kindern, wozu er 1928 beispielsweise auch die "zur
Schulentlassung kommenden Hilfsschüler und Sitzenbleiber"
zählte,50 eine drohende
Gefahr für Staat und Gesellschaft aus, denn diese "abnormen
Kinder stellen später, im Volksganzen gesehen, das teils als
Zersetzungsferment, teils als Ballast wirkende grosse Kontingent
der Gemeinlästigen,
[ 8 ]
Gemeinschädlichen
und Gemeingefährlichen dar und bilden ein schweres Problem
nicht nur für den Arzt, sondern auch für den Pädagogen,
den Richter, den Seelsorger, den Soziologen, den Verwaltungs- und
Strafvollzugsbeamten und nicht zuletzt für jeden
steuerzahlenden Staatsbürger".51
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei den
"Unerziehbaren", wie sie in den zwanziger Jahren von
GREGOR, MÖNKEMÖLLER, VILLINGER
und anderen definiert und beschrieben wurden, im wesentlichen um
solche Jugendlichen und Erwachsenen handelte, die aus der Sicht
der genannten Wissenschaftler "fürs soziale Leben
untauglich" erachtet wurden,52
wobei hinsichtlich Verwahrlosung eine starke anlagebedingte,
erbliche Komponente behauptet und bei einem erheblichen Teil der
Fürsorgezöglinge zwischen "Verwahrlosung" und
"Psychopathie" eine enge Beziehung gesehen wurde.53
Christel BRAIG, eine Schülerin des Tübinger
Jugendpsychiaters LEMPP, kommt bei der Analyse zahlreicher Texte
von Psychiatern hinsichtlich der Diagnose Psychopathie zu der
bemerkenswerten Feststellung, "dass sie (also die Psychiater,
W.S.) von Psychopathie reden, sobald sie sich in ihrer
Autoritätsstellung angegriffen glauben."54
Vor diesem Hintergrund ist natürlich die Verwobenheit des
Psychopathie- und des Unerziehbarkeitsbegriffs besonders
aufschlussreich, wurden beide doch auch von Psychiatern geprägt,
die gleichzeitig grossen Heim-Einrichtungen vorstanden.55
Die
durch solche Interpretationen vorgenommene Problemverschiebung ist
offenkundig: Erziehungsschwierigkeiten in den Anstalten, die das
Personal mit den Zöglingen hatte, wurden "zu
Erziehbarkeitsproblemen der Zöglinge umgedeutet und in den
Diskurs über die Grenzen der Erziehbarkeit integriert".56
Landesrat HECKER aus der Rheinprovinz fasste 1931 diese
Interpretation in der schlichten Feststellung zusammen: "Das
Problem der FE. ist ein Problem der
[ 9 ]
Reinigung!
Aber nicht eine Reinigung von ungeeigneten Erziehern, sondern
vielmehr von ungeeigneten Zöglingen."57
Binnen eines Jahrzehnts hatte sich damit der reformerische
Anspruch des Reichjugendwohlfahrtsgesetzes (§ 1 "Recht
auf Erziehung für jedes deutsche Kind") in die
Stigmatisierung der sogenannten "Unerziehbaren"
gewandelt. Detlev PEUKERT hat diese Entwicklung, also die
"Zuwendung zu den Erziehbaren" einerseits und die
"Ausgrenzung der Unerziehbaren" andererseits, treffend
als "das Janusgesicht der modernen Sozialpädagogik"
bezeichnet.58
Teil
II "Ausmerzereif oder förderungsbedürftig" -
Die Entwicklung der Fürsorgeerziehung während des
Nationalsozialismus unter besonderer Berücksichtigung der
Rolle der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Der Allgemeine
Fürsorgererziehungstag (AFET)59
hatte bereits am 26. Juli 1933 dem Deutschen Gemeindetag "
Leitgedanken zur Gestaltung der Fürsorgeerziehung (FE.)"
zugesandt. Darin hiess es: "Die Fürsorgeerziehung (FE.)
als staatliche Ersatzerziehung hat sich ihrem Wesen und Charakter
nach der Zielsetzung des Führers Adolf Hitler für den
nationalsozialistischen Staat und für seine
Erziehungsgrundsätze einzufügen."60
Ein
"Rundschreiben der rheinischen Fürsorgeerziehungsbehörde
an die Erziehungsheime vom 28. Februar 1936" trug vor diesem
Hintergrund den aufschlussreichen Titel "Stärkere
Trennung der erbgesunden von den erbgeschädigten Elementen in
der Fürsorgeerziehung und schärfere Ausscheidung der
Erziehungsunfähigen."61
[
10 ]
Hermann ALTHAUS,62
Reichsamtsleiter des Amtes "Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe"
im Hauptamt für Volkswohlfahrt und Vorsitzender des Deutschen
Vereins für öffentliche und private Fürsorge,
formulierte 1939 das Ziel aller fürsorgerischen Massnahmen
mit dem folgenden programmatischen Satz: "Alle Sorge und
soziale Volkswohlfahrt dient aus grundsätzlicher Erwägung
heraus dem Erbtüchtigen. Sie übt keine aussichtslose,
das Volksvermögen verschleudernde Fürsorge für
Erbkranke, sondern eine aufbauende Vorsorge für die
Erbgesunden."63
Friedrich
SCHAFFSTEIN, Mitglied des Reichsrechtsamts der NSDAP und Ende 1937
in der Akademie für Deutsches Recht Leiter der
Arbeitsgemeinschaft für Jugendstraf- und Jugendpflegerecht,64
seit 1954 dann Professor in Göttingen und einer der
einflussreichsten Jugendstrafrechtslehrer, sein Kommentar zum
Jugendstrafrecht erschien 1998 in der 13. Auflage, also dieser
viel gelesene Jugendstrafrechtslehrer der Bundesrepublik
formulierte 1936: "Eine weltanschauliche Schranke finden
Strafvollzugserziehung und Fürsorgeerziehung nur im
Rassegedanken, dem jede Kräfteverschwendung an erbbiologisch
Minderwertige widersprechen würde. (...) Deshalb ist es
notwendig, die Erziehungsarbeit mit einer gewissen Rigorosität
auf diejenigen Gefangenen zu beschränken und zu
konzentrieren, deren Erhaltung für die Gemeinschaft nach
ihrer Persönlichkeit und nach ihrer erbbiologischen
Veranlagung für Volkstum und Rasse wirklich wünschenswert
erscheint."65 1937
veröffentlichte SCHAFFSTEIN in der Zeitschrift "Das
Junge Deutschland" einen Beitrag, der den programmatischen
Titel "Ausleserecht gegen Minderwertigenfürsorge"
trug. Darin rief er dazu auf, die "Restbestände des
alten humanitären Jugendwohlfahrtsrechts mit
nationalsozialistischem Geist zu durchdringen und sich nicht
umgekehrt von ihrem Geist durchdringen zu lassen."66
Weiterhin forderte er - "Auslese und Differenzierung in der
Jugendhilfe im allgemeinen und in der bisherigen Fürsorgeerziehung
im besonderen",67 wodurch
die
[ 11 ]
Fürsorgeerziehung "von den
eigentlich asozialen, erheblich psychopathischen oder sonst
biologisch unbrauchbaren Typen" entlastet werden sollte.68
Die Fürsorgeerziehung sollte sich sogar, wie es der
Jugendpsychiater Max EYRICH 1938/39 als Landesjugendarzt von
Württemberg formulierte, als "das erbbiologische Sieb
dieser Jugend"69
entwickeln, wobei das "Sieben" nach "erb- und
rassenbiologischen Gesichtspunkten" primär Aufgabe des
Psychiaters sein sollte.70 Die
Mitwirkung der Jugendpsychiater im FE-Verfahren wurde tatsächlich
bedeutend ausgeweitet und aufgewertet, wobei die Verabschiedung
des GzVeN am 14.7.193371 eine
zentrale Rolle spielte.72 Als
Ergebnis einer Ende Juli 1933 gestarteten grossen Umfrage an die
Fürsorgeerziehungsbehörden fasste der AFET hinsichtlich
der Mitwirkung der Psychiater folgendes zusammen:
"1.
(...) besonders durch das Gesetz zur Verhütung erbkranken
Nachwuchses, sowie durch das zu erwartende Bewahrungsgesetz ergibt
sich eine vermehrte Tätigkeit des Psychiaters in der FE. 2.
Im Rahmen der von der Regierung angestrebten Einschränkungen
minderwertigen Nachwuchses ist die psychiatrische Erfassung und
Betreuung der in FE. befindlichen Mj. planmässig zu
gestalten."73
Obwohl
das Sterilisierungsgesetz erst am 1.1.1934 in Kraft treten sollte,
beauftragte die Fürsorgeerziehungsbehörde des
Rheinlandes bereits im September 1933 den Landesjugendpsychiater,
die FE-Einrichtungen zwecks Feststellung der
[ 12
]
"erbkrankenverdächtigen" Zöglinge zu
bereisen.74 Die exponierte
Stellung der Jugendpsychiater in der öffentlichen Erziehung
wurde auch in der Zeitschrift "Deutsche Jugendhilfe"
herausgestellt. Ihre Aufgaben - hier am Beispiel Württembergs
- wurden dabei folgendermassen beschrieben: "Der
Landesjugendarzt (...) ist der psychiatrische Sachbearbeiter in
allen Angelegenheiten der öffentlichen Erziehung, also auch
in Fragen der Zöglingsauslese. (...) Ferner überprüft
er sämtliche Minderjährigen Anstaltsinsassen vor ihrer
Entlassung in erbgesundheitlicher Hinsicht und veranlasst
gegebenenfalls die Durchführung der
Unfruchtbarmachung."75
Die
Fürsorgeerziehung erhielt also ganz offiziell und
unmissverständlich, wie es der schon zitierte
Landesjugendarzt Max EYRICH formulierte, einen "Doppelcharakter".
Dazu gehöre die "Verpflichtung", neben der
Gewinnung der Erziehbaren für die Gemeinschaft, "das
auszusieben, was seiner Haltung nach für die Gemeinschaft und
erbbiologisch für die künftige Generation nicht tragbar
ist."76 Die Untersuchung
und Selektierung der Zöglinge in erbgesundheitlicher Hinsicht
fand in sog. "Beoabachtungskliniken" oder
"Beobachtungsheimen" statt. In der Provinz Hessen-Nassau
war die Sichtung der Zöglinge beispielsweise vier
Landesaufnahmeheimen übertragen worden. Eines davon befand
sich in Idstein im Taunus, in
dessen Selbstdarstellung aus dem Jahr 1938 sich folgende
Aufgabenbeschreibung findet: "Der Psychiater der Heil- und
Erziehungsanstalt 'Kalmenhof'
Dr. BRUNNER wird zu Durchführung der notwendigen
Sterilisation und Begutachtung der evtl. Erziehungsunfähigkeit
und Ausscheidung aus der Fürsorgeerziehung herangezogen."77
Von Idstein sind solche, sozusagen psychiatrisch ausgesiebte
Fürsorgezöglinge, auch hier nach Breitenau
gekommen.78
[ 13
]
Über die erbbiologische Sichtung und Siebung von
Fürsorgezöglingen hinaus entwickelten führende
Jugendpsychiater "Diagnosen" und Kriterien für die
Zwangssterilisation dieser Jugendlichen, die selbst über die
dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses zugrunde
gelegten "Krankheitsbilder" hinausgingen.79
Adalbert GREGOR meinte beispielsweise, dass aufgrund der von ihm
vorgenommenen Bewertungen und Berechungen an schulentlassenen und
schulpflichtigen Fürsorgezöglingen aus dem Jahr 1934
zwischen 18,75 % (weibliche schulpflichtige Zöglinge) und
28,78 % (schulentlassene weibliche Zöglinge) für eine
Sterilisierung infrage kämen,80
wobei er bei seiner Bewertung der untersuchten 1.433 Mädchen
deren "moralisch minderwertigen bzw. antisozialen
Disposition" eine "ausschlaggebende Bedeutung" bei
mass. Aufgrund dieser Massstäbe hielt GREGOR also einen weit
grösseren Kreis der Fürsorgezöglinge für
sterilisierungsbedürftig, als es der Spruchpraxis der
Erbgesundheitsgerichte entsprach, die zumindest zum damaligen
Zeitpunkt ihre Entscheidungen noch primär von der genauso
fragwürdigen "Intelligenzleistung"81
und nicht von der "antisozialen Disposition" abhängig
machten.82
Bis zum
31.3.1935 war bei 2.693 Zöglingen, die Zahl entspricht 8,5%
aller Zöglinge, ein Antrag auf Unfruchtbarmachung beim
Erbgesundheitsgericht gestellt worden. In 1.520 Fällen (= 4,8
% aller Zöglinge), war rechtskräftig auf Sterilisation
entschieden worden, über die restlichen 1.076 Anträge
lag bis zum Stichtag noch keine rechtskräftige Entscheidung
vor. In weiteren 1.683 Fällen (= 5,3% des Zöglingsbestandes),
war die Prüfung wegen Stellung eines Antrags auf
Unfruchtbarmachung noch nicht abgeschlossen. Der Anteil der als
"erbkrank" oder "erbkrankverdächtigen"
Zöglinge war mit 19,5% in Westfalen am höchsten, am
niedrigsten in Oberschlesien mit 5,1 % und Wiesbaden mit 4,1%.
83
[ 14
]
Fürsorgezöglinge, die sich der drohenden
Zwangssterilisation durch Flucht und Untertauchen zu entziehen
versuchten, wurden übrigens wie Schwerverbrecher verfolgt. Am
16.5.1934 vermerkte das Jugendamt Münster beispielsweise,
dass die Polizeibehörde ersucht worden sei, ein aus einer
Erziehungsanstalt geflohenes Mädchen, unter Hinweis auf
dessen angeordnete Sterilisation, "in Schutzhaft zu
nehmen".84
"Sterilisanden" wurden zur Fahndung ausgeschrieben und
"ihre Namen wurden in den kriminalpolizeilichen
Fahndungsblättern veröffentlicht".85
(Bock, G. 1986. S. 257) Ein in einer evangelischen Anstalt
verwahrtes Mädchen führte vor dem drohenden Eingriff
mehrere Flucht- und Selbstmordversuche durch. Nachdem die
Sterilisation doch erfolgte, sprang es aus dem Fenster und
verstarb an den Folgen des Sturzes.86
Auch in Bethel kam es infolge
von Sterilisierungsbeschlüssen zu Suiziden von Patienten.87
Vor allem am Wirken des schon genannten "Führers der
deutschen Jugendpsychiatrie" in der frühen
Bundesrepublik, Werner VILLINGER,
lässt sich verdeutlichen, wie in die Beurteilung von
Fürsorgezöglingen zunehmend "soziale Diagnostik"
eindrang. In seiner Eigenschaft als Chefarzt der von
Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel
88 von 1934 bis 1940
war er auch für die dort untergebrachten 300
Fürsorgezöglinge89
verantwortlich. Obwohl VILLINGER
damals zugeben musste, dass es vor allem bei Jugendlichen schwer
sei, eine Erbkrankheit "im Sinne des Gesetzes"90
zu erkennen,91 ging er davon
aus, dass etwa 50 % der in Bethel
untergebrachten Fürsorgezöglinge "debil" und
somit potentielle Sterilisanden im Sinne des Gesetzes mit der
Diagnose "angeborener Schwachsinn" seien.92
Hatte ein "erbkrankenverdächtiger" Fürsorgezögling
in Bethel Eltern, die
mangelnde "Lebensbewährung" gezeigt hatten, dann
war der betreffende Jugendliche ein Sterilisierungskandidat. Die
erbliche Belastung eines Fürsorgezöglings wurde also auf
[ 15 ]
solch äussere Tatsachen gegründet,
"ob Vater oder Mutter oder andere nähere Angehörige
einen liederlichen Lebenswandel geführt" hatten.93
In Bethel wurden insgesamt
1093 Zwangssterilisationen durchgeführt,94
der überwiegende Teil während VILLINGERS
Chefarzttätigkeit. Aus Aussagen von früheren
Patientinnen in Bethel wissen
wir, dass das zuständige Erbgesundheitsgericht im
Besuchszimmer von Bethel
tagte95 und dort im
Fliessbandverfahren96 die
Sterilisationsprozesse abwickelte. 30-40 Fälle wurden an
einem Nachmittag verhandelt97.
Meine Überschlagsrechnung ergab, dass in durchschnittlich
nicht einmal 7 Minuten in der Anstalt Bethel
der Inneren Mission über die Sterilisation eines dort
untergebrachten Patienten entschieden wurde. VILLINGER
war seinerzeit übrigens Beisitzer beim
Erbgesundheitsobergericht in Hamm98
und liess selbst Ausländer sterilisieren, was das Gesetz gar
nicht vorsah. "Wir haben" - so VILLINGER
damals wörtlich - "im einen Fall eine Ausnahme gemacht,
ein österreichischer Junge aus Braunau, dem Geburtsort
Hitlers [...]. Die übrigen haben wir so behandelt wie die
Inländer."99 Wenn
man sich die folgenden Worte vom Juli 1934 über den
Sterilisierungs-Alltag in Bethel
vergegenwärtigt, dann lässt sich erahnen, dass sich dort
dramatische Szenen abgespielt haben müssen: "Unser
Krankenhaus kann zur Zeit mit den Sterilisierungen nicht ganz
nachkommen. Wir haben nur einmal in der Woche Sterilisierungstag,
wo nur eine beschränkte Zahl erledigt werden kann. Es geht
dann auf Hauen und Stechen."100
[
16 ]
Auch in Bethel kam
es infolge von Sterilisierungsbeschlüssen zu Suiciden von
Patienten.101 Diejenigen, die
gegen diese Zustände in der grössten Einrichtung der
Inneren Mission protestierten, hatten nur mit gnadenlosem
Unverständnis zu rechnen. Im November 1934 äusserte
[sich Werner VILLINGER] bei
einer Tagung des AFET in Würzburg über Eltern, die in
Briefen an ihre in Bethel
untergebrachten Kinder Unmut über deren bevorstehende
Sterilisierungen geäussert hatten, folgendes: "Zum Teil
dürfte das auf den elterlichen Schwachsinn zurückzuführen
sein, zum Teil auch darauf, dass sie früher andere politische
Einstellungen hatten und von daher in ihrem Denken noch
beeinflusst sind."102
Angesichts der Bedeutung, die Werner VILLINGER
bis 1961 in der deutschen Jugendpsychiatrie und in der Jugendhilfe
hatte, vor allem hinsichtlich des Wiederaufbaus der Jugendfürsorge
in der Bundesrepublik, möchte ich aus einer Rede von ihm
zitieren, die er vor der "Christlichen Arbeitsgemeinschaft
für Volksgesundung" am 25.6.1935 hielt: "Mit
Schaudern denken wir an die Jahre nach dem Krieg zurück
(...). Fortschrittsglaube, Freihandel, Frauenemanzipation,
Pazifismus, Koedukation, Gleichheit aller Menschen, Aufklärung,
Nacktkultur, vor allem aber 'Freiheit', und diese wieder am
uneingeschränktesten auf dem Gebiete der 'Liebe', - wir
kennen alle diese Schlagwörter und Bestrebungen, die in jener
Zeit die Köpfe (...) verwirrten (...). Bis endlich der
langersehnte Umschwung kam und mit ihm biologisch fundiertes
Denken und Handeln beim Staat und von da aus auch bei unserem
ganzen Volk seinen Einzug hielt. Eugenik, positive und negative,
lautete jetzt die Parole." Diese Worte waren übrigens in
der Zeitschrift "Die Innere Mission" abgedruckt.103
Der Herausgeber der angesehenen "Psychiatrisch-Neurologischen
Wochenschrift" schrieb 1934 in einer Rezension, man solle
diejenigen, die "gegen das Gesetz (zVeN, W.S.) aus Welt- oder
vielmehr Hinterweltanschauungs-Gründen (in Wirklichkeit
politischen Gründen) eifern und es mittels seelischer
Schwarzarbeit zu sabotierenversuchen, (...) geistig und körperlich
in erster Reihe kastrieren". Zitat nach Bock, G. (1986) S.
192. "Ohne biologische Gesichtspunkte" - so formulierte
er an anderer Stelle und dabei auf die Zeit der Weimarer Republik
zurückschauend - "(...) schien in einer Zeit fast
schrankenlos individualistischer Einstellung grosser Teile der
Bevölkerung und einer einseitigen Bevölkerungspolitik
des Staates, der unter der Devise 'Schutz den Schwachen' geradezu
die Schwäche, die moralische, biologische und
strafrechtliche, züchtete und die Gesundheit des Volkskörpers
und das soziale Zusammenleben gefährdete, die Fürsorge
selbst zu einem Beschleunigungsfaktor der bedenklich um sich
greifenden Entartung zu werden. Im nationalsozialistischen Staat,
der in seinem Denken biologisch fundiert ist, besteht diese Gefahr
nicht mehr. Das Erbkrankheitenverhütungssgesetz will
die durch unsere zivilisatorischen und kulturellen überaus
verwickelten Lebensverhältnisse stark zurückgedrängten
und oft geradezu in ihr Gegenteil verkehrten
Auslesevorgänge planmässig ersetzen und damit eine
weitere Zunahme des erbbiologisch unterwertigen Volksteils nach
Kräften verhüten." VILLINGER 1935b. S.
235.
[ 17 ]
1939 begründete VILLINGER
schliesslich die "Notwendigkeit eines
Reichsbewahrungsgesetzes vom jugendpsychiatrischen Standpunkt
aus". Es gehe nicht an, mit "solchen erbbedingt
haltlosen, mehr oder weniger unverbesserlichen Jugendlichen die
Fürsorgeerziehungsanstalten zu belasten", und noch "viel
unmöglicher" sei es, "gesunde, psychisch
vollwertige Volksgenossen der seelischen oft auch der körperlichen
- Infektion durch sie auszusetzen".104
Durch die "Früherfassung der Bewahrungsbedürftigen"
entlaste man "die Fürsorgeerziehungsanstalten von all
den Störenfrieden und Unverbesserlichen, die heute die
Fürsorgeerziehung so überaus mühevoll und oft so
aussichtslos machen."105
Obwohl auch in den von Bodelschwinghschen
Anstalten [besonders in Freistatt
und Eckardtsheim]
Prügel für Fürsorgezöglinge an der
Tagesordnung waren - der Oberdiakon von "Haus Moorburg"
[in Freistatt] hatte im
rechten Stiefel immer eine Reitgerte stecken - 106
war Chefarzt VILLINGER der
Meinung, dass "die Lebensverhältnisse" in den
FE.-Heimen "weithin" den "natürlichen
Bedingungen" entsprachen.107
Allerdings geht selbst aus der damaligen Fachliteratur hervor,
dass es sich bei dieser Wertung um eine völlige Verharmlosung
der tatsächlichen Lebensumstände in den FE-Anstalten
handelte. Zöglinge schilderten in publizierten Berichten,
dass sie "wegen ungehörigen Betragens oder
Unachtsamkeiten bei der Arbeit mit Fäusten, Fusstritten,
Schaufelstielen, dicken Stöcken u.a. misshandelt worden
seien."108 In der
Heilerziehungsanstalt Kalmenhof
(Idstein/Taunus)
war beispielsweise ein häufig angewandtes "Erziehungsmittel"
das Schlagen mit dem Ochsenziemer.109
Wenn Andreas MEHRINGER, im "Dritten Reich" Mitarbeiter
der NSV-Jugendhilfe und in dieser Eigenschaft auch ein Befürworter
der "Beseitigung des Erbminderwertigen" aus der
Jugendhilfe,110 1982 im
Rückblick auf diese Zeit von der
[ 18 ]
"fast
noch mittelalterlichen Härte", die in den damaligen
Fürsorgererziehungsanstalten herrschte, schrieb, dann war
dies keineswegs übertrieben.111
Anlässlich des Gründungskongresses der
"Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und
Heilpädagogik" am 5. September 1940 in Wien, die heutige
"Deutsche Gesellschaft für Kinder- und
Jugendpsychiatrie" betrachtet dieses Ereignis übrigens
als ihre Geburtsstunde,112
wurde in verschiedenen Referaten auch das Thema
"Schwererziehbarkeit", "Unerziehbarkeit" und
Fürsorgeerziehung behandelt.113
VILLINGER hielt eine Rede, die
insofern herausragte, als sie am stärksten politische und
fachliche Implikationen verband. Sie trug den Titel "Erziehung
und Erziehbarkeit". Darin entwickelte er ein pädagogisches
Konzept, dass er mit der Formel "Verwahrlosungsverhütung
durch autoritäre Massnahmen" beschrieb,114
wozu er das schon seit Jahren von ihm vorgeschlagene
"Bewahrungsgesetz" empfahl. Ein solches Gesetz würde,
so hatte er schon ein Jahr zuvor ausgeführt, "das
nationalsozialistische Gesetzeswerk zum Schutze der
Volksgesundheit im weitesten Sinn und zum besten einer
ungestörten, leistungsfähigen Volksgemeinschaft
wirkungsvoll abrunden, indem es dem Volkskörper Schädlinge
und Schmarotzer fernhält, bei der eugenischen Ausmerze
wichtige Dienste leistet, der Entstehung des Verbrechertums
wirksam vorbeugt und die Fürsorge erst wirklich im
nationalsozialistischen Geiste um- und auszugestalten
gestattet."115 Darüber
hinaus betonte er sogar, dass die zu bewahrenden Erwachsenen
"vielfach zugleich auch politisch sehr unzuverlässige
und aufreizende Elemente" seien,116
was für die Betroffenen einer geradezu tödlichen
Bedrohung gleichkam. Die Anwesenheit von Vertretern mehrerer
Ministerien, des Reichsgesundheitsamtes, des Deutschen
Gemeindetages und der Reichsjugendführung117
nutzte VILLINGER 1940 in
[
19 ]
Wien, um mit der Weimarer Republik abzurechnen. Sich
auf die am Anfang meines Beitrags erwähnte schwierige und
skandalöse Situation der Fürsorgeerziehung in den
zwanziger Jahren beziehend, lobte er die jetzigen Zustände in
den Heimen mit folgendem denkwürdigen Satz: "Sie sind
wie ausgestorben, jene widerspenstigen Lümmel, die einst die
öffentlichen und privaten Fürsorgeerziehungsanstalten
bevölkerten und nach Belieben die 'Revolten im
Erziehungshaus' inszenierten."118
Sie waren zum Teil wirklich im Wortsinn "ausgestorben",
die "widerspenstigen" Fürsorgezöglinge,
totgeprügelt oder nach Fluchtversuchen durch Injektionen
ermordet.119 In einem anderen
der Wiener Vorträge vom Herbst 1940 wurde auch eine der von
mir erwähnten "Sichtungs- und Beobachtungskliniken"
vorgestellt. Es referierte Hans Aloys SCHMITZ, Leiter der
Rheinischen Landesklinik für Jugendpsychiatrie. Hinsichtlich
der inhaltlichen Aufgaben seiner Klinik stellte er zusammenfassend
fest, dass an "die Stelle einer unterschiedslosen
Fürsorgetätigkeit (...) eine planvolle Sichtungsarbeit
getreten (ist) mit klarer Ausrichtung auf ein dem deutschen Volke
gemässes Idealbild körperlich-seelischer Gesundheit."120
Schon Jahre zuvor hatte SCHMITZ konkretisert, was dies praktisch
bedeutete. 1938, in seinem Beitrag über die "Entwicklung
der Jugendpsychiatrie in der Rheinprovinz", hatte er von
"auslesender Diagnostik"121
gesprochen und den "Nationalsozialismus" ausdrücklich
gelobt, der in "das junge Arbeitsgebiet der
Jugendpsychiatrie" "einen entscheidenden Umbruch in der
grundsätzlichen Denkrichtung dadurch (brachte), dass er die
Entscheidung 'ausmerzereif oder förderungsbedürftig' an
Anfang und Ende jeder ärztlichen erzieherischen und
richterlichen Tätigkeit setzte."122
Der 1. Vorsitzende der Gesellschaft, SCHRÖDER aus Leipzig,
bot in seinem Grundsatzreferat "Kinderpsychiatrie und
Heilpädagogik" zur Auslese des HJ- und BDM Führerkorps
gar jugendpsychiatrische Kompetenz an123
wohingegen die Eingliederung "geschädigter und nicht
vollwertiger Kinder" "unter stetiger sachkundiger
[
20 ]
Auswahl der Wertvollen und Erziehungsfähigen, mit
ebenso strengem und zielbewusstem Verzicht auf die als
überwiegend wertlos und unerziehbar Erkannten"
stattfinden sollte.124 Die im
Herbst 1940 in Wien gehaltenen Referate der führenden
Standesvertreter der deutschen Jugendpsychiatrie dokumentieren auf
geradezu bedrückende Weise, dass die "Deutsche
Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik"
den anwesenden Staats- und Parteivertretern ausrücklich
bestätigte, dass die der NS-Sozial- und Gesundheitspolitik
zugrunde liegende Dichotomie von "fördern" und
"ausmerzen" auch die ihre war. Vor diesem
Hintergrund ist die folgende Darstellung dieses historischen
Sachverhalts durch die heutige "Deutsche Gesellschaft für
Kinder- und Jugendpsychiatrie" nicht nur eine beschönigende,
sondern eine geradezu skandalöse Aufarbeitung ihrer
Geschichte: "Durch die Herrschaft des Nationalszoialismus
wurden die berufspolitischen Aktivitäten sehr behindert und
zum Teil in ihren Zielen verfälscht und belastet."125
Trotz
intensiver Bemühungen kam ein Bewahrungsgesetz nicht
zustande;126 die zahlreichen
Entwürfe blieben im Kompetenzgerangel zwischen Fürsorge,
Justiz und Polizei stecken.127
Auch ein geplantes "Gesetz über die Behandlung
Gemeinschaftsfremder" trat nicht mehr in Kraft.128
Die als "unerziehbar" definierten Fürsorgezöglinge
wurden aber während der gesamten Debatte, sozusagen im
Vorgriff auf die ausstehende gesetzliche Lösung, schon
innerhalb der FE ausgegrenzt, eine Praxis, die die FE-Behörden
"Bewahrung innerhalb der Fürsorgeerziehung"
nannten.129 Zu diesem Zwecke
richtete beispielsweise die rheinische FE-Behörde bereits
1934 besondere "Bewahrungsstationen" ein, die sich
ausserhalb der FE-Heime befanden.130
[
21 ]
Nach Berechnungen der rheinischen FE-Behörde
(1.4.1935-31.3.1936) sollten 1,42% der Zöglinge für eine
Bewahrung in Frage kommen.131
Um zu verhindern, dass, wie es das RJWG vorsah, Fürsorgezöglinge
auch ohne das Eintreten eines "Erziehungserfolgs" mit
dem 19. Lebensjahr entlassen werden mussten, schaltete sich HITLER
persönlich ein. Reichsleiter BORMANN schrieb am 30.8.1941 aus
dem Führerhauptquartier an Reichsminister LAMMERS, dass der
Führer wünsche, dass Zöglinge, die nach Vollendung
ihres 19. Lebensjahres aus der Fürsorgeerziehung ausscheiden
müssen, auch wenn das Ziel der Fürsorgeerziehung als
nicht erreicht angesehen wird, "dann keinesfalls frei
gelassen werden; sie sollen ohne weiteres sofort auf Lebenszeit
ins Konzentrationslager kommen. (...) Der Führer wünscht,
dass solche minderwertigen Subjekte nicht erst aus der
Fürsorgeerziehung entlassen, sondern sofort in ein
Konzentrationslager auf Lebenszeit überführt werden."132
Praktiziert wurde eine solche "Überführung"
auch aus der hessischen Anstalt
Haina, aus der man am 2. April
1944 17 Patienten ins Konzentrationslager
Mauthausen "verlegte", darunter
"Fürsorgezöglinge, Schulversager, Epileptiker,
'Psychopathen' und 'Schwachsinnige'".133
Während
die Anordnung HITLERS eine gesetzliche Bewahrungsregelung für
die Gruppe der zu entlassenen Fürsorgezöglinge obsolet
gemacht hatte, war schon ein Jahr zuvor eine Bewahrungslösung
für minderjährige "unerziehbare" Jugendliche
in der Kompetenz der Polizei aufgebaut worden. Seit Mitte August
1940 war mit grosser öffentlicher Resonanz in den
einschlägigen Fachpublikationen und der Tagespresse in
Moringen ein
Jugendschutzlager für Jungen in Betrieb genommen
worden,134 das zutreffender
als Jugendkonzentrationslager
[ 22 ]
bezeichnet werden muss.135
Die "Konzentrationslager der
Schwersterziehbarkeit", wie MÖNKEMÖLLER
die Anstalten in den zwanziger Jahren beschrieben hatte, fanden in
Moringen 1940 und im
Jugendschutzlager für Mädchen
Uckermark in unmittelbarer Nachbarschaft des KZ
Ravensbrück 1942 ihre radikalisierte
Verwirklichung. Für Moringen
sind 1.386 Einweisungen nachgewiesen, mindestens 89 Jugendliche
sind in Moringen zu Tode
gekommen.136 1.100 weibliche
Jugendliche und junge Frauen wurden in Uckermark
gefangen gehalten. Für beide "Jugendkonzentrationslager"
war als Kriminalbiologe der Jugendpsychiater und
"Zigeuner"-Forscher Robert RITTER zuständig.137
Er hatte ein Differenzierungsblocksystem entwickelt, das sich
folgendermassen aufbaute: Beobachtungsblock, Block der
Untauglichen, Block der Störer, Block der Dauerversager,
Block der Gelegenheitsversager, Block der fraglich
Erziehungsfähigen, Block der Erziehungsfähigen und
schliesslich ein Stapo-Block (von der Gestapo eingewiesene
Zöglinge).138
SS-Standartenführer und Oberst der Polizei im
Reichssicherheitshauptamt, Paul WERNER, zuständig für
"vorbeugende Verbrechensbekämpfung", von 1952 bis
zur Alterspensionierung 1966 Ministerialrat im
baden-württembergischen Innenministerium in Stuttgart,139
hatte die Aufgaben der beiden Jugendschutzlager
Moringen (für Jungen seit
August 1940)
und Uckermark (für Mädchen seit Juni 1942)
folgendermassen definiert: "Aufgabe der Lager ist es nun, die
eingewiesenen Lagerzöglinge auf ihre Erziehbarkeit zu
sichten, die noch erziehbar erscheinenden mit geeigneten Mittel zu
erziehen,140 um sie vielleicht
doch noch für die Volksgemeinschaft zu gewinnen oder
zurückzugewinnen, und die unerziehbaren bis zu ihrer
endgültigen Überführung in ein
[ 23
]
Konzentrationslager oder in andere Einrichtungen zu
verwahren unter grösstmöglicher Ausnutzung ihrer
Arbeitskraft."141
Spätestens mit dem Erziehungsfürsorge-Erlass des
Reichsministeriums des Innern vom 25.08.1943142
spiegelte sich die nationalsozialistische Auffassung von einer
"völkischen Jugendhilfe" in folgender Dreiteilung
wider:
1. - Erziehungsfürsorge für die sog.
erbgesunde u. wertvolle Jugend in der Verantwortung der NSV in 130
Jugendheimstätten mit ca. 8000 Plätzen
2. - die
"normale" Fürsorgeerziehung für die noch als
erziehbar eingeschätzten Kinder und Jugendlichen
3. -
die Jugendschutzlager für die erbminderwertigen und als
unerziehbar bezeichneten Jugendlichen.143
Teil
III Forschungen über Fürsorgezöglinge zwischen 1933
und 1945 und ihre
Wirkungsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland
Ausgehend
von der Wirkunsgeschichte dieser Forschungen bis in die 60iger
Jahre der Bundesrepublik hinein, stehen im Mittelpunkt meiner
Betrachtungen die Arbeiten von Hermann STUTTE. Nach Werner
VILLINGERS Tod, offiziell starb er 1961 bei einem
Bergunfall, war es sein ehemals engster Mitarbeiter und Oberarzt
Hermann STUTTE, der als "Pionier der deutschen Kinder- und
Jugendpsychiatrie" (HARBAUER)144
als ihr "Nestor" und ihre "Vaterfigur"
(REMSCHMIDT)145 geehrt wurde.
STUTTE - 1946 zusammen mit VILLINGER
aus Tübingen nach Marburg gekommen - war 1954 der erste
deutsche Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie in
Marburg
[ 24 ]
übertragen worden,146
die von ihm geleitete Klinik an der Philipps-Universität war
die erste selbständige deutsche Universitätsklinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie. Angeregt durch seinen damaligen
Chef H. F. HOFFMANN, hatte Hermann STUTTE bereits 1934 an der
Universitäts-Nervenklinik Giessen mit "Erbbiologischen
Forschungen" über Giessener Fürsorgezöglinge
begonnen. Ziel dieser Arbeit war, wie HOFFMANN in einem Vortrag im
November 1935 ausführte, "in absehbarer Zeit Ergebnisse
vorlegen zu können, die uns einen Schritt weiterführen
auf dem Weg zur Sterilisation asozialer und antisozialer abnormer
Charaktere".147 Es sollte
versucht werden, wie es in einem Gutachten der DFG vom 31.5.1935
hiess, (Gutachter RÜDIN) zu dem Giessener Forschungsvorhaben
hiess, "die Erbbiologie der Fürsorgezöglinge im
Hinblick auf die Notwendigkeit praktischer Rassenhygiene zu
klären".148 Durch
zahlreiche "Anzeigen", "Anträge auf
Unfruchtbarmachung" und Begutachtungen Erbgesundheitsgerichte
beteiligte sich STUTTE in den folgenden Jahren in "praktischer
Rassenhygiene".149 Seine
"erbbiologische Forschungen" an Fürsorgezöglingen
setzte er nach dem Wechsel mit seinem Chef HOFFMANN von Giessen
nach Tübingen in Württemberg fort,150
mit den Ergebnissen seiner Untersuchung habilitierte er sich 1944
erfolgreich in Tübingen. STUTTES Habil.-Schrift trug damals
den Titel "Über Schicksal, Persönlichkeit und Sippe
ehemaliger F.Z. (Beitrag zum Problem der sozialen Prognose)".151
STUTTE teilte die von ihm untersuchten Fürsorgezöglinge,
hinsichtlich ihres Lebenserfolgs in 2 grosse Gruppen ein, die
Sozial-Brauchbaren (56,2 %) und die Sozial-Minderwertigen (43,8
%).152 (Hervorh. i. Orig.)
Während sämtliche Originalexemplare der Habil.-Schrift
auf nicht nachvollziehbare Weise verschwunden sind, sind die
beiden Gutachten zur Habil.-Schrift erhalten
[ 25
]
geblieben, Teile der Habil.-Schrift hat STUTTE darüber
hinaus in zahlreichen Aufsätzen nach 1945 veröffenlicht.
Nach HOFFMANNS Gutachten - also dem seines damaligen Chefs - war
die "Arbeit von Stutte (...) eine der wichtigsten
Untersuchungen auf dem Gebiete der Asozialen und ihrer Erziehung
bzw. Bekämpfung".153
HOFFMANN hatte die Forschungsarbeit STUTTES über
Fürsorgezöglinge auch Prof. RÜDIN (München),
dem Kommentator des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken
Nachwuchses", und, wie er damals genannt wurde, dem
Altmeister der psychiatrischen Erbforschung, vorgelegt. RÜDIN
hatte sie als 'vorzüglich und wertvoll' beurteilt und sie
bereits zur Drucklegung in der von ihm herausgegebenen
Monographien-Sammlung angenommen hatte.154
Vor dem Hintergrund dieser Bewertungen erklärt sich nun
möglicherweise das Verschwinden der Habil.-Schrift STUTTES
und die Tatsache, dass der Autor ihren Titel mehrfach einer
geradezu aufschlussreichen Metamorphose unterzogen hat.
Im
Jahr 1948 zitierte er seine
Arbeit korrekt: "Über Schicksal, Persönlichkeit und
Sippe ehemaliger F.Z. (Beitrag zum Problem der sozialen Prognose).
nicht veröffentl. Habil.-.Schr. Tübingen 1944."155
1960
finden wir bei ihm folgende Version: "Über
Persönlichkeit, Familie und soziales Schicksal ehem.
Fürsorgezöglinge. Habil.- Schrift Tübingen
1943."156
1977
schliesslich heisst es: "Die noch vor Kriegsbeginn
abgeschlossene Arbeit ('Untersuchungen über den sozialen
Ausgang ehemaliger Fürsorgeflüchtlinge') wurde 1943 von
der Tübinger Fakultät als Habilitationsschrift
angenommen.^157
Ab 1947
veröffentlichte STUTTE, teilweise zusammen mit VILLINGER,
zahlreiche Beiträge, die auf Ergebnisse seiner Forschungen
über Fürsorgezöglinge während der NS-Zeit
zurückgriffen.
[ 26 ]
In einem Beitrag von
1948, der programmatisch
"Zeitgemässe Aufgaben und Probleme der Jugendfürsorge"
hiess,158 wurde schon wieder
"die Schaffung eines Arbeitsdienstes (mit Überwachung
von jugendpsychiatrischer Seite)" und ein "nach
biologischen Gesichtspunkten differenzierte(s)
"Fürsorgeerziehungswesen" gefordert. Als
vorbildlich propagierten STUTTE und VILLINGER
dabei explizit die Gliederung der Fürsorgeerziehung von
Württemberg aus dem Jahr 1938.159
Mit dem gleichen Vokabular von einst beschrieben sie ihre Aufgabe
im Nachkriegsdeutschland - nämlich "Sichtung, Siebung
und Lenkung dieses Strandgutes von jugendlichen Verwahrlosten und
Dissozialen." Und - in völlig unveränderter Diktion
zur NS-Rassenhygiene schrieben die beiden Vaterfiguren der
Deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie 3 Jahre nach der
Zerschlagung des NS-Staates, die "Fürsorgeerziehung"
solle sich "der sozialbiologischen Unterwertigkeit des von
ihr betreuten Menschenmaterials" vergegenwärtigen.160
Hermann STUTTE entwickelte darüber hinaus 1949
auf der Grundlage seiner Untersuchungsergebnisse von 1934 bis
1944, hinsichtlich des Lebenserfolgs von Fürsorgezöglingen,
eine "Stufenleiter sozialer Brauchbarkeit, die sich ausspannt
etwa zwischen dem sozial völlig geordneten, mittleren Beamten
und dem arbeitsscheuen Gelegenheitsarbeiter, dem beruflich
tüchtigen und strebsamen Eigenheimbesitzer und dem
mittellosen Vagabunden, der Frau und Mutter im geordneten
Hauswesen und der Prostituierten, der nicht bestraften kleinen
Amtsperson und dem polytropen Rückfallverbrecher oder dem
querulierenden Wohlfahrtsparasiten".161
An der Philipps-Universität Marburg wurde 1948
durch Hermann STUTTE auch eine jugendpsychiatrische Diagnose
wiederbelebt, die im unmittelbaren Kontext der
nationalsozialistischen Rasseforschungen an Sinti und Roma
entstanden war. In einem Beitrag "Über die Nachkommen
ehemaliger Fürsorgezöglinge" schrieb Hermann
STUTTE: "Dabei sei am Rande vermerkt, dass bei dieser
Kerngruppe ungünstig zu prognostizierender jugendlicher
Verwahrloster oder Krimineller der Intelligenzdefekt
[ 27
]
sich oft verbirgt
hinter einer Fassade gerissener Schläue und Verschlagenheit
(getarnter Schwachsinn Ritters) und dass ihr Haltmangel in der
Verkleidung berechnender PseudoOffenheit oder leichter
Bestimmbarkeit vielfach geradezu besondere pädagogische
Aufgeschlossenheit vortäuscht."162
Der "getarnte Schwachsinn", der "die Maske der
Schlauheit trägt", stammte von dem schon erwähnten
Tübinger Jugendpsychiater und "Zigeuner"-Forscher
Robert RITTER,163 der sie in
seiner berüchtigten Habil.-Schrift "Ein Menschenschlag"
im Jahr geprägt hatte.164
Der
"Deutsche Verein für öffentliche und private
Fürsorge", der 1933 durch seinen Vorsitzenden POLLIGKEIT
gefordert hatte, dass Jugendpflege und Jugendfürsorge sich
der "einheitliche(n) Jugendpolitik im Sinne
nationalpolitischer Erziehung" einzuordnen hätten,165
hielt es 1948 im Septemberheft
seines "Nachrichtendienstes" für angebracht, die
Folgerungen, die Hermann STUTTE aus seinen erbbiologischen
Forschungen über Fürsorgezöglinge zwischen 1934 und
1944 gezogen hatte,166
zustimmend abzudrucken. In diesem Zusammenhang hielten die
Herausgeber besonders folgendes Zitat von ihm für
mitteilenswert: "Auf sich selbst gestellt, pflegen sie (die
Fürsorgezöglinge, W.S.) dann rasch wieder in den ihnen
adäquaten Lebensstil zu verfallen, ihresgleichen zum
Ehepartner zu wählen und - und getreu der schicksalhaften
Tradition ihrer Herkunft - den Weiterbestand ihres sich sozial
störend auswirkenden Erbgutes sicherzustellen und vielfach
dazu auch noch in einer zahlenmässig überdurchschnittlichen
Nachkommenschaft."167
- Im darauffolgenden Heft des
"Nachrichtendienstes" (Oktober 1948) wurde Hermann
STUTTE dann Raum gegeben, seine Vorstellungen "Zur
Neuordnung der Fürsorgeerziehung" zu entwickeln.
[
28 ]
Da sich, so schrieb er, "in der FE-Statistik die
Misserfolgsgruppe weitgehend mit dem Kreis der aus anlagemässigen
Bedingungen Unerziehbaren deckt, muss für diese eine
Sonderbehandlung gefordert werden", wozu er u.a. wieder die
Forderung nach "Bewahrungsanstalten" für
"praktisch nicht förderungsfähige, asoziale oder
antisoziale Jugendliche" aufstellte.168
Schluss
Das erbbiologisch begründete Paradigma der
"Aussonderung Unerziehbarer" aus der Fürsorgeerziehung
war damit bruchlos aus der Weimarer Zeit über die
NS-Diktatur in die Bundesrepublik
tradiert worden, wobei die Jugendpsychiater VILLINGER
und STUTTE, die nach 1945 in Marburg forschten, lehrten und
therapierten, entscheidenden Anteil hatten.169
Diese
Zusammenhänge wurden in den ersten
Jahrzehnten der Bundesrepublik nur mangelhaft
aufgearbeitet. Verstrickung und Beteiligung führender
Institutionen und Vetreter der Fürsorge und der
Jugendpsychiatrie in die nationalsozialistische Ausgrenzungs- und
Vernichtungspolitik haben die Aufarbeitung nicht nur verhindert,
sondern dazu geführt, dass sich die "autoritär-repressive
Praxis der 50er und 60er Jahre so widerspruchslos entwickeln
konnte",170 was
schliesslich "mit zu dem Zusammenbruch des Systems der
öffentlichen Erziehung nach 1968"
beigetragen hat.171
[
Quellen und Literatur ]
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Reichsjugendwohlfahrtgesetzes und Neugestaltung
derFürsorgeerziehung 1933-1942".
R 43 II
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Fürsorgeerziehung 1934-1935, 1941-1942".
R 73
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|
Einleitende
Vermerke:
1. Die Überschrift
"Vermächtnis und Auswirkungen dieser Ideologien im
Nachkriegsdeutschland und in der Bundesrepublik (1945 bis 1985)”
– sowie die darüber gestellte Erklärung in
Englisch – hinzugefügt von dem Compiler dieser
nutzer-freundlichen Internet-Version dieses Gedenkstätte
Vortrags, von Wolfram Schäfer, vom 22.02.2002.
2.
Der Compiler dieser nutzer-freundlichen Internet-Version,
ist Martin Mitchell in Australien, ein Opfer dieser
“Fürsorgeerziehung” in der Bunderrepublik in den
1960er Jahren, und heutiger Betreiber der von Australien aus
gehosteten Website Heimkinder-Ueberlebende.org.
3.
Diese zutreffende Abbildung ist auch von Martin Mitchell in
Australien diesem Vortrag hinzugefügt worden. Entnommen
von “Die Macht der Nächstenliebe –
Einhundertfünfzig Jahre Innere Mission und Diakonie
1848-1998” (S. 189), eine Historie der Inneren Mission, die
keinen einzigen Satz über die deutsche Fürsorgeerziehung
nach dem Zweiten Weltkrieg enthält.
Erich Birnbaum, Fürsorgehöllen,
1932
Fußnoten: ______________________________
1
KLUMKER 1926. S. 67. Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz
(RJWG) wird, wenn nicht anders angegeben, nach dieser Ausgabe
zitiert. 2 Zu den damals
geltenden rechtlichen Grundlagen und ihrer Interpretation vgl.
zusammenfassend BISKUPSKI 1941. S. 21 ff. u. KÜMMERLEIN 1944.
S. 4-25. Siehe auch GRÄSER 1995. S. 52 ff. Während das
bis 31.12.1990 in Kraft gewesene Jugendwohlfahrtsgesetz
(JWG) die Anordnung von Fürsorgeerziehung (§ 64) für
"verwahrloste" oder von "Verwahrlosung"
bedrohte Minderjährige, die das 17. Lebensjahr noch nicht
vollendet hatten, vorsah, ist Fürsorgeerziehung aus dem seit
1.1.1991 geltenden Kinder-und Jugendhilfegesetz (KJHG)
entfallen. Dies wird als Abbau "repressiver Massnahmen"
interpretiert. MÜNDER 1990. S. 344. 3
Vgl. AHLHEIM u.a. 1971. S. 53 ff. u. S. 277 ff.; HASENCLEVER 1978.
S. 114 ff.; PEUKERT 1986. S. 240 ff.; DUDEK 1988. S. 138-166;
HARVEY 1989; KUHLMANN 1989. S. 26-50; SACHSSE/TENNSTEDT 1992. S.
152 ff. u. GRÄSER 1995. S. 91 ff. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 522
ff. 4 Einzelheiten aus
Prozessen sind bei DUDEK 1988. S. 160 ff. u. GRÄSER 1995. S.
104 ff. dargestellt. 5 Der
Autor, Jg. 1910, war ab 1926 als Fürsorgezögling in
verschiedenen Heimen gewesen und 1929 als "unverbesserlich"
entlassen worden. Vgl. WOLFF u.a. 1997. S. 73 u. 104. 6
VOSS, Otto/SCHÖN, Herbert: Die Cliquen jugendlicher
Verwahrloster als sozialpädagogisches Problem. In:
Erfahrungen der Jungen. Potsdam 1930, zit. nachLESSING/LIEBEL
1981. S. 69. 7 Vgl. GRÄSER
1995. S. 101. 8 Vgl. DUDEK
1988. S. 148 u. GRÄSER 1995. S. 100. 9
"Änderung des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt
vom 9. Juli 1922 durch Verordnung des Reichspräsidenten über
Jugendwohlfahrt. Vom 4. November 1932." und "Verordnung
des Reichspräsidenten über Fürsorgererziehung. Vom
28. November 1932.". In: Zeitschrift für
Kinderforschung. 41. Bd. 1933. S. 172-174. 10
Die ursprüngliche Fassung des § 73 RJWG von 1922
ermöglichte die vorzeitige Entlassung eines Minderjährigen
wegen Unausführbarkeit der Fürsorgeerziehung aus
Gründen,die in der Person des Minderjährigen lagen,
unter der Voraussetzung, "dass eine anderweitige gesetzlich
geregelte Bewahrung des Minderjährigen sichergestellt ist."
Durch Verordnung vom 4. November 1932 wurde § 73 RJWG
dahingehend geändert, dass die FE-Behörden nun einen
Minderjährigen nach Vollendung des 18. Lebensjahres, der
mindestens 1 Jahr in FE war, wegen "Unausführbarkeit der
Erziehung" entlassen konnten, ohne dass eine anschliessende
Betreuung oder Versorgung sichergestellt sein musste. Vollendung
des 18. Lebensjahres und einjährige Dauer der FE waren als
Kriterien für die Entlassung nicht erforderlich, "wenn
der Minderjährige an erheblichen geistigen oder seelischen
Regelwidrigkeiten leidet". Die Unterbringung von
Minderjährigen mit erheblichen geistigen oder seelischen
Regelwidrigkeiten "in Sonderanstalten oder Sonderabteilungen"
war usprünglich in § 70 Abs. 2 des RJWG geregelt. Mit
der Verordnung über das Inkrafttreten des RJWG vom 14.2.1924
wurde diese Regelung wieder aufgehoben. Vgl. KLUMKER 1926. S. 70
u. S. 86. Eine andere wichtige Änderung im November 1932
bezog sichauf § 72, wonach die FE nicht mehr mit dem Eintritt
der Volljährigkeit, sondern schon mit der Vollendung des 19.
Lebensjahres beendet war. § 63 wurde um folgenden Satz
ergänzt: "Die Fürsorgeerziehung darf nicht
angeordnet werden, wenn sie offenbar keine Aussicht auf Erfolg
hat." Zur Entwicklung der Diskussion um § 73 RJWG vgl.
REINARTZ 1941. S. 22 ff. u. S. 77. Siehe auch PEUKERT 1986. S. 267
ff. 11 DUDEK 1988. S.
144. 12 Stand der Zöglinge
in Preussen am 30.9.1932: 42.125. Am 31.3.1933: 31.988.
Zahlenangaben nach GRÄSER 1995. S. 175 (Tabelle 16). 13
Vgl. LESSING/LIEBEL 1981. S. 7, 21, 58, 69 u. 83. PEUKERT 1987. S.
251 ff. Die Lebenswelt der Fürsorgezöglinge war oftmals
durch den Rhythmus von Ausreissen, Transport und
Wiedereinlieferung gekennzeichnet. Ebd. S. 278 (Nach Zahlenangaben
des Stadtjugendamts Nürnberg 1927/28). 14
BARON 1983. S. 140 ff. SCHNURR 1991. S. 111. PEUKERT (1989. S.
314) hat darauf hingewiesen, dass das RJWG schon das "Geburtsmal"
der "Knappheit der Mittel, die jedenReformansatz belasten
musste", trug. 15 Vgl.
BAADER 1989. 16 Vgl.
PEUKERT/MÜNCHMEIER 1990. S. 25. 17
Den Diskussionsstand um ein Bewahrungsgesetz und die Praxis der
Bewahrung Ende der 20iger fasst EISERHARDT 1929 zusammen. Zum
Verlauf der Bewahrungsdebatte siehe PEUKERT 1986. S. 263 ff. u.
BLANDOW 1989. S. 126 ff. 18
Vgl. PEUKERT/MÜNCHMEIER 1990. S. 26. 19
OHLAND, Anneliese: Statistik über die Durchführung der
Fürsorgeerziehung in Deutschland. Nach dem Stande vom 31.
März 1931. In: Zentralblatt für Jugendrecht und
Jugendwohlfahrt. 1932. H. 6. S. 197-202, hier S. 202. Zit. nach
DUDEK 1988. S. 141. 20 Vgl.
DUDEK 1988. S. 140. 21 Vgl. PEUKERT 1989. S. 315. Kritik an der
konfessionellen Anstaltserziehung, wie sie etwa Erich WENIGER
formulierte, änderten nichts u. waren zum Scheitern
verurteilt. Vgl.WENIGER 1928. S. 716. 22
Siehe SCHMUHL 1987. S. 78-105 u. BAADER 1989. S. 25 ff. 23
Vgl. dazu GRÄSER 1995. S. 162 ff. 24
Zum "Scheuen"-Prozess vgl. DUDEK 1988. S. 161 f. u.
GRÄSER 1995 S. 104 ff. 25
Vgl. DUDEK 1988. S. 162. 26
SCHREINER, Helmuth: Der Kampf um die Fürsorgeerziehung. In:
Innere Mission. H. 7. Juli 1931. Zit. nach HERRMANN 1956. S.
82. 27 Vgl. HAMMERSCHMIDT
1999. S. 125 f. Die "Fachkonferenz für Eugenik" der
Inneren Mission hatte auf ihrer Tagung in der Hessischen
Diakonieanstalt Hephata-Treysa vom 18. bis 20. Mai 1931 in der
sog. Treysaer Erklärung festgehalten: "Träger
erblicher Anlagen, die Ursache sozialer Minderwertigkeit und
Fürsorgebedürftigkeit sind, sollten tunlichst von der
Fortpflanzung ausgeschlossen werden." (...) "Führen
seine von Gott gegeben Funktionen zum Bösen oder zur
Zerstörung seines Reiches in diesem oder jenem Glied der
Gemeinschaft, so besteht nicht nur ein Recht, sondern eine
sittliche Pflicht zur Sterilisierung aus Nächstenliebe und
der Verantwortung, die uns nicht nur für die gewordene,
sondern auch die kommende Generation auferlegt ist." Zit.
nach KLEE 1985. S. 47 u. S. 49. Zur Fachkonferenz in Treysa vgl.
NOWAK 1984 S. 94 f.; SCHLEIERMACHER 1986. S. 78 f. u. KLEE 1989.
S. 84 ff. Vgl. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 126-130. 28
Vgl. BLANDOW 1986. S. 85 ff. Der Jugendpsychiater Hermann STUTTE
lieferte dem AFET (Allgemeinen Fürsorgererziehungstag),
diesem traditionalistischen Jugendhilfeverband, inden 40er und
50er Jahren noch "psychiatrisch-biologistische Begründungen
für den Misserfolg" in der Heimerziehung. BLANDOW 1990.
S. 12. Vom Oktober 1964 bis Juni 1979 war STUTTE Mitglied des
AFET-Vorstandes. SCHERPNER/SCHRAPPER. 1981. S. 253. 29
Anmerkung der Schriftleitung zum Beitrag von GREGOR 1961. S. 115.
30 Zur Biographie und den
Arbeiten GREGORS i.d. "Zeitschrift für Kinderforschung"
siehe HAGELSKAMP 1988. S. 71 ff. 31
GREGOR 1921. S. 54. 32 Ebd.
S. 37. 33 Ebd. S. 45. 34
Ebd. S. 51. 35 GREGOR 1923.
S. 274. 36 GREGOR 1924. S.
411. 37 KÜRSCHNER
1928/29. Sp. 1609. STUTTE 1967. S. 174: "Die
Erziehungsfürsorge wurde - nicht zuletzt unter der Mitwirkung
von Psychiatern - ausgebaut (GRUHLE, GREGOR, MÖNKEMÖLLER,
LÜCKERATH, VILLINGER
u.v.a.). (...) Hamburg und Württemberg gingen voran mit der
Einstellung von psychiatrischen Landesjugendärzten (VILLINGER
und EYRICH)." 38
MÖNKEMÖLLER 1926. S. 377. 39
Ebd. S. 375. 40 Ebd. S.
377.
41
Alle Zitate ebd. S. 376 f.
42
Ebd. S. 377.
43
Ebd. S. 392. Hervorhebung W.S.
44
In einer Laudatio zum 65. Geburtstag. BUSEMANN/STUTTE 1952. S.
381.
45 EWALD
1958. S. 311.
46
Nähere Einzelheiten zur Vita VILLINGERS in SCHÄFER 1991.
47 VILLINGER
1925. S. 1738. Vgl. dazu auch VILLINGER
1931. S. 18 ff. 48
VILLINGER 1928. S. 318.
49
EBBINGHAUS u.a 1984. S. 102. Vgl. SIERCK 1988. S. 50.
50
VILLINGER 1928. S.
323
51
VILLINGER 1930. S. 210. 52
GREGOR 1925. S. 349.
53
GREGOR 1924. S. 406 f. u. 412 ff. 54
BRAIG 1978. S. 60 f.
55
MÖNKEMÖLLER meinte in diesem Zusammenhang, "wenn
solche Kinder ganz unbelehrbar und unerziehbar bleiben, wenn sie
sich gegen eine zielbewusste Erziehung dauerndheftig zur Wehr
setzen, dann kommt man nicht um den Begriff der Psychopathie
herum." MÖNKEMÖLLER (1926), zitiert nach BRAIG
1978. S. 58. Zur Kritik des Psychopathiebegriffs siehe grundlegend
WULFF 1972. S. 304 ff. Nach HERZOG 1984. S. 118 f. ist der
"Aussonderungszweck (...) dem Psychopathiebegriff, seinen
verschiedenen Abkömmlingen und der gesamten Begrifflichkeit
(...) von vornherein einbeschrieben." Zur Entwicklung des
"Psychopathiebegriffs" in der Kinderpsychiatrie siehe
BRAIG 1978. 56 DUDEK 1988.
S. 165. 57 HECKER: Das
Moment der Freiwilligkeit in der FE. In: Die Wohlfahrtspflege in
der Rheinprovinz. 1931. S. 274 f., zit. nach PEUKERT 1989. S.
324.
58 PEUKERT 1986.
S. 307.
59
Zur Geschichte u. Entwicklung des AFET siehe SCHERPNER/SCHRAPPER
1981.
60
BA Koblenz, R 36, Nr. 1953. Druck erschien im Zentralblatt für
Jugendrecht u. Jugendwohlfahrt. 5/1933. S. 161-165.
61
Abdruck in: Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz. 12. Jg.
1936. Nr. 4. S. 259-260.
62
Zur Biographie von ALTHAUS vgl. HANSEN 1991. S. 378 f.
63
ALTHAUS, H.: Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. Berlin 1939,
zit. nach HASENCLEVER 1978. S. 144.
64
Vgl. WOLFF 1992. S. 9 ff.
65
SCHAFFSTEIN 1936. S. 287.
66
SCHAFFSTEIN 1937. S. 542.
67
SCHAFFSTEIN 1937. S. 542.
68
Ebd. S. 544. 69 EYRICH 1939b. S. 260. 70 Vgl. EYRICH 1939a. S.
557: "Der Grundgedanke der Neuordnung (der FE in Württemberg,
W.S.) ist möglichst frühzeitige Sichtung der Zöglinge
unter erb- und rassenbiologischen Gesichtspunkten, und zwar durch
den Psychiater." Zur Bedeutung der "Erbbiologie" in
der jugendpsychiatrischen Klinik im Hinblick auf die
Klassifizierung nach"Erbtüchtigkeit" der Kinder und
Jugendlichen und der darauf sich aufbauenden Zuordnung nach
"Fürsorge"- oder "Verwahrungs"-Massnahmen,
siehe auch HECKER, Elisabeth 1943. 71
Aus taktischen Gründen, man wollte den Abschluss des
Konkordats mit dem Vatikan nicht gefährden, wurde es erst am
25.7.1933 veröffentlicht. NELIBA 1992. S. 183. Zur Entstehung
des GzVeN vgl. ebd. S. 174 ff. 72
Zur Bedeutung der "rassenhygienischen Aufgaben" der
Psychiatrie in der offenen Fürsorge vgl. ROEMER 1934. 73
"Ergebnis einer Rundfrage des AFET. zur Frage der Abänderung
der die Fürsorgeerziehung betreffenden Bestimmungen."
(Zitat: darin S. 34). BA Koblenz. R 36. Nr. 1953. Das Ergebnis der
Rundfrage wurde u.a. bei einer Sondersitzung des AFET am 5.10.1933
in Hannover diskutiert. Ebd. 74
KAMINSKY 1995. S. 213, zit. nach KEIM 2000. S. 61 f.
75
GÜNZLER 1939. 12 f. Hinsichtlich der sog. "Schwachsinnigen"
in den Heimen schrieb EYRICH (1939a. S. 558): "Dass der
Anstaltsentlassung die Unfruchtbarmachung vorausgeht ist dabei
selbstverständlich."
76
EYRICH 1939b. S. 260.
77
Selbstdarstellung des Landesaufnahmeheims von Idstein im Jahr
1938, gerichtet an den Oberpräsidenten in Wiesbaden. BA
Koblenz. R 36. Nr. 2008. Zit. nach KUHLMANN 1988. S.266. In den
preussischen Provinzen schienen aufgrund eines Berichtes über
die Rechnungsjahre 1939 und 1940 "Aufnahmeheime bzw.
Beobachtungsstationen in Verbindung mit einemErziehungsheim (...)
in allen Bezirken zu einem festen Bestandteil der FE. geworden zu
sein." (Deutsche Jugendhilfe. 33. Jg. 1941/42. S. 198-204,
zit. nach FRANCKE 1943. S. 343.) 78
THIEL 1991. S. 71.
79
Als solche waren nach § 1 GzVeN angegeben: angeborener
Schwachsinn, Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, erbliche
Fallsucht, Chorea Huntington erblicheBlindheit, erbliche Taubheit
und schwere erbliche körperliche Missbildung. Ferner konnte
unfurchtbar gemacht werden, "wer an schwerem Alkoholismus
leidet." Vgl.GÜTT/RÜDIN/RUTTKE 1934. S. 56. Für
keines dieser im Gesetz angeführten Krankheitsbilder war zum
damaligen Zeitpunkt ein eindeutiger Erbgang nachgewiesen. Vgl.
ROTHMALER 1989. S. 73.
80
Berechung nach Zahlenangaben von GREGOR 1934a. S. 178. Vgl. auch
GREGOR 1934b. S. 38.
81
Wenn "Asoziale" den im GzVeN vorgeschriebenen
Intelligenztest erfolgreich absolvierten, wurde das zum Teil als
"Raffinesse" und "Gerissenheit" ausgelegt, was
danngleichfalls ein Sterilisierungsgrund war. Vgl. SCHERER 1990.
S. 101. Vgl. SCHMUHL 1987. S.424 f./Anm. 24.
82
GREGOR 1934b. S. 38.
83
KRAUS 1974. S. 208.
84
KUHLMANN 1989. S. 135 f. 85
BOCK, G. 1986. S. 257.
86
"Gesundheitsfürsorge" 10/1936, S. 336, zit. nach
NOWAK 1984. S. 105. 87
SCHMACKE/GÜSE 1984. S. 162. Siehe auch WEITBRECHT 1968. S.
13.
88 Von
Hamburg kommend, hatte er am 1.1.1934 seinen Dienst in Bethel
angetreten. Vgl. SCHÄFER 1991. S. 196 ff. 89
VILLINGER 1935a. S. 70.
90
Vgl. Anm. 79.
91
Vgl. KUHLMANN 1989, S. 141. Siehe dazu VILLINGER
1935b. S. 243 f.
92
VILLINGER 1935b. S.
236.
93
HECKER, W. 1941. S. 32 f. Vor diesem Hintergrund gewinnt die
Tatsache ein besonderes Gewicht, dass VILLINGER
den unfruchtbarzumachenden Jugendlichen in Bethel
zwar den Beschluss des Erbgesundheitsgerichtes, nicht aber dessen
Begründung gab. VILLINGER
1935b. S. 247. Das "Merkblatt über die
Unfruchtbarmachung" (vgl.GÜTT/RÜDIN/RUTTKE 1934. S.
67) wurde ihnen ebenfalls nicht ausgehändigt. 94
BÖNING 1953. S. 12. 1089 Sterilisationen durch operativen
Eingriff, 4 Unfruchtbarmachungen durch Röntgenbestrahlung.
95 "Unter dem grossen
Jesuswort" (1988) S. 27. 96
Vgl. ROTHMALER 1989. S. 71. 97
Aussage Villingers vor dem "Ständigen Ausschuss für
Fragen der Rassenhygiene und Rassenpflege" beim
"Central-Ausschuss der Inneren Mission" am 14. April
1937. Zit. nach BOCK, G. 1986. S. 258/Anm. 9. 98
BDC Akte VILLINGER,
selbstverfasster Lebenslauf v. 1.7.1944. 99
Zitat nach KLEE 1989. S. 92. Vgl. KLEE 1990. S. 63. Aufgrund der
kritischen Reaktionen im Ausland über solche Praktiken, die
für das NS-Regime zunehmend ein"Ärgernis"
wurden, verfügte Hitler im Dezember 1935, von einer
Zwangssterilisierung bei Ausländern generell abzusehen. Vgl.
GANSSMÜLLER 1987. S. 84 100
Zitat nach KLEE 1989. S. 92. Vgl.
BOCK. G. 1986. S. 378/ Anm. 23. 101
BÖNING 1953. S. 12. Dazu Weitbrecht (1968) S. 13: "Infolge
der ihnen drohenden Sterilisation haben zahllose wertvolle
Menschen den Freitod gewählt (...)."
102
VILLINGER 1935b. S.
247.
103
VILLINGER 1935b. S.
247.
104
VILLINGER 1939. S. 17.
105
Ebd. S. 18.
106
Vgl. "Fürsorge-Erziehung in den v. Bodelschwinghschen
Anstalten. Ein Bericht von Rudolf Wendt". In: KLEE [Irrsinn
Ost, Irrsinn West] 1993. S. 140-144. 107
VILLINGER 1935b. S.
238.
108
RASCH, Gustav: Anwendung und Bewertung von Strafen in der
Fürsorgeerziehung. In: Deutsche Jugendhilfe. 35. Jg. 1943. S.
24, zit. nach KUHLMANN 1989. S. 115. 109
SICK 1983. S. 37. Anm. 76.
110
Vgl. KUHLMANN 1989. S. 177 u. S. 251 f. Zur Kritik an MEHRINGERs
Beitrag hinsichtlich aktiver Beteiligung und Verschleierung der
NS-Aussonderungspolitik in der Heimerziehung siehe SCHRAPPER 1990.
S. 425 f.
111
MEHRINGER 1982. S. 129.
112
Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kinder- undJugendpsychiatrie
(DGKJP). "Merkblatt". In: Spektrum. 24. Jg. Nr. 3. 1995.
S. 134-138. hier: S. 137. 113
Sämtliche Beiträge der Gründungsversammlung der
"Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und
Heilpädagogik" sind abgedruckt in: Zeitschrift für
Kinderforschung. 49. Bd.. H. 1. 1941.
114
VILLINGER 1941. S.
26.
115
VILLINGER 1939. S. 20.
116
VILLINGER 1939. S. 17.
117
Vgl. "Eröffnung" der Gründungsversammlung der
"Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und
Heilpädagogik". In: Zeitschrift für
Kinderforschung, 49. Bd. H. 1. 1941 S. 3. Wie der Teilnehmer
Hermann STUTTE, der von seiner damals im Osten liegenden Truppe
einen Kurzurlaub erhalten hatte, berichtete, bestand die
"Mehrzahl" der Teilnehmer der Gründungsversammlung
aus "Uniformierten". Vgl. STUTTE 1970. S. 313. Ders.
1977. S. 402.
118
VILLINGER, 1941. S. 22.
119
PLATEN-HALLERMUND 1948. S. 52 - 55. Weitere Einzelheiten dazu vor
allem bei SICK 1983. S. 39 - 53. Vgl. auch BROMBERGER/MAUSBACH
1987. S. 75 ff.
120
SCHMITZ 1941. S. 100.
121
SCHMITZ 1938. S. 691.
122
Ebd.. S. 688.
123
SCHRÖDER 1941. S. 12.
124
SCHRÖDER 1941. S. 14. Hervorhebung W.S.
125
"MERKBLATT" 1995 (wie Anm. 112). S. 137. 126
Zum Verlauf der Bewahrungsdebatte in der NS-Zeit siehe PEUKERT
1986. S. 274 ff. WAGNER 1988. S. 77 ff. u. WOLFF 1992. S. 173-188
("Jugendbewahrung und Gemeinschaftsfremdengesetz"). 127
Vgl. PEUKERT 1989. S. 331. 128
Vgl. WAGNER 1988. S. 80 ff. u. AYAss 1994. S. 202-209. 129
Siehe HASENCLEVER 1978. S. 132. KUHLMANN 1989, S. 143 ff. Auf die
Aussonderung "fremdvölkischer" Kinder und
Jugendlicher aus der FE kann im Rahmen dieses Beitrags nicht
eingegangen werden. Vgl. dazu SCHÄFER 1996. S. 227-233. 130
Vgl. "Bewahrung innerhalb der Fürsorgeerziehung".
1934. S. 314.
131
"Kosten für die Bewahrung Jugendlicher unter 18 Jahren
in der Rheinprovinz" u. "Kosten für Preussen bezw.
für das Reich." Anlagen zu einem Schreiben von Landesrat
HECKER (24.7.1936) an den Vors. d. Rheinischen Arbeitsgemeinschaft
für Wohlfahrtspflege. BA Koblenz. R 36. Nr. 1828.
132
BA Koblenz, R 43 II, Nr. 520c Bl. 27-28. Vgl. auch Dokument Nr.
211 in JAHNKE/BUDDRUS 1989. S. 339. Weitere Einzelheiten zu diesem
Vorgang in HANSEN 1991. S. 279. 133
Vgl. KLEE 1983. S. 361.
134
Beispiel aus der Tagespresse in MUTH 1989. S. 248 f. Berichte in
Fachpublikationen: Ein polizeiliches
Jugendschutzlager. In: Nachrichtendienst des Deutschen
Vereins für öffentlicheund private Fürsorge. 1940.
S. 174 u. ISERNHAGEN 1941. Vgl. RdErl. d. RMdI. v. 3.10.1941
"Einweisung in das Jugendschutzlager
Moringen". In: Ministerialblatt des Reichs-
u.Preussischen Ministeriums des Innern. 6. (102.) Jg. 1941. Sp.
1773-1774. 135 Die
"Jugendschutzlager" sollten nach Vorstellungen des
Reichssicherheitshauptamts Elemente des Strafvollzugs, der
vorbeugenden Verbrechensbekämpfung und der FE in
sichvereinigen. Vgl. MUTH 1989. S. 239. 136
NEUGEBAUER 1997. S. 36. Zahlen über Belegung bei
HAMMERSCHMIDT 1999. S. 541. 137
Zu RITTER siehe WINTER 1988 u. BUMILER 1992. RITTER war einer der
Vorgänger von STUTTE als Leiter des klinischen Jugendheims an
der Universitätsnervenklinik Tübingen. STUTTE 1977. S.
400. 138 Vgl. WERNER 1944,
S. 99 f. Zur Kritik an diesem System siehe REHBEIN 1968. S. 113
ff. u. PEUKERT 1989. S. 117 ff. 139
Vgl. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma: Presseerklärung vom
12.3.1990.
140
Z.B. "hartes Lager", Kostentzug, Straffstehen 2-6
Stunden, körperliche Züchtigung etc. WERNER 1944. S.
102.
141
WERNER 1944. S. 98.
142
HANSEN 1991. S. 274 u. HASENCLEVER 1978. S. 134.
143
Vgl. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 551 u. HASENCLEVER 1978. S.
134.
144
HARBAUER 1969. S. 308. 145
REMSCHMIDT, H.: Hermann Stutte. Nachruf. In: Geistige Behinderung.
21. Jg. 1982, H. 3. S. 194-195. hier: S. 195.
146
Oberhessische Presse (OP) Marburg. 22.12.1954. "Von der
Philippsuniversität". Damals noch ausserordentlicher
Professor. 1963 wird er zum ordentlichen Professor ernannt. OP
25.9.1963. "Von der Philipps-Universität".
147
JACOBI 1936. Vgl. LEONHARDT 1995. S. 96 f.
148
BA Koblenz, R 73, Nr. 11758.
149
Vgl. SCHÄFER 1993.
150
Vgl. Med.-Naturwissenschaftlicher Verein Tübingen. Sitzung
vom 10. Juli 1939. Hermann STUTTE: Die soziale Prognose der
Jugendlichen-Verwahrlosung. In: Münchener Medizinische
Wochenschrift. 86. Jg. 1939. S. 1685. 151
Zu den Forschungen STUTTES in der NS-Zeit u. zur Geschichte seiner
Habilitationsschrift vgl. SCHÄFER 1992. 152
Univ.-Archiv Tübingen, Sign. 125/159. "Referat über
die wissenschaftliche Arbeit des Assistenzarztes der Klinik
Oberarzt d.R. Dr. med. Hermann Stutte". Tübingen.
23.11.43 (4 Seiten). hier: S. 2.
153
Ebd. S. 3 f.
154
Ebd.
155
STUTTE 1948a. S. 415.
156
STUTTE 1960. S. 1085.
157
STUTTE 1977. S. 400.
158
Dieser Beitrag wurde sogar "tonangebend für die
Verwahrlosungs-Politik - zumindest
bis in die 60er Jahre hinein" (BLANDOW
1986. S. 82) und gilt als "einer der meist besprochenen
Aufsätze" jener Jahre (ebd.). Siehe dazu insgesamt
SCHÄFER 1998. 159 Zur
Kritik an der Württembergischen Heimerziehung von 1938 siehe
SCHÄFER 1998. S. 288 ff.
160
VILLINGER/STUTTE 1948. S.
252.
161
STUTTE 1949. S. 111.
162
STUTTE 1948a. S. 413. 163
RITTER 1937. S. 19. Vgl. BUMILER 1992. S. 104. Dieser
"Schwachsinn" war gar bei überzeugten
NS-Psychiatern umstritten. Selbst Max EYRICH lehnte den "getarnten
Schwachsinn" ab, weil dadurch "der Begriff des
angeborenen Schwachsinns zu sehr überdehnt" würde.
EYRICH 1939b. S. 256. 164
RITTER 1937. S. 19. Vgl. SCHÄFER 1998. S. 286.
165
POLLIGKEIT im "Nachrichtendienst des Deutschen Vereins".
1933. S. 146 ff., zit. nach HASENCLEVER 1978. S. 128.
166
Vgl. SCHÄFER 1992.
167
"Über die Nachkommen ...". 1948. S. 161. Vgl.
BLANDOW 1989. S. 138.
168
STUTTE 1948b. S. 178-179. 1951 definierte STUTTE
"Unerziehbarkeit" als "die Unfähigkeit zur
Erlangung (...) des Zustandes hinlänglicher sozialer
Brauchbarkeit. (...) Der Idiot ist unerziehbar, auch wenn er
affektiv unauffällig und gutmütig ist." STUTTE
1952. S. 9 u. 10. HECKES/SCHRAPPER 1988. S. 22. verweisen in
Zusammenhang mit der Kontinuität der
"Unerziehbarkeitsdebatte" bis
in die Bundesrepublik hinein beispielhaft auf STUTTE
1958. 169 Vgl. BLANDOW
1986. S. 85 ff. Vgl. Anm. 28 (Teil I).
170
SCHRAPPER 1990. S. 426. Zur Restauration der traditionellen
Heimerziehung in der Bundesrepublik siehe ALMSTEDT/MUNKWITZ 1982.
S. 13-23. 171 REHBEIN
1992. Vgl. SCHRAPPER 1990. S. 424 f.
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