Der Betreiber dieser nichtkommerziellen Webseite ist der hoch-engagierte Martin Mitchell in Australien (ein ehemaliges “Heimkind” in kirchlichen Heimen im damaligen West-Deutschland) |
[ Sofort − unten − auf diesen SPIEGEL-Artikel folgend, ist eine vollständige aktuelle Liste aller in den deutschen Medien, sowohl wie auch im Auslande erscheinenden Artikeln und Fernsehberichten zu diesem Thema !!! ] [ Aus dem Internet enthoben @ http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,400215,00.html ]
11. Februar 2006 Rund 80 Prozent der Heime waren in konfessioneller Hand. Insbesondere die katholischen Frauen- und Männerorden führten jahrzehntelang zahlreiche Erziehungsanstalten. Sie hießen "Zum Guten Hirten" oder waren nach Heiligen und Ordensgründern benannt: "Don-Bosco-Heim", "St. Vincenzheim", "St. Hedwig" oder "Marienheim". Die alte Mönchsregel "Bete und arbeite" erlebte eine perverse Renaissance in diesen konfessionellen Erziehungsheimen der jungen Bundesrepublik. In der Diakonie Freistatt bei Diepholz, einer Zweigstelle der von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel, wurde sie brutal umgesetzt. Freistatt mit seiner Presstorfproduktion, mit seinen Schlossereien und Schmieden war als reiner Wirtschaftsbetrieb konzipiert, der die billigen Arbeitskräften ausnutzte. Wenn nicht gerade Choräle gesungen wurden, mussten die 14- bis 21-Jährigen im Sommer wie im Winter im Moor Torf stechen und pressen. "Besenstiele als Züchtigungsmittel" In der abgelegenen Anstalt schufteten viele Jugendliche, bei denen "Verwahrlosung drohte", bis 1970 getreu dem Motto des Pastors Gustav von Bodelschwingh: "Ein Junge, der am Tage stramm gearbeitet hat, der hat nach dem Feierabend keine Neigung für dumme Streiche mehr." Dennoch versuchten Zöglinge zu fliehen.
BUCHTIPP
Diese mussten nach ihrer Ergreifung den Torf in schweren "Kettenhosen" stechen, die nur Trippelschritte erlaubten. Selbst zum Kirchgang mussten die Jugendlichen die Beinschellen tragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die inzwischen auf sechs H�user angewachsene Diakonie Freistatt st�ndig �berf�llt. In den f�nfziger Jahren waren in Freistatt etwa 500 junge M�nner eingesperrt. Damals war es noch �blich, dass Neuank�mmlinge, die etwa aus anderen Heimen entwichen waren, aus Schikane anfangs auf dem Boden schlafen mussten.Peter Wensierski: "Schl�ge im Namen des Herrn" Erschienen als SPIEGEL- Buch bei DVA; 300 Seiten; 19,90 Euro. Einfach und bequem direkt im SPIEGEL- Shop bestellen Trotz des Verbots staatlicher Stellen, zu z�chtigen oder als Strafma�nahme die Haare abzuschneiden, pr�gelten die Erzieher in Freistatt, meist evangelische Diakone, munter weiter. 1960 beanstandete das Landesjugendamt Hannover "die Verwendung von Forkenstielen, Torflatten, Pantoffeln und Besenstielen als Z�chtigungsmittel". "Der Wille muss erst gebrochen werden" Schon 1928 war die SPD Hannover bei Pastor von Bodelschwingh abgeblitzt, als die Genossen nach der Entlohnung f�r die harte Arbeit fragten: Die jungen M�nner k�nnten ja frei wohnen, antwortete der Gottesmann, ein Lohn sei nicht drin, sie w�rden hier als Pfleglinge vor einer Notlage in Freiheit gesch�tzt. Das Torfstechen wird bei einer Tagung der "Betheler Inneren Missions Anstalt Freistatt" auch 1950 noch als "eine wertvolle Besch�ftigungsm�glichkeit" bezeichnet. "Wer nicht spurte, wurde verpr�gelt", berichtet Dieter Gr�nenbaum, ein ehemaliger Erzieher und Diakon. Ihm wurde zum Dienstantritt von einem �lteren Aufseher gesagt, er solle doch einfach nur den St�rksten in seiner Gruppe herausfinden: "Dem m�ssen Sie rechts und links hinter die Ohren hauen, dann haben Sie hier die n�tige Autorit�t." Gr�nenbaum begriff rasch: "Der Wille musste erst gebrochen werden. Das Prinzip war, der Jugendliche muss erst ganz unten sein." Diese Vergangenheit holt Norbert Mehler manchmal ein. Mehler lebt heute in Spanien, in sicherer Entfernung zum norddeutschen Moor. Die Diakonie Freistatt ruft nur Erinnerungen an Gewalt und hilflose Wut in ihm wach. Freistatt war f�r ihn, das berichtete er dem "Weser-Kurier", "der Moorhof zur H�lle". Verzweifelt versuchte er 1959 zu entkommen. "Ich schluckte Glassplitter, um meinen Blinddarm kaputt zu kriegen und so �ber das Krankenhaus Diepholz eine bessere Fluchtchance zu bekommen als inmitten des Sumpfes." Mehlers Vergehen, das ihn nach Freistatt brachte: Im Alter von 19 Jahren war er mit der 16-j�hrigen Elke durchgebrannt, seiner sp�teren Ehefrau. 1964 kam Michael Hoffmann als 17-J�hriger ins Moor, er war seinen Pflegeeltern weggelaufen. "Bevor wir zur Arbeit ins Moor rausmarschiert sind, haben wir uns in drei Zehnerreihen aufgestellt und abgez�hlt. Alles geschah auf Kommando." Kaum mehr als vier Mark erhielt Hoffmann als Lohn im Monat, er tauschte sie gegen Karamellbonbons, der gr��te Luxus. 1970 schufteten noch immer 300 Menschen im Moor. Die "Hausv�ter" sind weiterhin ohne p�dagogische Ausbildung. Hinter den vergitterten Fenstern werden die Jugendlichen in zellenartigen Schlafr�umen nachts eingeschlossen. Drei Jahre sp�ter geht die Moorkirche in Flammen auf - zwei Z�glinge haben sie als Fanal des Protestes angez�ndet. Kurz darauf feiert man in Freistatt den 75. Geburtstag und errechnet, dass genau 92716 "Betreute" die Moorburg durchlaufen haben, allesamt "abgeschobene Unbequeme". Strammstehen zum Morgengebet Wie viel Geld sie den Protestanten in Bethel insgesamt erwirtschaftet haben, kann man in der Jubil�umsbrosch�re nicht lesen. Viele Heime finanzierten sich wie Freistatt weitgehend selbst. Es gab W�schereien, Landwirtschaft und G�rtnereien, die vornehmlich der Eigenversorgung dienten. Es gab aber auch gewerbliche Schlossereien, Tischlereien und andere Werkst�tten, die Bargeld in die Heimkasse brachten. Mancherorts mussten die Jugendlichen in den Schreinereien Kirchenb�nke herstellen. Im schw�bischen St. Konradihaus gab es eine mechanische Werkstatt, die hochwertige Maschinenteile f�r die Industrie lieferte. Im "Haus Sonnenwinkel" in Tecklenburg mussten die �lteren M�dchen im Haushalt einer der zahlreichen Tecklenburger �rzte-, Rechtsanw�lte- oder Beamtenfamilien arbeiten.
ZUR PERSON
Gerald Hartford erinnert sich daran, im Salvator-Kolleg Klausheide Scheinwerfer f�r die Firma H. und Matratzen f�r eine Firma aus Delbr�ck gefertigt zu haben. Im Dortmunder Vincenzheim wurde W�sche im gro�en Stil f�r Hotels, Fabriken, Brauereien und Privathaushalte gewaschen, geb�gelt und gemangelt. Au�erdem gab es eine N�herei mit reichlich Auftragsarbeit. "Wir waren jugendliche Zwangsarbeiter", brachte es das ehemalige Heimkind Gisela Nurthen aus dem Dortmunder Vincenzheim auf den Punkt.Peter Wensierski, Jahrgang 54, arbeitet seit 1993 im Deutschland- Ressort des SPIEGEL. In Kooperation mit der Deutschen Verlags- Anstalt erscheint am 13. Februar 2006 sein Buch "Schl�ge im Namen des Herrn", das mit den Lebensbedingungen von Heimkindern ein bisher wenig bekanntes Kapitel der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik aufgreift. Wensierski l�sst darin Betroffene, die in kirchlichen oder staatlichen Heimen bis in die siebziger Jahre unter dem�tigenden Bedingungen leben mussten, in Erfahrungsberichten zu Wort kommen. Schweigend mussten sie und die anderen M�dchen stundenlang mit den schweren Laken und T�chern an der gro�en Hei�mangel stehen. Wer unerlaubt sprach, riskierte Schl�ge. Gesungen werden durfte - aber nur Marienlieder. "Mein Platz war an der gro�en Hei�mangel. Das stundenlange Stehen in gro�er Hitze - selbst im Sommer ohne zus�tzliche Getr�nke -, das st�ndige Falten riesiger Bettw�sche lie� s�mtliche Glieder schmerzen. Die Kolonne trottete abends schweigend durch die G�nge zur�ck wie gepr�gelte Hunde." Aufstehen mussten die M�dchen morgens um sechs. Strammstehen zum Morgengebet. Dann waschen, ein hastiges Fr�hst�ck, Einteilung zur Arbeit. Mittags gab es nach f�nf Stunden die erste Pause. Am Nachmittag noch eine kurze Kaffeepause, mit "Muckefuck". Schweigsam, effektiv und eintr�glich Bis zu zehn Stunden schuftete die 15-J�hrige unbezahlt im immer gleichen Takt. Am Samstag mussten sie bis mittags arbeiten. Sonntags wurden Taschent�cher zum Verkauf in der N�hstube umh�kelt. Die hauseigene Gro�w�scherei war f�r die Vincentinerinnen ein lukratives Gesch�ft. Die Arbeit bringe, so schrieb 1962 der Dortmunder "Kirchliche Anzeiger" ganz offen, "um die Steuerzahler etwas zu beruhigen", einen "nicht unerheblichen Teil" der Kosten ein. Hotels, Firmen, Krankenh�user und viele Privathaushalte zahlten gut - und fragten nicht, wer da f�rs Reinwaschen missbraucht wurde. "Die Kunden bekamen uns nie zu sehen, es gab extra einen Abholraum, zu dem war uns der Zutritt streng verboten." In der Hausordnung des Heims "Zum Guten Hirten" in M�nster war das Schweigegebot bei der Arbeit jahrzehntelang festgeschrieben: "W�hrend den der Arbeit gewidmeten Stunden wird so viel wie m�glich Stillschweigen beobachtet, welches durch Gebet und Gesang unterbrochen wird. Auch im Speisesaal und in den Schlafs�len ist f�r gew�hnlich das Sprechen untersagt." Schweigsam, effektiv und eintr�glich - so sollten die Z�glinge sein. Unterlagen aus dem "Guten Hirten" in M�nster belegen die erb�rmliche Bezahlung der Z�glinge selbst noch zu Beginn der siebziger Jahre: "Das Entgelt f�r eine 40-st�ndige Arbeit in der Woche schwankt zwischen 2 und 4 DM." In der Regel erhielten die Kinder und Jugendlichen - trotz harter Arbeit mit bis zu 48 Stunden die Woche - keinen entsprechenden Lohn. Sie waren auch nicht sozialversichert. Ehemalige Heimkinder erw�gen Klage Die "verlorenen Jahre" sind f�r die Betroffenen heute finanziell ein Debakel. Sie fehlen bei der Rente, die f�r die meisten ohnehin recht schmal ist. Bei der AOK Dortmund etwa recherchierten ehemalige Heimkinder vergeblich nach Beitr�gen, die f�r sie aus dem Vincenzheim ihrer Ansicht nach h�tten eingehen m�ssen. Die ehemaligen Heimkinder �berlegen jetzt, ob sie Wiedergutmachung f�r Arbeit und Misshandlungen einklagen sollen, etwa nach dem "Gesetz �ber die Entsch�digung f�r Opfer von Gewalttaten". Dieses Gesetz beinhaltet eine Einstandspflicht des Staates f�r unschuldige Opfer von vors�tzlichen, rechtswidrigen Gewalttaten. F�rsorgez�glinge wurden in den Erziehungsheimen trotz staatlicher Aufsicht im gro�en Stil als billige Arbeitskr�fte ausgenutzt. Dieses System hatte eine lange Tradition. In einer Caritas-Festschrift �ber die katholische Kinder- und Jugendf�rsorge hie� es bereits in den drei�iger Jahren: Dem F�rsorgez�gling "darf es schon in Fleisch und Blut �bergehen, dass die Arbeit in Gottes Auftrag geschieht und nicht blo� klingende irdische M�nzen einbringt, sondern auch den ewigen Lohn bedingt. Das Wort 'Im Schwei�e deines Angesichtes sollst du dein Brot essen' darf den Eingang jeder Werkst�tte zieren." � SPIEGEL ONLINE 2006 |
"Schläge im Namen des Herrn – Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik" [ in Englisch: "Beaten in God’s Name – The hidden history of institutionalised children in postwar West-Germany" ] @ http://www.wensierski.info/ oder auch @ http://www.schlaege.com ( und besonders auch hier a.) @ AKTUELLES http://www.wensierski.info/html/aktuelles.html, b.) @ LINKS http://www.wensierski.info/html/links.html und hier c.) @ TERMINE http://www.wensierski.info/html/termine.html ) d.) --- REAKTIONEN --- 2.) DIE ZEIT-BERICHT (vom 09.02.2006) @ http://www.zeit.de/2006/07/Heimkinder ”Das Leid der frühen Jahre” Hunderttausende von Kindern wurden in Heimen der jungen Bundesrepublik misshandelt. Die größte Verantwortung trifft die Kirche Von Peter Wensierski ( Vorsicht: sehr langer Text ) ( Vorsicht: sehr langer Text; und viele, viele Leser-Kommentare (einige länger als andere) die separat angeklickt werden müssen; neue Kommentare kommen fortwährend hinzu. ) ( direkter Link zum vollst�ndigen Artikel ) 3.) ZDF-FRONTAL21-VIDEO (ca 15 Minuten Länge) (vom 07.02.2006) @ http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/15/0,4070,3892495-0,00.html ”Prügel im Namen Gottes” Unter dem Mantel der christlichen Nächstenliebe misshandelten kirchliche Erzieher ihre Schutzbefohlenen. Viele der Opfer haben bislang geschwiegen. Mit Frontal21 sprechen sie nun über ihre Geschichte. ( direkter Link zum Video ) 4.) ZDF-ONLINE Frontal21 Artikel vom 06.02.2006 @
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,3890327,00.html Die dunkle Geschichte kirchlicher Jugendheime "Wenn
du nicht brav bist, dann kommst du ins Heim!" Was heute eher
wie eine leere Drohung wirkt, hatte für Kinder in der
Nachkriegszeit einen wahren, grausamen Hintergrund: Das Leben in
vielen deutschen staatlichen und kirchlichen Kinderheimen war
geprägt von Gewalt und Willkür. ( Vorsicht: langer Text
) Horrors
of post-war German
|
Siehe auch "Ehemalige Heimkinder" @ heimkinderopfer.blogspot.com und heimkinderopfer2.blogspot.com |
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