[ Aus dem Internet enthoben @ http://www.frankfurterrundschau.de/ressorts/frankfurt_und_hessen/frankfurt_und_hessen/?cnt=841599&sid;=24895e6bde115f98d11cce34fc3f2e09 (leider aber jetzt nicht mehr dort auffindbar)]
KOMMENTAR
Keine Ausrede
VON
JOACHIM F. TORNAU
Wer
einen Antrag in die Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbands
(LWV) einbringt, muss schon auf dem Deckblatt die Frage nach dem Geld
beantworten: Hat der vorgeschlagene Beschluss finanzielle
Auswirkungen? Bei der Resolution, mit der sich der LWV für
Misshandlungen in seinen Kinder- und Jugendheimen entschuldigt hat,
war das Kästchen "Nein" angekreuzt. Denn beim
Formulieren der Erklärung wurde alles vermieden, was Ansprüche
gegen den Heimträger begründen könnte. Die von vielen
ehemaligen Anstaltskindern geforderte Entschädigung kommt nicht
vor. Gleichwohl ist die einstimmige Bitte um Vergebung nicht nur eine
billige Geste. Für Menschen, die wegen ihrer Vergangenheit als
Heimkinder noch heute am Rande der Gesellschaft leben, wirkt die
öffentliche Anerkennung wie Labsal.
"Ich möchte
in Würde sterben können", hat eine ehemalige
Heimbewohnerin gesagt. "Das werde ich nach dieser Entschuldigung
tun können." Doch erst einmal soll sie in Würde leben
können. Dafür reicht die moralische Unterstützung
nicht aus. Der LWV steht in der Pflicht, sich um materielle Hilfe zu
bemühen. Die klaren Worte der Resolution dürfen nicht
Ausrede, sondern müssen Ansporn sein.
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