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Enthoben aus dem Internet @
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aus
dem Jahre 2004 !!! )
( weiterhin
on-line !!! )
]
WIESBADENER KURIER
Statt Therapie gab´s Prügelstrafe
Mutter
und Sohn Schreyer erinnern sich an ihre Jahre in der
Heilerziehungsanstalt Kalmenhof
Mutter
und Sohn Schreyer heute in der Altenwohnanlage in
Wiesbaden-Klarenthal.
Fotos: privat
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Heinz-Dieter
Schreyer im April 1970.
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Elfriede
Schreyer galt als schwachsinnig.
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Vom
01.07.2004 WIESBADEN Frühere Heimkinder haben eine
Interessengemeinschaft gegründet: Sie wollen entschädigt
werden für erlittenes Unrecht, Prügel und Zwangsarbeit. Zu
ihnen zählen Elfriede Schreyer und ihr Sohn Heinz-Dieter, die
lange Jahre im Idsteiner Kalmenhof gelebt haben.
Von
Kurier-Redakteur
Christoph Cuntz
Wenn sich
Heinz-Dieter Schreyer an seine Jugend erinnert, sieht er vor seinem
geistigen Auge den Kalmenhof in Idstein, der sich damals
Heilerziehungsheim nannte. In seinem Tagtraum tritt er vor seine
Mutter, die wie er dort untergebracht war. Und die ihn fragt:
"Heinz-Dieter, was machst Du hier?" Und er antwortet: "Ich
bin auf der Suche nach dem Verlorenen, nach meiner Kindheit, meiner
Jugend, meinem Selbst." Seine Mutter Elfriede antwortet: "Mein
Sohn, das alles habe ich auch verloren und noch viel mehr."
Die heute 73-Jährige, die in einer Altenwohnanlage in
Klarenthal lebt, war 1943 zur Waisen geworden, nachdem ihre Eltern
bei einem Luftangriff in Kassel ums Leben gekommen waren. Das Kind
war zunächst in die "Landesheilanstalt Eichberg", dann
auf den Kalmenhof gebracht worden, Ärzte hatten ihm "Schwachsinn
mittleren Grades" bescheinigt. Damit hätte sie wohl dem
Euthanasie-Programm der Nazis zum Opfer fallen sollen. Dessen Ziel
war es, "lebensunwertes Leben" auszurotten. Sie entging dem
"Gnadentod". Vermutlich mehr aus Zufall.
Auch nach
dem Zusammenbruch der Hitler-Diktatur musste sie im Kalmenhof
bleiben. "Sie wird stets Überwachung und Führung nötig
haben", heißt es 1946 in einem Bericht über sie.
Später, nachdem sie Mutter geworden war, wurde ihr "sexuelle
Triebhaftigkeit" unterstellt.
Solche Sätze sind
festgehalten in ihrer Akte, die sich ihr Sohn besorgt hat. Die
kopierten Unterlagen hat er in einen gelben Umschlag geheftet. "Anna
Elfriede Schreyer, geboren am 9. März 1931, in Freiheit lebend
seit 1970" steht darauf. Und: "Ein Leben immer am Rande der
Gesellschaft".
An Schläge mit dem Rohrstock
erinnert sich Elfriede Schreyer. Daran, dass sie "mit Kerlen"
abhaute und dabei "erwischt " wurde. Sie arbeitete in einer
Bäckerei in Idstein, ohne jemals Lohn erhalten zu haben. Sie
kochte in der Kalmenhof-Küche und servierte das Essen. "Elfriede
wurde als Faktotum gehalten", sagt Gertrud Zovkic, die 1966 als
Psychologin im Kalmenhof angefangen hatte. Dort hatte sie unfähige
Erzieher und "mittelalterliche Zustände"
kennengelernt. Öffentlich prangerte sie die "autoritären
und demagogischen Praktiken" des damaligen Kalmenhof-Direktors
an. Denn die Prügelstrafe hatte im Kalmenhof bis Ende der 60er
Jahre System. Einer der Erzieher etwa hatte mehrere seiner Zöglinge
als "Prügelgarde" eingesetzt, die andere Schüler,
mit denen er nicht fertig geworden war, zusammenschlug. Das
Wiesbadener Schöffengericht verurteilte den Mann deshalb zu 100
Mark Geldstrafe. Ihm wurde gekündigt. Aber auch der Psychologin
Zovkic, die als linksradikal abgestempelt wurde, weil sie zusammen
mit der Schwester der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof studiert hatte.
"Die Menschen waren ausgeliefert, therapeutisch wurde
nichts mit ihnen gemacht", sagt die heute 72 Jahre alte
Psychologin, die nach ihrer Kündigung erst wieder in Düsseldorf
eine Stelle gefunden hatte. Elfriede Schreyer etwa sei durch ihre
Kindheitsängste traumatisiert gewesen. Sie habe "schwerste
Defizite in der Sozialisation" gehabt, ohne eine Chance, diese
aufzuarbeiten. Die angebliche "sexuelle Triebhaftigkeit"
sei dem "miefigen, kleinbürgerlichen Denken" der
Anstalt entsprungen, die geglaubt habe, so etwas ließe sich mit
Strafe verhindern: Dem "Faktotum" wurden die Haare
geschoren, wenn es mal wieder zusammen mit einem "Kerl"
erwischt worden war.
Dass Elfriede Schreyer 1970 dem
Kalmenhof entkam, dass sie in Auringen für eine Zwischenzeit
eine Stelle und später einen Mann fand, all das hat sie dem
Einsatz der Psychologin Zovkic zu verdanken. Die erinnert sich auch
noch an ihren Sohn, den sie als hospitalisiertes Kind beschreibt:
Heinz-Dieter Schreyer hatte seine Mutter zum ersten Mal 1967 gesehen,
als er nach einer Odyssee durch hessische Kinderheime endlich in den
Kalmenhof kam. Er weiß noch den Code "K 78 E", der in
seine Anstalts-Kleider eingenäht war, kann sich an die Strafe
erinnern, die er erhielt, weil er nachts mit anderen in den Betten
getobt hatte: Der Junge musste zusammen mit den anderen Jungen barfuß
im Schnee stehen, "bis wir umfielen". In Armeeklamotten und
in zu kleinen Stiefeln habe er mit den anderen raus aufs Feld
gemusst, Mohrrüben sammeln. "Wir galten als Idioten",
sagt er. Und als er kürzlich zum ersten Mal in seine Akte
blickte, bekam er es amtlich, dass man ihm den Abschluss einer Lehre
nicht zutraute. Eine Fehleinschätzung: Heinz-Dieter Schreyer
legte 1975 seine Prüfung als Malergeselle ab. Heute verdient er
seinen Lebensunterhalt als Angestellter und ernährt seine
Familie.
Nun, mit 48 Jahren, macht er sich daran, seine
Lebensgeschichte Stück für Stück aufzuarbeiten.
Entgegen früheren Vorsätze ist er doch noch einmal zum
Kalmenhof gefahren. "Mein Herz klopfte und in mir stürzte
die Schutzmauer ein", beschreibt er seine Gefühle.
Er
hat im Kurier gelesen, dass sich eine Bundes-Interessengemeinschaft
gegründet hat, die sich für misshandelte und missbrauchte
Kinder einsetzt. Er hat die Initiatoren angeschrieben. Und er hofft
auf Unterstützung für sein Anliegen. Denn Heinz-Dieter
Schreyer möchte eine Entschuldigung für das, was ihm
widerfahren ist. Und er möchte, dass seine Mutter für die
Zeit im Kalmenhof Rentenansprüche geltend machen kann. "Was
ist ihr geblieben außer der Erkenntnis, im Kalmenhof schwer
gearbeitet zu haben?."
Das Kulturzentrum Eichberg lädt
heute um 14 Uhr im KuZ-Seminarraum zu einem Vortrag von Peter Sandner
ein. Der Historiker vom Hauptstaatsarchiv Hessen referiert über
das Thema "Gut organisiert - Die Verantwortung der Verwaltung an
der systematischen Tötung von psychisch Kranken am Beispiel
Eichberg".
NOTIZEN
aus dem dortigen Archiv:
Wiesbadener-Kurier 15.10.04
Das
Leiden der Zöglinge an ihrer eigenen Kindheit - Warum sich in
Idstein der Verein ehemaliger Heimkinder gründete / Quälende
Erinnerungen an den Aufenthalt ... 573
Wörter; 2.32 EUR
Wiesbadener-Kurier
15.10.04 Heimkinder
gründen Verein In
der einstigen Erziehungsanstalt Kalmenhof in Idstein, die sich heute
Sozialpädagogisches Zentrum nennt, hat sich ein ... erschienen
in: Wiesbadener Kurier, Main-Taunus-Kurier 42 Wörter; 2.32
EUR
Wiesbadener-Kurier
01.07.04 Statt
Therapie gab's Prügelstrafe - Mutter und Sohn Schreyer erinnern
sich an ihre Jahre in der Heilerziehungsanstalt Kalmenhof Wenn
sich Heinz-Dieter ... erschienen in: Wiesbadener Kurier,
Main-Taunus-Kurier 884 Wörter; 2.32 EUR
Wiesbadener-Kurier
01.06.04 Misshandelt
und ausgebeutet - Heimkinder der 50er und 60er Jahren erheben
schwerste Vorwürfe KASSEL
(dpa) Frühere Heimkinder haben in Kassel schwere ... erschienen
in: Wiesbadener Kurier, Main-Taunus-Kurier 451 Wörter; 2.32
EUR
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