Der Betreiber dieser nichtkommerziellen Webseite ist der hoch-engagierte Martin Mitchell in Australien (ein ehemaliges “Heimkind” in kirchlichen Heimen im damaligen West-Deutschland) |
(
06.07.2004 )
Das
Wirtschaftsunternehmen der Torfgewinnungsgesellschaft
im Bethel eigenen Wietingsmoor, im Areal der Anstalt
Freistatt, im Hannoverschen, in
der Bundesrepublik
Deutschland, und dessen
jugendlichen deutschen Zwangsarbeiter,
im Vergleich zu den jugendlichen – und auch älteren
– deutschen Zwangsarbeitern
im bremischen Teufelsmoor, ein
Wirschaftsunternehmen der „Turba“
Torfindustrie G.m.b.H, im
Dritten Reich. Was
war der Unterschied? Das
ersterwähnte wurde (von 1899-1991) von der Diakonie betrieben,
das andere (von 1934-1945) vom Staat.
[ Teufelsmoor |
–
Arbeitszwangslager –
Arbeitserziehungslager – Arbeitshäuser –
Bewahrungshäuser |
VI
10.1-8 Wohlfahrtsblatt DER
FREIEN HANSESTADT BREMEN
Amtliches
Organ der bremischen Wohlfahrtsbehörde
Das
Wohlfahrtsblatt erscheint in zwangsloser Folge, in der Regel alle
zwei Monate. Für den Inghalt verantwortlich: Präsident
Kayser.
9. Jahrgang –
Bremen, Dezember 1938 – Nummer 4
[ Teilweise
Wiedergabe eines zutreffenden Artikels, eingeleitet vom Führer
selbst: ]
Wir wollen durch
unseren Fleiß so viel Güter produzieren, daß jeder
einzelne Deutsche daran einen immer steigenden Anteil haben kann und
wird. Dieser Prozess kann nur gelingen, wenn ein ganzes Volk in
seiner Gesamtheit die Interessen aller im Auge behält, um damit
auch wieder allen zu dienen. Adolf
Hitler
Das
bremische Arbeitszwangslager Teufelsmoor.
Eine
Erziehungsmaßnahme für Arbeitsscheue, säumige
Unterhaltspflichtige und Trinker.
Die vielfältige und
weitgehende Fürsorge des Dritten Reiches für alle
Volksgenossen, die in irgendeiner Form der Hilfe bedürfen, ist
an eine unabdingbare Voraussetzung gebunden, daß nämlich
die Volksgenossen dieser Fürsorge würdig sein müssen.
Dieser Grundsatz bedarf keines Kommentars. Staatsmittel wie alle von
der Gemeinschaft des Volkes aufgebrachten Mittel dürfen nicht
für die Unterstützung minderwertiger
Elemente verschwendet werden. Die Durchführung
des Grundsatzes von Würdigkeit führt in gerader Linie auf
das in den letzten Jahren im gesamten Fürsorgewesen lebhaft
erörterte Asozialenproblem
hin, denn zur Vermeidung fürsorgerischer Fehlleistungen an
unwürdige
Hilfsbedürftige bedarf es zuvor der
Klarstellung, wer
asozial zu werten ist und wie sich die
Fürsorgestellen mit solchen Hilfsbedürftigen
auseinandersetzen sollen. Da Arbeitsscheu
in der heutigen Zeit in jeder Form als asozial
zu gelten hat, erscheint es auf alle Fälle zweckmäßig,
den Anfang zur Lösung des Asozialenproblems
mit der Bekämpfung der Arbeitsscheu
zu machen.
Durchblättert man die Fachliteratur auf dieses
Problem hin, so mangelt es nicht an Theorien, die den
gesamten Kreis der Asozialen durch eine allgemein
gültige Formel zu umreißen versuchen, ebensowenig fehlt es
an Erörterungen darüber, wie weit im
gegebenen gesetzlichen Rahmen gegen sie vorgegangen werden
kann und welche Möglichkeiten in Zukunft, wenn das
lange erhoffte Bewahrungsgesetz
herauskommt, gegeben sein werden. Seltener ließt man von
praktischen Maßnahmen gegen Asoziale,
obgleich Fürsorgeverbände und Wohlfahrtsämter sich
überall bemühen, mit verschärften Bestimmungen gegen
Asoziale
vorzugehen und ihre
Unterbringung in bestehende Arbeits- und Bewahrungshäuser
durchzusetzen. So hat z. B. das Landeswohlfahrtsamt Berlin mit
Wirkung vom 1. 4. 38
eine neue Verfügung zur Erfassung, Überwachung
und Bewahrung der Asozialen
erlassen (s. Nachrichtendienst Nr. 5/38 S. 163), wonach außer
Verwahrung, vorbeugender Überwachung usw. Bewahrung
des Asozialen in
geschlossener Anstaltsfürsorge angeordnet
werden kann und zwar „solange, als es zum Schutze des Volkes,
seiner Familie und zu seinem eigenen Schutz erforderlich und dieser
Schutz nicht anderweitig sichergestellt ist, insbesondere
nicht [sichergestellt
ist] durch polizeiliche
oder gerichtliche Maßnahmen“. [ bezw.
inbesondere wenn man nicht auf
strafrechtliche Weise gegen „solche Elemente“ vorgehen
kann ].
______________________________________
In Bremen
ist das Asozialenproblem
frühzeitig und zwar von der Praxis her in Angriff genommen
worden. Die Notwendigkeit hierzu ergab sich zwingend in dem
Zeitpunkt, als die Großzügigen Maßnahmen der
Arbeitsfürsorge zur Arbeitsbeschaffung für
Wohlfahrtserwerbslose [ WE ] durch den Widerstand arbeitsscheuer
Erwerbsloser gefährdet wurden. Dieser
Widerstand mußte unverzüglich gebrochen und durch wirksame
Arbeitserziehung beseitigt werden. Das konnte
nur durch rücksichtslose
Durchführung von Arbeitszwangsverfahren
geschehen.
Das Fehlen einer eigenen Arbeitsanstalt
war ein Mangel, der in der bremischen Fürsorgepraxis seit langem
empfunden worden war und sich analog dem Anwachsen der
Arbeitslosenzahlen verschärft hatte. Schon im Jahre 1925,
als es noch kein eigentliches Erwerbslosenproblem gab, verhandelte
die bremische Fürsorgebehörde wegen Unterbringung
bremischer Korrigenden
im Sinne des § 20 RFV [Reichsverordung über
die Fürsorgepflicht] mit auswärtigen
Arbeitsanstalten, weil die Durchführung
von Arbeitszwangsverfahren
auf bremischem Gebiet nicht möglich war. Man bemühte sich
um Unterbringung bremischer Asozialer
in der Arbeitsanstalt Glückstadt
und in der zu Hamburg gehörenden Zweiganstalt
des Staatlichen Versorgungsheims in Farmsen.
Die Einweisungsverfahren
waren naturgemäß umständlich und zeitraubend. Die
Anträge auf Einweisung mußten mit den zugehörigen
Akten an die auswärtigen Behörden gesandt werden und das
Prüfungsergebnis und die schriftliche Genehmigung von dort
abgewartet werden, bevor praktisch gegen den Arbeitscheuen
vorgegangen werden konnte. Ein weiterer Nachteil bestand darin, daß
die bremische einweisende Behörde keinen Einfluß auf die
Durchführung des Arbeitszwangsverfahrens
hatte. – Um diesen Mißständen abzuhelfen, wurden im
Jahre 1930
gemeinsam zwischen Bremen,
Hamburg, Lübeck
und Oldenburg Verhandlungen
aufgenommen mit dem Ziel, ein gemeinsames Arbeitshaus für
diese Städte einzurichten. Aus dem Plan wurde nichts, weil
das Anwachsen der Arbeitslosenzahl, das in diesem Jahre allein für
Bremen eine Zunahme von rd. 4000 WE ausmachte, die Fürsorgebehörde
vor Aufgaben stellte, deren sie aus eigener Kraft nicht Herr werden
konnte.
Gründung des Arbeitszwangslagers
Teufelsmoor.
Wie bereits erwähnt, lagen die
Verhältnisse im Jahre 1934
derart, daß die Arbeitsfürsorge bei der Arbeitsbeschaffung
für Wohlfahrtserwerbslose durch arbeitsunwillige
Elemente erheblich behindert wurde, die –
obwohl an Zahl klein – durch Hetzen
und Wühlen,
Beunruhigung
und Widerstände
unter
den zu Vermittelnden erzeugten. Die Leitung der
»Behörde für Wohlfahrt und Versicherungswesen«
entschloß sich daher im Herbst 1934
ein eigenes Arbeitszwangslager
einzurichten.
Das Lager
befindet sich in einem ca. 32 Km von Bremen entfernten Moorgelände,
dem Teufelsmoor,
und liegt weit ab von den in dieser Gegend vorhandenen bäuerlichen
Siedlungen. Die Bestimmung des bremischen Zwangsarbeitslagers
Teufelsmoor besteht in
Arbeitserziehung
für Arbeitsscheue
und säumige
Unterhaltspflichtige sowie der Entwöhnung
und Arbeitserziehung
von Trunksüchtigen.
Es werden nicht nur bremische Asoziale,
sondern auch
von auswärtigen Behörden Eingewiesene aufgenommen.
Weibliche
Erziehungsbedürftige finden im Lager
Teufelsmoor keine
Aufnahme.
Rechtsgrundlagen
für die Einweisungen.
Um Einweisungen in das
Arbeitszwangslager
ohne Zeitverlust durchzuführen und Störenfriede
unter den Arbeitslosen zur Ordnung zu bringen,
sind die gegebenen Rechtsgrundlagen, nach denen die Bewahrung
Asozialer
möglich ist, in Bremen rechtsschöpferisch
ausgelegt und in zielbewußter Zusammenarbeit mit
allen beteiligten Stellen, insbesondere der Polizeibehörde,
angewandt worden.
Das Arbeitszwangslager
Teufelsmoor ist von der
bremischen Aufsichtsbehörde auf Grund des § 16 des
bremischen
Ausführungsgesetzes zur [Reichsverordung
über die Fürsorgepflicht] RFV.
v. 25.7.33 (brem.
Gesetzbl. S. 261) in Verbindung mit § 20 Abs. 1 der RFV.
als geeignete
Unterbringung von
Arbeitsscheuen
und säumigen
Unterhaltspflichtigen anerkannt worden, ebenso
gemäß § 13 der Reichsgrundsätze
[RGr] über Voraussetzung, Art und Maß der
öffentlichen Fürsorge zur Anordnung der geschlossenen
Fürsorge, wenn die
Voraussetzungen für die Durchführung des
Arbeitszwangsverfahrens
nach § 20 RFV. nicht hinreichend gegeben sind, jedoch das
ganze Verhalten des Unterstützten
offenbar erkennen läßt, daß Arbeitscheu
vorliegt, oder wenn der Unterstützte
durch Verhetzung oder in anderer
Weise dazu beigetragen hat,
daß
Arbeitswillige angebotene Arbeit niederlegen,
oder wenn derselbe durch eigenes Verschulden seine Arbeit verloren
hat. Einweisungen
[auch] von entmündigten
Trinkern erfolgen
durch Bestimmung des Wohnortes seitens des
Vormundes.
Arbeitsordnung
Das
gerade im
Teufelsmoor das bremische Arbeitszwangslager
gegründed wurde, erklärt sich damit, daß hier die
besten Möglichkeiten gegeben waren, um
alle Zwangsarbeiter
zu
produktiver Arbeit heranzuziehen.
Das
Gelände, auf dem das
Lager
errichtet wurde, hat
direkte Verbindung mit dem einer Torfgewinnungsgesellschaft, der
„Turba“ Torfindustrie G.m.b.H., die ein ausgedehntes
Moorgebiet und entsprechende Fabrikanlagen im Teufelsmoor besitzt.
Die „Turba“
betreibt die Gewinnung und Verarbeitung von Torf und hat im Rahmen
des Vierjahreplanes wichtige Aufgaben zu erfüllen und zwar
sowohl für die Landwirtschaft als auch für die
Wehrmacht. Außerdem
ist das Werk nicht unwesentlich am deutschen Exportgeschäft
beteiligt. Wie hoch diese Arbeiten bewertet werden,
erhellt am besten daraus, daß die „Turba“
staatliche Genehmigung zur Einstellung ausländischer
Arbeiter erhalten hat, als sich die
Arbeitslosigkeit im Laufe der letzten Jahre in einen Arbeitermangel
wandelte. Man darf es daher wohl als
eine ebenso zweckmäßige
wie weitschauende Maßnahme bezeichnen, daß die
[ zwangsverpflichteten
] Insassen
des
bremischen Arbeitszwangslagers
von Anfang an auf
Grund vertraglicher Abmachungen mit der „Turba“
diese werteschaffende Arbeit im Torfwerk geleistet haben.
Infolge Anerkennung der „Turba“
als für die Durchführung des Vierjahreplanes wichtiger
Betrieb werden die
in dem bremischen Arbeitszwangslager Untergebrachten
auch nicht auf Grund des Erlasses des Reichs- und Preußischen
Ministers des Innern [
Dr. jur. Wilhelm Frick
(1877-1946) (hanged 16. Oktober 1946, Nürnberg Prison) ]
– Nr. VW I/4/387226 – vom 14.
4. 1938 durch die Staatspolizeistelle in Schutzhaft
genommen, sondern können im Teufelsmoor
verbleiben, soweit nicht in besonders gelagerten Ausnahmefällen
davon abgesehen werden muß.
Die
Art der im Teufelsmoor von den Lagerinsassen zu leistenden Arbeit
unterscheidet dieses Lager
von der sonst üblichen geschlossenen
Arbeitshäusern und
Arbeitsanstalten.
Die bremischen Zwangsarbeiter
haben täglich anstrengende
körperliche Arbeit im Freien von durchschnittlich zehnstündiger
Dauer auszuführen, wobei
auf größtmögliche Arbeitsleistung besonders geachtet
wird. Das
Arbeitspensum ist vorgeschrieben und wird kontrolliert.
Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die Verpflegung der
Arbeit[er]
angemessen und kräftig ist. Mehrleistungen über das
vorgeschriebene Arbeitspensum hinaus werden durch Zulagen belohnt,
während umgekehrt, wenn
das der körperlichen Konstitution angepaßte Arbeitsmaß
nicht erreicht wird,
Strafen verhängt werden
oder vorübergehend eine Schmälerung der Verpflegungsration
erfolgt. Im übrigen
können die Arbeiten so eingeteilt werden, daß in dem Lager
auch nicht voll erwerbsfähige Männer aufgenommen werden
können, die dann ihren Kräften entsprechend zur Arbeit
herangezogen oder aber auch innerhalb des Lagers
(z. B. mit Kalfaktordiensten und ähnlichem) beschäftigt
werden.
Die körperliche Arbeit im Freien bekommt den
Insassen,
insbesondere den Trinkern,
durchweg so gut, daß sie sich gesundheitlich herausmachen und
ihr Körper arbeits- und widerstandsfähig wird. Andererseits
sorgt die Abgeschiedenheit des Lagers,
die schwere Arbeit und die
strenge Lagerordnung dafür,
daß
der Wunsch,
bald wieder entlassen zu werden,
bei
den Insassen lebendig bleibt.
[
. . . . . . . . . . ]
Von der Praxis der Arbeitserziehung
im Teufelsmoor gibt der
folgende Bericht des Lagerführers ein anschauliches Bild:
„ . . . . . Die in das
Arbeitszwangslager
Teufelsmoor eingewiesenen Asozialen
und Trinker
stammen aus allen möglichen Berufen. Der z. Zt,
jüngste ist 19 Jahre, der älteste 64 Jahre alt. So
verschieden wie Beruf und Alter ist auch die körperliche und
geistige Verfassung der Eingewiesenen. Neben kräftigen, robusten
Gestalten findet man Leute von schwächlichem Körperbau,
vernachlässigter Muskulartur und wahre menschliche
Ruinen.
Natürlich ist es nicht einfach aus solchen
Elementen eine disziplininierte
Arbeitskolonne zu bilden und damit die unserem Lager
gestellte Aufgabe zu lösen. Vor allem ist es nicht leicht, die
vielen Eingewiesenen ihre – je nach Einstellung –
krankhafte oder böswillige Abneigung gegen jede anhaltende
körperliche Arbeit abzugewöhnen. Es ist erstaunlich, wie
konsequent und hartnäckig sich solche Männer gegen die
gräßliche Zumutung wehren, ihren eingerosteten alten Adam
den fürchterlichen Qualen regelmäßiger Arbeit
auszusetzen. [ . . . . . . . . . . ] Andere, ähnlich geartete
Insassen
machen in „seelischen Depressionen“, Nervenschmerzen und
sonstigen Dingen, um sich von der Arbeit zu drücken. Wieder
andere klappern ein ganzes Register von vorgeschützten und
eingebildeten Krankheiten herunter, das so ziemlich alles umfaßt,
was es an Krankheiten gibt, bis unserem tüchtigen Lagerarzt der
zu stark beanspruchte Gedultsfaden reißt, und er der ewigen
Litanei körperlicher Defekte ein kurzes, wirkungsvolles Ende
bereitet. – Sodann gibt es Leute, die in vorbildlichem Stil
epileptische Anfälle markieren und so der verhaßten Arbeit
nach besten Kräften aus dem Wege gehen möchten, bis ihnen
klipp und klar bewiesen wird, daß ihre Schwindelanfälle
nichts anderes sind als eben – Schwindel. Und schließlich
sollen auch die wackeren Männer nicht unerwähnt bleiben,
die es zu wahrer Meisterschaft im verschlucken von Löffelstielen,
Hosenknöpfen, Drahtenden und anderen schönen Sachen
gebracht haben.
Glücklicherweise haben wir gelernt,
solche
Gestalten individuell zu behandeln und
sie freundlich auf den Pfad der Tugend zurückzugeleiten. Daß
hierzu die Methoden einer Sonntagsschule nicht geeignet sind, dürfte
verständlich sein. Sanfte Ermahnungen sind hier nicht mehr am
Platz. Ebenso kann man jemanden nicht gut ins Gewissen reden, der
keines mehr hat. Um die Arbeits- und Lagerdisziplin unter allen
Umständen hochzuhalten, muß man in solchen Fällen
schon etwas deutlicher werden. Das gilt auch solchen
Elementen gegenüber, die sich der
verhaßten Diszipline durch die Flucht zu entziehen
versuchen.
Dem Grundsatz nach, das Arbeit immer noch die beste
Medizin ist, sorgen wir dafür, daß diese Medizin in nicht
zu kleinen Dosen verabreicht wird (s. S. 6 „Tagesordnung“).
[ . . . . . . . . . . ]
Die
Arbeiten im Moor sind verschiedenster Art und
richten sich nach der Jahreszeit. Im Winter Stechen von Torf und
Verladen, im Frühjahr Stuken (Umpacken), im Sommer und Herbst
Einmieten. [ . . . . . . . . . . ]
Das
Pensum und Tempo der Arbeit ist nicht dem Wohlwollen jedes
einzelnen
Insassen überlassen.
Wo es eben möglich ist, wird das tägliche bezw.
wöchentliche Pensum der Arbeit genau vorgeschrieben und
kontrolliert. [ . . . . . . . . . . ]
[ . . . . . . . . . . ]
In
dem Verwaltungsgebäude befindet sich außer den Zimmern des
Lagerführers, der Aufseher, des Kochs usw. die Lagerküche
und Kleiderkammer. Die
Kleiderkammer dient zur Aufbewahrung der von den
Insassen
abgegebenen
Kleidung sowie zur Aufbewahrung der Anstaltskleidung.
Die Kleidung der Insassen
ist besonders gekennzeichnet; schwierige oder fluchtverdächtige
Insassen
haben auf dem Rücken der Jacke ein großes TM [als
Kennzeichen für Teufelsmoor] in Blockschrift sowie Hosen, deren
eines Bein dunkelblau und deren anderes blauweiß gestreift ist.
Für regnerisches Wetter – die
Insassen müssen bei jeder Witterung ihre Arbeit im Moor
ausführen – sind Regenmäntel
vorhanden, die aus zweierlei Stoff angefertigt, also auch besonders
kenntlich gemacht sind.
Außerdem befindet sich im
Verwaltungsgebäude eine Einzelzelle, die
zur Unterbringung solcher Insassen
dient, die sich schwere Verstöße gegen die Lager- und
Arbeitsordnung haben zuschulden kommen lassen. Wenn ihre körperliche
Konstitution es zuläßt, werden diese Insassen
nicht etwa den ganzen Tag eingesperrt, sondern nur des Nachts bezw.
nach der Rückkehr von der Arbeit.
Lagerordnung
Bei
Aufstellung der Lagerordnung für das Arbeitszwangslager
Teufelsmoor ist Bedacht darauf genommen worden,
daß sie die Durchführung
straffer militärischer Disziplin unterstützt.
Das
gesamte Leben im Arbeitszwangslager ist auf militärische Ordnung
und Pünktlichkeit abgestellt. Die
wichtigsten Bestimmungen der Lagerordnung seien nachstehend
aufgeführt:
„……………
§ 2.
Arbeitszwang.
Die
Arbeiter werden ihren Kräften entsprechend
beschäftigt. Sie haben die ihnen von den Aufsehern angewiesenen
Arbeiten gewissenhaft auszuführen. Zu anhaltender und fleißiger
Arbeit sind sie strengstens verpflichtet. Wird die Arbeit
vernachlässigt und träge ausgeführt, kann der
Lagerführer Strafen verhängen; im Wiederholungsfalle wird
der Aufenthalt um einige Monate verlängert.
Bei
der Arbeit ist jegliche Unterhaltung strengstens verboten.
§ 6.
Ehrenbezeugung gegen Vorgesetzte.
Die
Arbeiter haben sich gegen ihre Vorgesetzten
bescheiden und achtungsvoll zu betragen. Die Anrede ist „Lagerführer“
bezw. „Aufseher“, der Gruß „Heil Hitler“.
In
den Freistunden haben sie, sobald ein Vorgesetzter die Räumlichkeiten
betritt, sich sofort von den Plätzen zu erheben und solange in
strammer Haltung stehen zu bleiben, bis der Vorgesetzte das Zimmer
verläßt oder zum Niedersetzen auffordert.
Während
der Arbeitszeiten in den Räumlichkeiten findet beim Eintritt
eines Vorgesetzten ein allgemeines Erheben von den Plätzen
[innerhalb Lagergebäuden oder Werkstätten] nicht statt.
Jedoch hat der
Arbeiter, sobald er von einem Vorgesetzten
angeredet wird, sofort aufzustehen und stramme Haltung anzunehmen.
§ 7.
Briefschreiben und Besuche.
Briefe,
welche der
Arbeiter wegschickt oder welche ihm
zugehen, werden
vom Lagerführer eingesehen, Briefe
mit aufreizendem Inhalt jeglicher Art werden nicht befördert
bezw. nicht ausgehändigt. Insassen,
die Post unter Umgehung der Lagerleitung aus dem Lager
befördern, werden mit 3 Monaten Aufenthaltsverlängerung
bestraft.
Jeder Arbeiter
darf allmonatlich einen Brief abgeben lassen und einen empfangen.
Besuch ist während des Aufenthalts im Lager
nicht gestattet.
§ 9.
Strafen.
Auflehnung gegen die Lagerordnung oder gegen die
Anordnungen der Vorgesetzten, Versuch der Flucht, Verleitung zur
Flucht und Flucht aus dem Arbeitslager
wird mit Verlängerung der Aufenthaltsdauer im Lager
bestraft. Die Aufseher sind verpflichtet, jeglichen Widerstand sowie
Widersäßigkeit jeglicher Art mit Gewalt zu brechen.
Bei
mangelnder Arbeitsleistung, die nicht auf körperliche oder
geistige Unfähigkeit zurückzuführen ist, kann der
Lagerführer eine Schmälerung der Verpflegungsration
vornehmen.
§ 10.
Belohnungen.
Bei fortgesetzt guter Führung kann diejenige Stelle, welche die Unterbringung in das Arbeitslager verfügte, eine Vorzeitige Entlassung anordnen.
……………”
Zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Lager
und Kontrolle der Arbeitsleistungen stehen dem
Lagerführer sechs Aufseher zur Seite. Sie haben seit
dem Bestehen des Lagers sich reiche praktische
Erfahrungen in der Behandlung der Insassen
erworben und sind den hohen, an sich gestellten Ansprüchen
sowohl hinsichtlich der Erziehung als auch der Betreuung und
Bewachung der Insassen
gewachsen. Zu ihrem persönlichen Schutz sind sie mit Pistolen
ausgerüstet, von der Waffe darf jedoch nur in der Notwehr
Gebrauch gemacht werden.
Die nachstehende Tageseinteilung, wie
sie im allgemeinen im Arbeitszwangslager
Teufelsmoor innegehalten wird, wenn nicht
besondere Umstände Abweichungen erfordern, zeigt, daß die
Insassen
immer beschäftigt sind, was
zweifellos im Verein mit der anstrengenden Arbeit für die
„Turba“
das beste Verfahren ist, um sie wieder
an geregelte Arbeit und Lebensführung zu gewöhnen. Wenn der
Tag zu Ende geht und auch alle Lagerarbeiten wie Wäschewaschen,
Zeugflicken, Kartoffelschälen usw. getan sind, sind alle
Insassen
rechtschaffen müde und froh, wenn sie sich ausruhen und
ins Bett gehen können. Über schlechten Schlaf hat noch kein
Insasse
des Lagers geklagt.
Verfahren zur
Einweisung von Insassen
Die Durchführung der
Arbeitszwangsverfahren
im Lager
Teufelsmoor geschiet für das Land
Bremen in folgender Weise:
Für die Antragstellung auf
Einleitung des Verfahrens gemäß § 20 RFV.
[Reichsverordung über die Fürsorgepflicht]
oder § 13 RGr. [Reichsgrundsätze] ist
die »Behörde für Wohlfahrt und Versicherungswesen«
zuständig. Anträge von den bremischen Dienststellen
(Fürsorgeamt,
Jugendamt) werden auf
besonderen Formularen eingereicht. Die
Entscheidung über Anträge nach § 20
RFV. fällt
der Regierende Bürgermeister – Innere
Verwaltung – , nach § 13 RGr. der
Präsident der »Behörde für
Wohlfahrt und Versicherungswesen«.
Sofort nach Erlaß
der Einweisungsverfügung
wird die bremische Kriminalpolizeileitstelle unter Übermittlung
eines Stückes dieser Verfügung
gebeten, den Betreffenden festzunehmen, worauf
er durch Beauftragte der »Behörde für
Wohlfahrt und Versicherungswesen« dem
Arbeitszwangslager
Teufelsmoor zugeführt
wird. Gegen die Einweisungsverfügung ist bei
Meidung der Rechtsmittel
binnen zwei Wochen seit der Bekanntgabe [nur]
die
Beschwerde an den Regierenden Bürgermeister
zulässig.
Die Vollstreckung der Verfügung wird hierdurch jedoch nicht
aufgehoben, sodaß der Betreffende ohne Rücksicht auf die
laufende Beschwerde zunächst dem Arbeitslager
zugeführt wird.
Einweisungen
von entmündigten
Trinkern erfolgen durch Bestimmung des Wohnortes
seitens des Vormundes,
in Bremen in der Regel durch die Beratungsstelle gegen den
Alkoholismus. Es
bedarf hierzu also keines besonderen Beschlusses,
sondern der Vormund
fragt einfach bei der »Behörde für Wohlfahrt und
Versicherungswesen« an, ob
und wann die Überführung erfolgen kann.
Soweit die Trinker
nicht entmündigt sind, kann ein entsprechender Antrag nach §
20 RFV. oder § 13 RGr. gestellt werden. [„Der
Beschluss“ oder
„die Aufenthaltsbestimmung“
des Vormundes, auch
hier, kann wohl als ähnlich dem „Einweisungsverfahren“
von
noch
nicht mündigen Fürsorgezöglingen
in
abgelegene
geschlossene Erziehungsanstalten angesehen
werden, wo auch keine
Rechtsmittel für Beschwerde zur Verfügung stehen,
aber man sich nur –
nachträglich – schriftlich an die einweisende Behörde,
das Jugendamt,
wenden kann (ein
völlig wirkungsloses und zweckloses Unternehmen seitens eines
Zöglings)].
Das
Arbeitszwangslager
Teufelsmoor wird
seiner besonderen Vorzüge wegen seit Jahren auch von anderen
Städten beschickt. In diesen Fällen ist die
Einleitung
und Anordnung des Arbeitszwangsverfahrens
selbstverständlich Sache der einweisenden Behörde,
desgleichen bei entmündigten
Trinkern. Ist das Arbeitszwangsverfahren
verfügt, so setzt sich die einweisende Behörde mit der
»Behörde für Wohlfahrt und Versicherungswesen,
Zentralverwaltung Bremen«, in Verbindung, um sich zu
vergewissern, ob und an welchem Zeitpunkt die Aufnahme erfolgen kann.
Ist dieser Punkt erklärt, so genügt es, wenn die
einweisende Behörde einige Tage vor der beabsichtigten
Überführung des Insassen
unter Übersendung eines Einweisungsbeschlusses
gemäß § 20 RFV. bezw. § 13 RGr.
oder der Aufenthaltsbestimmung
des Vormundes
den Zeitpunkt bekannt gibt, wann der Transport in
Bremen-Hauptbahnhof eintrifft. Der
Eingewiesene wird dann am Hauptbahnhof Bremen in
Empfang genommen und nach dem Arbeitslager
Teufelsmoor überführt. Amtsärztliche
Bescheinigung der Lagerhaftfähigkeit
sowie Anerkenntnis auf Übernahme der entstehenden Kosten sind
dabei dem Beauftragten der »Behörde für Wohlfahrt
und Versicherungswesen« zu übergeben.
Dauer
des Arbeitszwangsverfahrens.
Die Unterbringung im
Arbeitslager
Teufelsmoor erfolgt regelmäßig für
sechs Monate, in schweren Fällen auch für die
Dauer von 12 Monaten
und kann bei Verstößen gegen die Lagerordnung oder wenn
die beabsichtigte
Erziehung noch nicht erreicht ist, entsprechend
verlängert werden. In diesem Falle berichtet die
Lagerführung an die »Behörde für Wohlfahrt
und Versicherungswesen« und diese setzt sich dann mit der
betr. auswärtigen Behörde in Verbindung und schlägt
ihr die Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses bezw. bei
Trinkern
die Einholung einer entsprechenden Einverständniserklärung
des Vormundes
vor.
Bei etwa zwei Drittel aller Fälle genügt bisher
schon ein sechsmonatlicher Aufenthalt, um die beabsichtigte
Erziehungsmaßnahme zum vollen Erfolg zu
führen. Eine Ausnahme bilden die Trinker.
Bei ihnen ist die erforderliche Dauer ganz vom Einzelfall abhängig.
Da zu der Gewöhnung an geregelte Arbeitsleistung noch die
Entwöhnung vom Alkohol hinzukommt, scheint es nach den
Erfahrungen der Praxis wünschenswert, die Aufenthaltsdauer von
vornherein nicht unter einem Jahr festzusetzen.
[ . . . . . .
. . . . ]
[ . . . . . . . . . . ] Seit der Gründung des
bremischen Arbeitslagers
Teufelsmoor im September
1934 sind bisher insgesamt 280
Arbeitszwansverfahren
durchgeführt worden. [ . . . . . . . . . ]
[ . . . . . .
. . . . ]
Von weit größerer Bedeutung als die
praktisch durchgeführten Arbeitszwangsverfahren
war von Anfang an die moralische Wirkung des Arbeitszwangslagers
auf alle Volksgenossen, die in ihrer Einstellung zur Arbeit unsicher
waren. Die in Bremen besonders früh und erfolgreich betriebene
Arbeitsvermittlung der Wohlfahrtserwerbslosen [ WE ], die bereits in
den Jahren 1933/34 die Zahl der WE. auf weniger als
1/5 des Bestandes von 1932
zurückführte, wäre ohne das Arbeitszwangslager
kaum durchführbar gewesen.
[ . . . . . . . . . . ]
Die
erfolgreiche Arbeit des Arbeitszwangslagers
und der finanzielle Vorteil,
den der niedrige Kostensatz
bietet, haben bewirkt, daß das
Lager auch außerhalb Bremens gesteigertes
Interesse findet. So hat z. B. der »Deutsche
Gemeindetag Hannover« den ihm
angeschlosssenen Städten die Benutzung des
bremischen Arbeitslagers
empfohlen. – Nach der kurz bevorstehenden Fertigstellung
des Ausbaues kann die Belegschaft von bisher rund 50
auf 100 Insassen
erhöht werden.
Um das
Lager
im Interesse der
wirtschaftspolitisch wichtigen Torfgewinnungsarbeit immer voll
belegt zu halten, ist geplant, in erhöhtem Maße
auswärtige Asoziale
und Trinker
aufzunehmen. Außerdem wird zurzeit mit der
Polizei verhandelt, um arbeitsunwillige
wilde Wanderer nach Teufelsmoor
einzuweisen.
______________________________________
Das Arbeitszwangslager Teufelsmoor bildet nicht die einzige bremische Maßnahme gegen Asoziale; sie wird ergänzt durch die Wohnungsfürsorgeanstalt, eine geschlossenen Wohnkolonie zur Erziehung asozial erscheinender, meist kinderreicher Familien. Beide Einrichtungen werden im Bedarfsfalle kombiniert, um einen bleibenden Erfolg zu gewährleisten. (Einzelheiten über die Wohnungsfürsorgeanstalt s. Wohlfahrtswoche Hannover Nr. 26/1937).
Dr. Frese.
[ Die Hauptüberschrift, kursive, fette, ausgedehnte und in rechteckige Klammern gesetzte und wiedergegebene Schrift, und verschiedene Schriftarten, sowie Farben in diesem Schreiben wurde(n) zum Zwecke der Betonung und Aufklärung von dem jetzigen Redakteur hinzugefügt ]
[ Erstveröffentlichung auf dieser Webseite: 6. Juli 2004 ] [Hauptüberschrift vom hiesigen Redakteur hinzugefügt ]
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