Der Betreiber dieser nichtkommerziellen Webseite ist der hoch-engagierte Martin Mitchell in Australien (ein ehemaliges “Heimkind” in kirchlichen Heimen im damaligen West-Deutschland)


Fürsorgeerziehung im Nationalsozialismus

"Bewahrung" und "erbbiologische Aussiebung" von Fürsorgezöglingen

[ a combination of evangelism, eugenics and national socialism that would continue to exert its influence for decades to come
]

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Vermächtnis und Auswirkungen dieser Ideologien im Nachkriegsdeutschland und in der Bundesrepublik (1945 bis 1985) ]


Erweiterte Fassung eines Vortrags in der Gedenkstätte Breitenau in Guxhagen am 22.02.2000



Von Wolfram Schäfer
Institut für Erziehungswissenschaft,
Philipps-Universität Marburg,
Wilhelm-Röpke-Str. 6B,
35032 Marburg - Tel. 06421/2824968


Gliederung des Vortrags

Teil I – Rückblick auf die Situation der Fürsorgeerziehung am Ende der Weimarer Republik

Teil II – "Ausmerzereif oder förderungsbedürftig" - Die Entwicklung der Fürsorgeerziehung während des Nationalsozialismus unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Teil III – Forschungen über Fürsorgezöglinge zwischen 1933 und 1945 und ihre Wirkungsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland

In meinem Vortrag heute Abend möchte ich auf das Schicksal von Kindern und Jugendlichen eingehen, die, weil sie als "verwahrlost" galten oder von "Verwahrlosung", "Bewahrung" u. "erbbiologische Aussiebung" von Fürsorgezöglingen -- bedroht waren,1 aufgrund des Beschlusses eines Vormundschaftsgerichtes in einer geeigneten Familie oder in einer "Erziehungsanstalt", wie es im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 hiess, untergebracht waren.2

Teil I – Rückblick auf die Situation der Fürsorgeerziehung am Ende der Weimarer Republik

Am Ende der zwanziger Jahre befand sich die Fürsorgererziehung in einer schweren Krise. Diese vielfach beschriebene und gut dokumentierte Situation3 war markiert durch skandalöse Verhältnisse in einer ganzen Reihe von Fürsorgeerziehungsheimen, die zu etlichen Widersetzlichkeiten und Revolten seitens der Zöglinge führten. Zahlreiche Prozesse gegen Erzieher und Zöglinge enthüllten, dass zentrale Elemente der damaligen "Pädagogik" aus militärischem Drill und brutalsten Prügelstrafen bestanden, dass Dunkelarrest und Kostentzug in den Heimen an der Tagesordnung waren und sexuelle Übergriffe durch Erzieher durchaus nicht selten vorkamen.4 Wer autobiographische Berichte aus der damaligen Zeit liest, etwa Peter Martin LAMPELs "Jungen in Not - Berichte von Fürsorgezöglingen" von 1928 oder etwa Georg GLASERs Roman "Schluckebier", 1932 erschienen,5 der kann ohne weiteres nachvollziehen, dass die Fürsorgezöglinge "aus diesen Anstalten heraus einen geradezu fanatischen Hass gegen die Gesellschaft und ihre Einrichtungen mitbringen."6

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Was Rechtsgarantien betraf, waren die Zöglinge schlechter gestellt als Strafgefangene, denn während das RJWG von 1922 in § 1 zwar das Recht eines jeden deutschen Kindes auf Erziehung (§ 1) proklamiert hatte, war angesichts der Zustände in den FE-Anstalten vom Recht des Kindes in der Fürsorgeerziehung wenig zu spüren.7 Die Jugendlichen - dies wurde allerdings nur von wenigen kritischen Pädagogen so gesehen - begleitete ein Leben lang der Makel und das Stigma, Fürsorgezögling gewesen zu sein.8

Die schwierige Situation der Fürsorgeerziehung war auch gekennzeichnet durch die infolge der Wirtschaftskrise erfolgten Sparmassnahmen seitens der FE-Behörden und eine mit den offen gelegten Skandalen immer stärker werdenden Diskussion zur "Reinigung der Fürsorgeerziehung" von den sogenannten "Unerziehbaren". Im November 1932 wurden schliesslich Notverordnungen zum RJWG verabschiedet.9 Folgen dieser Verordnungen waren, dass einige tausend Jugendliche - sog. "ungeeignete und unbequeme Elemente" - aus der FE entlassen und faktisch über Nacht auf die Strasse gesetzt wurden, ohne dass andere gesetzliche Massnahmen für sie vorgesehen waren und es eine anderweitige Versorgung für sie gegeben hätte.10

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Allein in Berlin mussten 1.200 Jugendliche entlassen werden,11 in Preussen sank zwischen dem 30. September 1932 und dem 31. März 1933 die Zahl der Zöglinge insgesamt um 10.137 und zwar von 42.125 auf 31.988.12 Den im wahrsten Sinne des Wortes auf die Strasse gesetzten Fürsorgezöglingen blieb ähnlich wie denen, die schon früher aus der FE geflohen waren, nichts anderes übrig, als sich einer der vielen "wilden Cliquen" anzuschliessen, von denen es damals allein in Berlin ca. 600 gab.13 Initiativen zur "Reinigung der Fürsorgeerziehung" von sog. "unerziehbaren" oder "ungeeigneten" Zöglingen waren aus verschiedenen Quellen gespeist worden. Neben den politischen und ökonomischen Interessen in der Krise der späten zwanziger Jahre14 spielte die Tatsache eine gewichtige Rolle, dass sich innerhalb der Jugendfürsorge allmählich ein Paradigmenwechsel abzuzeichnen begann. Neben den Fürsorgegedanken trat zunehmend eine Orientierung auf "Aussonderung" und "Bewahrung", wobei diese Entwicklung auch auf den stärker gewordenen Einfluss eugenischen Gedankenguts zurückzuführen war.15 Rassenbiologie und Rassenhygiene waren zwar bis 1933 unter Sozialpädagogen nicht mehrheitsfähig gewesen,16 doch sie waren in dem in den zwanziger Jahren geführten Diskurs um die sog. "Unerziehbaren", die "Grenzen der Erziehbarkeit" und der Forderung nach Verabschiedung eines Bewahrungsgesetzes17 auch nicht störend. Wenn jahrelanger Aufenthalt in FE-Anstalten die Zöglinge nicht zu ändern vermochte, dann wurden Interpretationsangebote, dass dieser Misserfolg im Zögling selbst liegen musste, von den Verantwortlichen gerne zur Entlastung herangezogen.18 Eine überragende Bedeutung in der FE hatten die konfessionellen Heime und Anstalten. Folgende Angaben mögen dies dokumentieren.

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Am 31. März 1931 befanden sich in evangelischen Anstalten 13.046 Zöglinge, in katholischen 11.243, in jüdischen insgesamt nur 87 Kinder und Jugendliche. In privaten Anstalten ohne konfessionellen Charakter lebten lediglich 763, in staatlichen Anstalten insgesamt auch nur 5.767 Jugendliche.19 Vereinzelte reformpädagogische Konzepte innerhalb der Fürsorgeerziehung konnten sich gegen die Front der vorherrschenden - wie es hiess - "konfessionellen Rettungs- oder Bewahrpädagogik"20 nicht durchsetzen.21 Rassenbiologische und rassenhygienische Überlegungen, vorwiegend von Medizinern und hier insbesondere von Psychiatern in die Diskussion gebracht,22 gewannen im Verlauf der zwanziger Jahre zunehmend Einfluss in der Jugendfürsorge,23 wobei es zu ausgesprochen unheilvollen Verbindungen zwischen eugenischem Gedankengut und konfessioneller Bewahrpädagogik kam. Ich möchte dies exemplarisch anhand von Aussagen des evangelischen Pastors Helmuth SCHREINER dokumentieren. Als Gutachter im "Scheuen"-Prozess 1931, in dem die Missstände in dem Berliner Landerziehungsheim Scheuen im Kreis Celle verhandelt wurden und wobei der Anstaltsdirektor STRAUBE wegen "vorsätzlicher Körperverletzung" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurde,24 vertrat Pastor SCHREINER die Meinung, dass die gesamte Berliner Grossstadtjugend aus rassenbiologischen Gründen degeneriert sei.25 1931 veröffentlichte SCHREINER einen Aufsatz, in dem er sein biologistisches Deutungsmodell von Verwahrlosung mit einer theologischen Begründung von Unerziehbarkeit kombinierte. In der Zeitschrift "Innere Mission" konnte man dazu folgendes aus seiner Feder lesen:

"Die Schwierigkeiten in der Erziehung der Verwahrlosten enthüllen stärker als irgend eine andere Erziehungslage die Grenzen, die unserem pädagogischen Tun gesetzt sind. Es ist eine Hybris ohne gleichen, so zu tun, als sei grundsätzlich jeder Mensch

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erziehbar. Wir haben völlig vergessen, welche Grenzen uns die Natur setzt. Aus einer zerstörten Erbmasse ist mit keiner Milieupädagogik noch etwas herauszuholen. Wir können das beklagen, aber nicht ändern. Die Erbsünde ist auch auf diesem Gebiet eine gegenwärtige Realität. (...) Die sittlich autonome freie Persönlichkeit ist ein Phantom und wird es bleiben für alle Zeit. Wir sind Kreatur und als solche gebunden. Wir sind sündige Kreatur und als solche in Schuld verflochten ..."26

Dies war innerhalb evangelischer Kreise durchaus keine vereinzelte Stimme, im Gegenteil, insgesamt lässt sich feststellen, dass sich Ende der zwanziger/Anfang der dreissiger Jahre vor allem führende Vertreter der Inneren Mission zunehmend rassehygienischer Argumentationsmuster bedienten, wie z.B. auch der Leiter der Betheler Anstalten Friedrich von BODELSCHWINGH,27 in dessen Einrichtungen [besoders in Freistatt und Eckardtsheim] ebenfalls zahlreiche Fürsorgezöglinge untergebracht waren. Hinsichtlich der Vetreter eugenischen Gedankenguts in der Jugendfürsorge der Weimarer Republik muss der Blick insbesondere auf Vetreter jener Disziplin gerichtet werden, die bis in die 60iger Jahre hinein die Diskussion in der öffentlichen Erziehung über Fragen der "Erziehbarkeit" oder "Unerziehbarkeit" mit psychiatrischbiologistischen Interpretationen beherrschten; es geht um die deutsche Kinder- und Jugendpsychiatrie.28 Als einer der aktivsten Verfechter eugenischer Positionen in der Fürsorgeerziehung der zwanziger Jahre erwies sich der Jugendpsychiater Adalbert GREGOR, der noch im Jahr 1961 als "ein Wegbereiter der Jugendpsychiatrie" in der Zeitschrift "Unsere Jugend

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gefeiert wurde.29 GREGOR war in den zwanziger Jahren Direktor der Fürsorgererziehungsanstalt Schloss Flehingen.30 In zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen erwies GREGOR sich als ein unermüdlicher Streiter für die Differenzierung der FE nach Zöglingsgruppen, wozu - so in einer Aussage von 1921 - durch "die erbliche Belastung der Fürsorgezöglinge (...) die Fährte gegeben" sei.31 Er behauptete weiterhin, dass Verwahrlosung "vorwiegend endogen", also anlagebedingt sei,32 sprach von "der erblichen Übertragung der minderwertigen Charakterartung" und deren Unterbindung33 und empfahl bei "moralisch Indifferenten" Zöglingen die "Sterilisierung als rationelle Massnahme".34 1923 forderte er die "Ausscheidung der Erziehungsunfähigen" aus der Fürsorgeerziehung35 und ihre Einweisung in eine Verwahranstalt, wodurch eine "Schädigung des Volkskörpers" vermieden werden sollte.36 Für einen anderen bekannten Psychiater, den Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Hildesheim, Otto MÖNKEMÖLLER,37 sollten unerziehbare Fürsorgezöglinge 1926 "einer Sonderbehandlung verfallen".38

Obwohl Nervenarzt MÖNKEMÖLLER gestehen musste, dass er nicht imstande sei, eine "unfehlbare Feststellung" von "Unerziehbarkeit" zu treffen,39 definierte er doch Zöglingsgruppen, die als unerziehbar bzw. schwersterziehbar "einer Sonderbehandlung verfallen" müssten.40 Dazu gehörten seiner Ansicht nach die "unruhigen Geister", die "ewig unzufriedenen Elemente, die sich stets zurückgesetzt und beeinträchtigt fühlen, die heimlich und offen gegen die Erziehung angehen", "Vertreter einer mangelhaften

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Ethik und Moral" und auch "einzelne männliche Zöglinge als Rekruten mancher Formen des künftigen Wanderbettels, die ewigen Ausreisser".41 "Alle diese Störenfriede der Anstaltsruhe" (!), so der Psychiater MÖNKEMÖLLER wörtlich, seien in der Regel "Vertreter der Psychopathie".42 In diesem Zusammenhang sprach MÖNKEMÖLLER von einem "Konzentrationslager der Schwersterziehbarkeit", dem die Zöglinge nur "entrinnen" könnten, wenn sie sich gut führen würden.43 Auch Werner VILLINGER - Jahrgang 1887 -, der bis zu seinem Tode 1961 von seinen Standeskollegen als "Führer der deutschen Jugendpsychiatrie"44 und "Vater und Schöpfer einer deutschen Kinder- und Sozialpsychiatrie"45 geehrt wurde, beteiligte sich in den zwanziger Jahren massgeblich an der Debatte um die Behandlung angeblich "unerziehbarer" Kinder und Jugendlicher. Von 1946 bis 1959 war er übrigens Direktor der Universitätsnervenklinik Marburg, 1955/56 hatte er sogar, versehen mit dem "Grossen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland", das Rektorat der Philipps-Universität inne.46 30 Jahre zuvor - 1925 - hatte VILLINGER gefordert, "unerziehbare und asoziale Individuen" zur "dauernden Verwahrung in geeigneten Kolonien, sogenannten Verwahranstalten" unterzubringen.47 Seit 1926 Leitender Oberarzt beim Landesjugendamt Hamburg, zählte er die "Aussonderung praktisch Unerziehbarer" zu den allgemeinen Aufgaben des Jugendamtspsychiaters.48 Bereits 1927 begann VILLINGER mit der erbbiologischen Erfassung der vom Hamburger Jugendamt betreuten Kinder- und Jugendlichen.49 Den Ausführungen VILLINGERS zufolge ging von sog. abnormen Kindern, wozu er 1928 beispielsweise auch die "zur Schulentlassung kommenden Hilfsschüler und Sitzenbleiber" zählte,50 eine drohende Gefahr für Staat und Gesellschaft aus, denn diese "abnormen Kinder stellen später, im Volksganzen gesehen, das teils als Zersetzungsferment, teils als Ballast wirkende grosse Kontingent der Gemeinlästigen,

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Gemeinschädlichen und Gemeingefährlichen dar und bilden ein schweres Problem nicht nur für den Arzt, sondern auch für den Pädagogen, den Richter, den Seelsorger, den Soziologen, den Verwaltungs- und Strafvollzugsbeamten und nicht zuletzt für jeden steuerzahlenden Staatsbürger".51 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei den "Unerziehbaren", wie sie in den zwanziger Jahren von GREGOR, MÖNKEMÖLLER, VILLINGER und anderen definiert und beschrieben wurden, im wesentlichen um solche Jugendlichen und Erwachsenen handelte, die aus der Sicht der genannten Wissenschaftler "fürs soziale Leben untauglich" erachtet wurden,52 wobei hinsichtlich Verwahrlosung eine starke anlagebedingte, erbliche Komponente behauptet und bei einem erheblichen Teil der Fürsorgezöglinge zwischen "Verwahrlosung" und "Psychopathie" eine enge Beziehung gesehen wurde.53 Christel BRAIG, eine Schülerin des Tübinger Jugendpsychiaters LEMPP, kommt bei der Analyse zahlreicher Texte von Psychiatern hinsichtlich der Diagnose Psychopathie zu der bemerkenswerten Feststellung, "dass sie (also die Psychiater, W.S.) von Psychopathie reden, sobald sie sich in ihrer Autoritätsstellung angegriffen glauben."54 Vor diesem Hintergrund ist natürlich die Verwobenheit des Psychopathie- und des Unerziehbarkeitsbegriffs besonders aufschlussreich, wurden beide doch auch von Psychiatern geprägt, die gleichzeitig grossen Heim-Einrichtungen vorstanden.55

Die durch solche Interpretationen vorgenommene Problemverschiebung ist offenkundig: Erziehungsschwierigkeiten in den Anstalten, die das Personal mit den Zöglingen hatte, wurden "zu Erziehbarkeitsproblemen der Zöglinge umgedeutet und in den Diskurs über die Grenzen der Erziehbarkeit integriert".56 Landesrat HECKER aus der Rheinprovinz fasste 1931 diese Interpretation in der schlichten Feststellung zusammen: "Das Problem der FE. ist ein Problem der

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Reinigung! Aber nicht eine Reinigung von ungeeigneten Erziehern, sondern vielmehr von ungeeigneten Zöglingen."57 Binnen eines Jahrzehnts hatte sich damit der reformerische Anspruch des Reichjugendwohlfahrtsgesetzes (§ 1 "Recht auf Erziehung für jedes deutsche Kind") in die Stigmatisierung der sogenannten "Unerziehbaren" gewandelt. Detlev PEUKERT hat diese Entwicklung, also die "Zuwendung zu den Erziehbaren" einerseits und die "Ausgrenzung der Unerziehbaren" andererseits, treffend als "das Janusgesicht der modernen Sozialpädagogik" bezeichnet.58

Teil II "Ausmerzereif oder förderungsbedürftig" - Die Entwicklung der Fürsorgeerziehung während des Nationalsozialismus unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Der Allgemeine Fürsorgererziehungstag (AFET)59 hatte bereits am 26. Juli 1933 dem Deutschen Gemeindetag " Leitgedanken zur Gestaltung der Fürsorgeerziehung (FE.)" zugesandt. Darin hiess es: "Die Fürsorgeerziehung (FE.) als staatliche Ersatzerziehung hat sich ihrem Wesen und Charakter nach der Zielsetzung des Führers Adolf Hitler für den nationalsozialistischen Staat und für seine Erziehungsgrundsätze einzufügen."60

Ein "Rundschreiben der rheinischen Fürsorgeerziehungsbehörde an die Erziehungsheime vom 28. Februar 1936" trug vor diesem Hintergrund den aufschlussreichen Titel "Stärkere Trennung der erbgesunden von den erbgeschädigten Elementen in der Fürsorgeerziehung und schärfere Ausscheidung der Erziehungsunfähigen."61

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Hermann ALTHAUS,62 Reichsamtsleiter des Amtes "Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe" im Hauptamt für Volkswohlfahrt und Vorsitzender des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, formulierte 1939 das Ziel aller fürsorgerischen Massnahmen mit dem folgenden programmatischen Satz: "Alle Sorge und soziale Volkswohlfahrt dient aus grundsätzlicher Erwägung heraus dem Erbtüchtigen. Sie übt keine aussichtslose, das Volksvermögen verschleudernde Fürsorge für Erbkranke, sondern eine aufbauende Vorsorge für die Erbgesunden."63

Friedrich SCHAFFSTEIN, Mitglied des Reichsrechtsamts der NSDAP und Ende 1937 in der Akademie für Deutsches Recht Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Jugendstraf- und Jugendpflegerecht,64 seit 1954 dann Professor in Göttingen und einer der einflussreichsten Jugendstrafrechtslehrer, sein Kommentar zum Jugendstrafrecht erschien 1998 in der 13. Auflage, also dieser viel gelesene Jugendstrafrechtslehrer der Bundesrepublik formulierte 1936: "Eine weltanschauliche Schranke finden Strafvollzugserziehung und Fürsorgeerziehung nur im Rassegedanken, dem jede Kräfteverschwendung an erbbiologisch Minderwertige widersprechen würde. (...) Deshalb ist es notwendig, die Erziehungsarbeit mit einer gewissen Rigorosität auf diejenigen Gefangenen zu beschränken und zu konzentrieren, deren Erhaltung für die Gemeinschaft nach ihrer Persönlichkeit und nach ihrer erbbiologischen Veranlagung für Volkstum und Rasse wirklich wünschenswert erscheint."65 1937 veröffentlichte SCHAFFSTEIN in der Zeitschrift "Das Junge Deutschland" einen Beitrag, der den programmatischen Titel "Ausleserecht gegen Minderwertigenfürsorge" trug. Darin rief er dazu auf, die "Restbestände des alten humanitären Jugendwohlfahrtsrechts mit nationalsozialistischem Geist zu durchdringen und sich nicht umgekehrt von ihrem Geist durchdringen zu lassen."66 Weiterhin forderte er - "Auslese und Differenzierung in der Jugendhilfe im allgemeinen und in der bisherigen Fürsorgeerziehung im besonderen",67 wodurch die

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Fürsorgeerziehung "von den eigentlich asozialen, erheblich psychopathischen oder sonst biologisch unbrauchbaren Typen" entlastet werden sollte.68 Die Fürsorgeerziehung sollte sich sogar, wie es der Jugendpsychiater Max EYRICH 1938/39 als Landesjugendarzt von Württemberg formulierte, als "das erbbiologische Sieb dieser Jugend"69 entwickeln, wobei das "Sieben" nach "erb- und rassenbiologischen Gesichtspunkten" primär Aufgabe des Psychiaters sein sollte.70 Die Mitwirkung der Jugendpsychiater im FE-Verfahren wurde tatsächlich bedeutend ausgeweitet und aufgewertet, wobei die Verabschiedung des GzVeN am 14.7.193371 eine zentrale Rolle spielte.72 Als Ergebnis einer Ende Juli 1933 gestarteten grossen Umfrage an die Fürsorgeerziehungsbehörden fasste der AFET hinsichtlich der Mitwirkung der Psychiater folgendes zusammen:

"1. (...) besonders durch das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, sowie durch das zu erwartende Bewahrungsgesetz ergibt sich eine vermehrte Tätigkeit des Psychiaters in der FE. 2. Im Rahmen der von der Regierung angestrebten Einschränkungen minderwertigen Nachwuchses ist die psychiatrische Erfassung und Betreuung der in FE. befindlichen Mj. planmässig zu gestalten."73

Obwohl das Sterilisierungsgesetz erst am 1.1.1934 in Kraft treten sollte, beauftragte die Fürsorgeerziehungsbehörde des Rheinlandes bereits im September 1933 den Landesjugendpsychiater, die FE-Einrichtungen zwecks Feststellung der

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"erbkrankenverdächtigen" Zöglinge zu bereisen.74 Die exponierte Stellung der Jugendpsychiater in der öffentlichen Erziehung wurde auch in der Zeitschrift "Deutsche Jugendhilfe" herausgestellt. Ihre Aufgaben - hier am Beispiel Württembergs - wurden dabei folgendermassen beschrieben: "Der Landesjugendarzt (...) ist der psychiatrische Sachbearbeiter in allen Angelegenheiten der öffentlichen Erziehung, also auch in Fragen der Zöglingsauslese. (...) Ferner überprüft er sämtliche Minderjährigen Anstaltsinsassen vor ihrer Entlassung in erbgesundheitlicher Hinsicht und veranlasst gegebenenfalls die Durchführung der Unfruchtbarmachung."75

Die Fürsorgeerziehung erhielt also ganz offiziell und unmissverständlich, wie es der schon zitierte Landesjugendarzt Max EYRICH formulierte, einen "Doppelcharakter". Dazu gehöre die "Verpflichtung", neben der Gewinnung der Erziehbaren für die Gemeinschaft, "das auszusieben, was seiner Haltung nach für die Gemeinschaft und erbbiologisch für die künftige Generation nicht tragbar ist."76 Die Untersuchung und Selektierung der Zöglinge in erbgesundheitlicher Hinsicht fand in sog. "Beoabachtungskliniken" oder "Beobachtungsheimen" statt. In der Provinz Hessen-Nassau war die Sichtung der Zöglinge beispielsweise vier Landesaufnahmeheimen übertragen worden. Eines davon befand sich in Idstein im Taunus, in dessen Selbstdarstellung aus dem Jahr 1938 sich folgende Aufgabenbeschreibung findet: "Der Psychiater der Heil- und Erziehungsanstalt 'Kalmenhof' Dr. BRUNNER wird zu Durchführung der notwendigen Sterilisation und Begutachtung der evtl. Erziehungsunfähigkeit und Ausscheidung aus der Fürsorgeerziehung herangezogen."77 Von Idstein sind solche, sozusagen psychiatrisch ausgesiebte Fürsorgezöglinge, auch hier nach Breitenau gekommen.78

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Über die erbbiologische Sichtung und Siebung von Fürsorgezöglingen hinaus entwickelten führende Jugendpsychiater "Diagnosen" und Kriterien für die Zwangssterilisation dieser Jugendlichen, die selbst über die dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses zugrunde gelegten "Krankheitsbilder" hinausgingen.79 Adalbert GREGOR meinte beispielsweise, dass aufgrund der von ihm vorgenommenen Bewertungen und Berechungen an schulentlassenen und schulpflichtigen Fürsorgezöglingen aus dem Jahr 1934 zwischen 18,75 % (weibliche schulpflichtige Zöglinge) und 28,78 % (schulentlassene weibliche Zöglinge) für eine Sterilisierung infrage kämen,80 wobei er bei seiner Bewertung der untersuchten 1.433 Mädchen deren "moralisch minderwertigen bzw. antisozialen Disposition" eine "ausschlaggebende Bedeutung" bei mass. Aufgrund dieser Massstäbe hielt GREGOR also einen weit grösseren Kreis der Fürsorgezöglinge für sterilisierungsbedürftig, als es der Spruchpraxis der Erbgesundheitsgerichte entsprach, die zumindest zum damaligen Zeitpunkt ihre Entscheidungen noch primär von der genauso fragwürdigen "Intelligenzleistung"81 und nicht von der "antisozialen Disposition" abhängig machten.82

Bis zum 31.3.1935 war bei 2.693 Zöglingen, die Zahl entspricht 8,5% aller Zöglinge, ein Antrag auf Unfruchtbarmachung beim Erbgesundheitsgericht gestellt worden. In 1.520 Fällen (= 4,8 % aller Zöglinge), war rechtskräftig auf Sterilisation entschieden worden, über die restlichen 1.076 Anträge lag bis zum Stichtag noch keine rechtskräftige Entscheidung vor. In weiteren 1.683 Fällen (= 5,3% des Zöglingsbestandes), war die Prüfung wegen Stellung eines Antrags auf Unfruchtbarmachung noch nicht abgeschlossen. Der Anteil der als "erbkrank" oder "erbkrankverdächtigen" Zöglinge war mit 19,5% in Westfalen am höchsten, am niedrigsten in Oberschlesien mit 5,1 % und Wiesbaden mit 4,1%. 83

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Fürsorgezöglinge, die sich der drohenden Zwangssterilisation durch Flucht und Untertauchen zu entziehen versuchten, wurden übrigens wie Schwerverbrecher verfolgt. Am 16.5.1934 vermerkte das Jugendamt Münster beispielsweise, dass die Polizeibehörde ersucht worden sei, ein aus einer Erziehungsanstalt geflohenes Mädchen, unter Hinweis auf dessen angeordnete Sterilisation, "in Schutzhaft zu nehmen".84 "Sterilisanden" wurden zur Fahndung ausgeschrieben und "ihre Namen wurden in den kriminalpolizeilichen Fahndungsblättern veröffentlicht".85 (Bock, G. 1986. S. 257) Ein in einer evangelischen Anstalt verwahrtes Mädchen führte vor dem drohenden Eingriff mehrere Flucht- und Selbstmordversuche durch. Nachdem die Sterilisation doch erfolgte, sprang es aus dem Fenster und verstarb an den Folgen des Sturzes.86 Auch in Bethel kam es infolge von Sterilisierungsbeschlüssen zu Suiziden von Patienten.87 Vor allem am Wirken des schon genannten "Führers der deutschen Jugendpsychiatrie" in der frühen Bundesrepublik, Werner VILLINGER, lässt sich verdeutlichen, wie in die Beurteilung von Fürsorgezöglingen zunehmend "soziale Diagnostik" eindrang. In seiner Eigenschaft als Chefarzt der von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel 88 von 1934 bis 1940 war er auch für die dort untergebrachten 300 Fürsorgezöglinge89 verantwortlich. Obwohl VILLINGER damals zugeben musste, dass es vor allem bei Jugendlichen schwer sei, eine Erbkrankheit "im Sinne des Gesetzes"90 zu erkennen,91 ging er davon aus, dass etwa 50 % der in Bethel untergebrachten Fürsorgezöglinge "debil" und somit potentielle Sterilisanden im Sinne des Gesetzes mit der Diagnose "angeborener Schwachsinn" seien.92 Hatte ein "erbkrankenverdächtiger" Fürsorgezögling in Bethel Eltern, die mangelnde "Lebensbewährung" gezeigt hatten, dann war der betreffende Jugendliche ein Sterilisierungskandidat. Die erbliche Belastung eines Fürsorgezöglings wurde also auf

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solch äussere Tatsachen gegründet, "ob Vater oder Mutter oder andere nähere Angehörige einen liederlichen Lebenswandel geführt" hatten.93 In Bethel wurden insgesamt 1093 Zwangssterilisationen durchgeführt,94 der überwiegende Teil während VILLINGERS Chefarzttätigkeit. Aus Aussagen von früheren Patientinnen in Bethel wissen wir, dass das zuständige Erbgesundheitsgericht im Besuchszimmer von Bethel tagte95 und dort im Fliessbandverfahren96 die Sterilisationsprozesse abwickelte. 30-40 Fälle wurden an einem Nachmittag verhandelt97. Meine Überschlagsrechnung ergab, dass in durchschnittlich nicht einmal 7 Minuten in der Anstalt Bethel der Inneren Mission über die Sterilisation eines dort untergebrachten Patienten entschieden wurde. VILLINGER war seinerzeit übrigens Beisitzer beim Erbgesundheitsobergericht in Hamm98 und liess selbst Ausländer sterilisieren, was das Gesetz gar nicht vorsah. "Wir haben" - so VILLINGER damals wörtlich - "im einen Fall eine Ausnahme gemacht, ein österreichischer Junge aus Braunau, dem Geburtsort Hitlers [...]. Die übrigen haben wir so behandelt wie die Inländer."99 Wenn man sich die folgenden Worte vom Juli 1934 über den Sterilisierungs-Alltag in Bethel vergegenwärtigt, dann lässt sich erahnen, dass sich dort dramatische Szenen abgespielt haben müssen: "Unser Krankenhaus kann zur Zeit mit den Sterilisierungen nicht ganz nachkommen. Wir haben nur einmal in der Woche Sterilisierungstag, wo nur eine beschränkte Zahl erledigt werden kann. Es geht dann auf Hauen und Stechen."100

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Auch in Bethel kam es infolge von Sterilisierungsbeschlüssen zu Suiciden von Patienten.101 Diejenigen, die gegen diese Zustände in der grössten Einrichtung der Inneren Mission protestierten, hatten nur mit gnadenlosem Unverständnis zu rechnen. Im November 1934 äusserte [sich Werner VILLINGER] bei einer Tagung des AFET in Würzburg über Eltern, die in Briefen an ihre in Bethel untergebrachten Kinder Unmut über deren bevorstehende Sterilisierungen geäussert hatten, folgendes: "Zum Teil dürfte das auf den elterlichen Schwachsinn zurückzuführen sein, zum Teil auch darauf, dass sie früher andere politische Einstellungen hatten und von daher in ihrem Denken noch beeinflusst sind."102 Angesichts der Bedeutung, die Werner VILLINGER bis 1961 in der deutschen Jugendpsychiatrie und in der Jugendhilfe hatte, vor allem hinsichtlich des Wiederaufbaus der Jugendfürsorge in der Bundesrepublik, möchte ich aus einer Rede von ihm zitieren, die er vor der "Christlichen Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundung" am 25.6.1935 hielt: "Mit Schaudern denken wir an die Jahre nach dem Krieg zurück (...). Fortschrittsglaube, Freihandel, Frauenemanzipation, Pazifismus, Koedukation, Gleichheit aller Menschen, Aufklärung, Nacktkultur, vor allem aber 'Freiheit', und diese wieder am uneingeschränktesten auf dem Gebiete der 'Liebe', - wir kennen alle diese Schlagwörter und Bestrebungen, die in jener Zeit die Köpfe (...) verwirrten (...). Bis endlich der langersehnte Umschwung kam und mit ihm biologisch fundiertes Denken und Handeln beim Staat und von da aus auch bei unserem ganzen Volk seinen Einzug hielt. Eugenik, positive und negative, lautete jetzt die Parole." Diese Worte waren übrigens in der Zeitschrift "Die Innere Mission" abgedruckt.103 Der Herausgeber der angesehenen "Psychiatrisch-Neurologischen Wochenschrift" schrieb 1934 in einer Rezension, man solle diejenigen, die "gegen das Gesetz (zVeN, W.S.) aus Welt- oder vielmehr Hinterweltanschauungs-Gründen (in Wirklichkeit politischen Gründen) eifern und es mittels seelischer Schwarzarbeit zu sabotierenversuchen, (...) geistig und körperlich in erster Reihe kastrieren". Zitat nach Bock, G. (1986) S. 192. "Ohne biologische Gesichtspunkte" - so formulierte er an anderer Stelle und dabei auf die Zeit der Weimarer Republik zurückschauend - "(...) schien in einer Zeit fast schrankenlos individualistischer Einstellung grosser Teile der Bevölkerung und einer einseitigen Bevölkerungspolitik des Staates, der unter der Devise 'Schutz den Schwachen' geradezu die Schwäche, die moralische, biologische und strafrechtliche, züchtete und die Gesundheit des Volkskörpers und das soziale Zusammenleben gefährdete, die Fürsorge selbst zu einem Beschleunigungsfaktor der bedenklich um sich greifenden Entartung zu werden. Im nationalsozialistischen Staat, der in seinem Denken biologisch fundiert ist, besteht diese Gefahr nicht mehr. Das Erbkrankheitenverhütungssgesetz will die durch unsere zivilisatorischen und kulturellen überaus verwickelten Lebensverhältnisse stark zurückgedrängten und oft geradezu in ihr Gegenteil verkehrten Auslesevorgänge planmässig ersetzen und damit eine weitere Zunahme des erbbiologisch unterwertigen Volksteils nach Kräften verhüten." VILLINGER 1935b. S. 235.

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1939 begründete VILLINGER schliesslich die "Notwendigkeit eines Reichsbewahrungsgesetzes vom jugendpsychiatrischen Standpunkt aus". Es gehe nicht an, mit "solchen erbbedingt haltlosen, mehr oder weniger unverbesserlichen Jugendlichen die Fürsorgeerziehungsanstalten zu belasten", und noch "viel unmöglicher" sei es, "gesunde, psychisch vollwertige Volksgenossen der seelischen oft auch der körperlichen - Infektion durch sie auszusetzen".104 Durch die "Früherfassung der Bewahrungsbedürftigen" entlaste man "die Fürsorgeerziehungsanstalten von all den Störenfrieden und Unverbesserlichen, die heute die Fürsorgeerziehung so überaus mühevoll und oft so aussichtslos machen."105 Obwohl auch in den von Bodelschwinghschen Anstalten [besonders in Freistatt und Eckardtsheim] Prügel für Fürsorgezöglinge an der Tagesordnung waren - der Oberdiakon von "Haus Moorburg" [in Freistatt] hatte im rechten Stiefel immer eine Reitgerte stecken - 106 war Chefarzt VILLINGER der Meinung, dass "die Lebensverhältnisse" in den FE.-Heimen "weithin" den "natürlichen Bedingungen" entsprachen.107 Allerdings geht selbst aus der damaligen Fachliteratur hervor, dass es sich bei dieser Wertung um eine völlige Verharmlosung der tatsächlichen Lebensumstände in den FE-Anstalten handelte. Zöglinge schilderten in publizierten Berichten, dass sie "wegen ungehörigen Betragens oder Unachtsamkeiten bei der Arbeit mit Fäusten, Fusstritten, Schaufelstielen, dicken Stöcken u.a. misshandelt worden seien."108 In der Heilerziehungsanstalt Kalmenhof (Idstein/Taunus) war beispielsweise ein häufig angewandtes "Erziehungsmittel" das Schlagen mit dem Ochsenziemer.109 Wenn Andreas MEHRINGER, im "Dritten Reich" Mitarbeiter der NSV-Jugendhilfe und in dieser Eigenschaft auch ein Befürworter der "Beseitigung des Erbminderwertigen" aus der Jugendhilfe,110 1982 im Rückblick auf diese Zeit von der

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"fast noch mittelalterlichen Härte", die in den damaligen Fürsorgererziehungsanstalten herrschte, schrieb, dann war dies keineswegs übertrieben.111 Anlässlich des Gründungskongresses der "Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik" am 5. September 1940 in Wien, die heutige "Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie" betrachtet dieses Ereignis übrigens als ihre Geburtsstunde,112 wurde in verschiedenen Referaten auch das Thema "Schwererziehbarkeit", "Unerziehbarkeit" und Fürsorgeerziehung behandelt.113 VILLINGER hielt eine Rede, die insofern herausragte, als sie am stärksten politische und fachliche Implikationen verband. Sie trug den Titel "Erziehung und Erziehbarkeit". Darin entwickelte er ein pädagogisches Konzept, dass er mit der Formel "Verwahrlosungsverhütung durch autoritäre Massnahmen" beschrieb,114 wozu er das schon seit Jahren von ihm vorgeschlagene "Bewahrungsgesetz" empfahl. Ein solches Gesetz würde, so hatte er schon ein Jahr zuvor ausgeführt, "das nationalsozialistische Gesetzeswerk zum Schutze der Volksgesundheit im weitesten Sinn und zum besten einer ungestörten, leistungsfähigen Volksgemeinschaft wirkungsvoll abrunden, indem es dem Volkskörper Schädlinge und Schmarotzer fernhält, bei der eugenischen Ausmerze wichtige Dienste leistet, der Entstehung des Verbrechertums wirksam vorbeugt und die Fürsorge erst wirklich im nationalsozialistischen Geiste um- und auszugestalten gestattet."115 Darüber hinaus betonte er sogar, dass die zu bewahrenden Erwachsenen "vielfach zugleich auch politisch sehr unzuverlässige und aufreizende Elemente" seien,116 was für die Betroffenen einer geradezu tödlichen Bedrohung gleichkam. Die Anwesenheit von Vertretern mehrerer Ministerien, des Reichsgesundheitsamtes, des Deutschen Gemeindetages und der Reichsjugendführung117 nutzte VILLINGER 1940 in

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Wien, um mit der Weimarer Republik abzurechnen. Sich auf die am Anfang meines Beitrags erwähnte schwierige und skandalöse Situation der Fürsorgeerziehung in den zwanziger Jahren beziehend, lobte er die jetzigen Zustände in den Heimen mit folgendem denkwürdigen Satz: "Sie sind wie ausgestorben, jene widerspenstigen Lümmel, die einst die öffentlichen und privaten Fürsorgeerziehungsanstalten bevölkerten und nach Belieben die 'Revolten im Erziehungshaus' inszenierten."118 Sie waren zum Teil wirklich im Wortsinn "ausgestorben", die "widerspenstigen" Fürsorgezöglinge, totgeprügelt oder nach Fluchtversuchen durch Injektionen ermordet.119 In einem anderen der Wiener Vorträge vom Herbst 1940 wurde auch eine der von mir erwähnten "Sichtungs- und Beobachtungskliniken" vorgestellt. Es referierte Hans Aloys SCHMITZ, Leiter der Rheinischen Landesklinik für Jugendpsychiatrie. Hinsichtlich der inhaltlichen Aufgaben seiner Klinik stellte er zusammenfassend fest, dass an "die Stelle einer unterschiedslosen Fürsorgetätigkeit (...) eine planvolle Sichtungsarbeit getreten (ist) mit klarer Ausrichtung auf ein dem deutschen Volke gemässes Idealbild körperlich-seelischer Gesundheit."120 Schon Jahre zuvor hatte SCHMITZ konkretisert, was dies praktisch bedeutete. 1938, in seinem Beitrag über die "Entwicklung der Jugendpsychiatrie in der Rheinprovinz", hatte er von "auslesender Diagnostik"121 gesprochen und den "Nationalsozialismus" ausdrücklich gelobt, der in "das junge Arbeitsgebiet der Jugendpsychiatrie" "einen entscheidenden Umbruch in der grundsätzlichen Denkrichtung dadurch (brachte), dass er die Entscheidung 'ausmerzereif oder förderungsbedürftig' an Anfang und Ende jeder ärztlichen erzieherischen und richterlichen Tätigkeit setzte."122 Der 1. Vorsitzende der Gesellschaft, SCHRÖDER aus Leipzig, bot in seinem Grundsatzreferat "Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik" zur Auslese des HJ- und BDM Führerkorps gar jugendpsychiatrische Kompetenz an123 wohingegen die Eingliederung "geschädigter und nicht vollwertiger Kinder" "unter stetiger sachkundiger

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Auswahl der Wertvollen und Erziehungsfähigen, mit ebenso strengem und zielbewusstem Verzicht auf die als überwiegend wertlos und unerziehbar Erkannten" stattfinden sollte.124 Die im Herbst 1940 in Wien gehaltenen Referate der führenden Standesvertreter der deutschen Jugendpsychiatrie dokumentieren auf geradezu bedrückende Weise, dass die "Deutsche Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik" den anwesenden Staats- und Parteivertretern ausrücklich bestätigte, dass die der NS-Sozial- und Gesundheitspolitik zugrunde liegende Dichotomie von "fördern" und "ausmerzen" auch die ihre war. Vor diesem Hintergrund ist die folgende Darstellung dieses historischen Sachverhalts durch die heutige "Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie" nicht nur eine beschönigende, sondern eine geradezu skandalöse Aufarbeitung ihrer Geschichte: "Durch die Herrschaft des Nationalszoialismus wurden die berufspolitischen Aktivitäten sehr behindert und zum Teil in ihren Zielen verfälscht und belastet."125

Trotz intensiver Bemühungen kam ein Bewahrungsgesetz nicht zustande;126 die zahlreichen Entwürfe blieben im Kompetenzgerangel zwischen Fürsorge, Justiz und Polizei stecken.127 Auch ein geplantes "Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder" trat nicht mehr in Kraft.128 Die als "unerziehbar" definierten Fürsorgezöglinge wurden aber während der gesamten Debatte, sozusagen im Vorgriff auf die ausstehende gesetzliche Lösung, schon innerhalb der FE ausgegrenzt, eine Praxis, die die FE-Behörden "Bewahrung innerhalb der Fürsorgeerziehung" nannten.129 Zu diesem Zwecke richtete beispielsweise die rheinische FE-Behörde bereits 1934 besondere "Bewahrungsstationen" ein, die sich ausserhalb der FE-Heime befanden.130

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Nach Berechnungen der rheinischen FE-Behörde (1.4.1935-31.3.1936) sollten 1,42% der Zöglinge für eine Bewahrung in Frage kommen.131 Um zu verhindern, dass, wie es das RJWG vorsah, Fürsorgezöglinge auch ohne das Eintreten eines "Erziehungserfolgs" mit dem 19. Lebensjahr entlassen werden mussten, schaltete sich HITLER persönlich ein. Reichsleiter BORMANN schrieb am 30.8.1941 aus dem Führerhauptquartier an Reichsminister LAMMERS, dass der Führer wünsche, dass Zöglinge, die nach Vollendung ihres 19. Lebensjahres aus der Fürsorgeerziehung ausscheiden müssen, auch wenn das Ziel der Fürsorgeerziehung als nicht erreicht angesehen wird, "dann keinesfalls frei gelassen werden; sie sollen ohne weiteres sofort auf Lebenszeit ins Konzentrationslager kommen. (...) Der Führer wünscht, dass solche minderwertigen Subjekte nicht erst aus der Fürsorgeerziehung entlassen, sondern sofort in ein Konzentrationslager auf Lebenszeit überführt werden."132 Praktiziert wurde eine solche "Überführung" auch aus der hessischen Anstalt Haina, aus der man am 2. April 1944 17 Patienten ins Konzentrationslager Mauthausen "verlegte", darunter "Fürsorgezöglinge, Schulversager, Epileptiker, 'Psychopathen' und 'Schwachsinnige'".133

Während die Anordnung HITLERS eine gesetzliche Bewahrungsregelung für die Gruppe der zu entlassenen Fürsorgezöglinge obsolet gemacht hatte, war schon ein Jahr zuvor eine Bewahrungslösung für minderjährige "unerziehbare" Jugendliche in der Kompetenz der Polizei aufgebaut worden. Seit Mitte August 1940 war mit grosser öffentlicher Resonanz in den einschlägigen Fachpublikationen und der Tagespresse in Moringen ein Jugendschutzlager für Jungen in Betrieb genommen worden,134 das zutreffender als Jugendkonzentrationslager

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bezeichnet werden muss.135 Die "Konzentrationslager der Schwersterziehbarkeit", wie MÖNKEMÖLLER die Anstalten in den zwanziger Jahren beschrieben hatte, fanden in Moringen 1940 und im Jugendschutzlager für Mädchen Uckermark in unmittelbarer Nachbarschaft des KZ Ravensbrück 1942 ihre radikalisierte Verwirklichung. Für Moringen sind 1.386 Einweisungen nachgewiesen, mindestens 89 Jugendliche sind in Moringen zu Tode gekommen.136 1.100 weibliche Jugendliche und junge Frauen wurden in Uckermark gefangen gehalten. Für beide "Jugendkonzentrationslager" war als Kriminalbiologe der Jugendpsychiater und "Zigeuner"-Forscher Robert RITTER zuständig.137 Er hatte ein Differenzierungsblocksystem entwickelt, das sich folgendermassen aufbaute: Beobachtungsblock, Block der Untauglichen, Block der Störer, Block der Dauerversager, Block der Gelegenheitsversager, Block der fraglich Erziehungsfähigen, Block der Erziehungsfähigen und schliesslich ein Stapo-Block (von der Gestapo eingewiesene Zöglinge).138 SS-Standartenführer und Oberst der Polizei im Reichssicherheitshauptamt, Paul WERNER, zuständig für "vorbeugende Verbrechensbekämpfung", von 1952 bis zur Alterspensionierung 1966 Ministerialrat im baden-württembergischen Innenministerium in Stuttgart,139 hatte die Aufgaben der beiden Jugendschutzlager Moringen (für Jungen seit August 1940) und Uckermark (für Mädchen seit Juni 1942) folgendermassen definiert: "Aufgabe der Lager ist es nun, die eingewiesenen Lagerzöglinge auf ihre Erziehbarkeit zu sichten, die noch erziehbar erscheinenden mit geeigneten Mittel zu erziehen,140 um sie vielleicht doch noch für die Volksgemeinschaft zu gewinnen oder zurückzugewinnen, und die unerziehbaren bis zu ihrer endgültigen Überführung in ein

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Konzentrationslager oder in andere Einrichtungen zu verwahren unter grösstmöglicher Ausnutzung ihrer Arbeitskraft."141 Spätestens mit dem Erziehungsfürsorge-Erlass des Reichsministeriums des Innern vom 25.08.1943142 spiegelte sich die nationalsozialistische Auffassung von einer "völkischen Jugendhilfe" in folgender Dreiteilung wider:

1. - Erziehungsfürsorge für die sog. erbgesunde u. wertvolle Jugend in der Verantwortung der NSV in 130 Jugendheimstätten mit ca. 8000 Plätzen

2. - die "normale" Fürsorgeerziehung für die noch als erziehbar eingeschätzten Kinder und Jugendlichen

3. - die Jugendschutzlager für die erbminderwertigen und als unerziehbar bezeichneten Jugendlichen.143

Teil III Forschungen über Fürsorgezöglinge zwischen 1933 und 1945 und ihre Wirkungsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland

Ausgehend von der Wirkunsgeschichte dieser Forschungen bis in die 60iger Jahre der Bundesrepublik hinein, stehen im Mittelpunkt meiner Betrachtungen die Arbeiten von Hermann STUTTE. Nach Werner VILLINGERS Tod, offiziell starb er 1961 bei einem Bergunfall, war es sein ehemals engster Mitarbeiter und Oberarzt Hermann STUTTE, der als "Pionier der deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie" (HARBAUER)144 als ihr "Nestor" und ihre "Vaterfigur" (REMSCHMIDT)145 geehrt wurde. STUTTE - 1946 zusammen mit VILLINGER aus Tübingen nach Marburg gekommen - war 1954 der erste deutsche Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marburg

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übertragen worden,146 die von ihm geleitete Klinik an der Philipps-Universität war die erste selbständige deutsche Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Angeregt durch seinen damaligen Chef H. F. HOFFMANN, hatte Hermann STUTTE bereits 1934 an der Universitäts-Nervenklinik Giessen mit "Erbbiologischen Forschungen" über Giessener Fürsorgezöglinge begonnen. Ziel dieser Arbeit war, wie HOFFMANN in einem Vortrag im November 1935 ausführte, "in absehbarer Zeit Ergebnisse vorlegen zu können, die uns einen Schritt weiterführen auf dem Weg zur Sterilisation asozialer und antisozialer abnormer Charaktere".147 Es sollte versucht werden, wie es in einem Gutachten der DFG vom 31.5.1935 hiess, (Gutachter RÜDIN) zu dem Giessener Forschungsvorhaben hiess, "die Erbbiologie der Fürsorgezöglinge im Hinblick auf die Notwendigkeit praktischer Rassenhygiene zu klären".148 Durch zahlreiche "Anzeigen", "Anträge auf Unfruchtbarmachung" und Begutachtungen Erbgesundheitsgerichte beteiligte sich STUTTE in den folgenden Jahren in "praktischer Rassenhygiene".149 Seine "erbbiologische Forschungen" an Fürsorgezöglingen setzte er nach dem Wechsel mit seinem Chef HOFFMANN von Giessen nach Tübingen in Württemberg fort,150 mit den Ergebnissen seiner Untersuchung habilitierte er sich 1944 erfolgreich in Tübingen. STUTTES Habil.-Schrift trug damals den Titel "Über Schicksal, Persönlichkeit und Sippe ehemaliger F.Z. (Beitrag zum Problem der sozialen Prognose)".151 STUTTE teilte die von ihm untersuchten Fürsorgezöglinge, hinsichtlich ihres Lebenserfolgs in 2 grosse Gruppen ein, die Sozial-Brauchbaren (56,2 %) und die Sozial-Minderwertigen (43,8 %).152 (Hervorh. i. Orig.) Während sämtliche Originalexemplare der Habil.-Schrift auf nicht nachvollziehbare Weise verschwunden sind, sind die beiden Gutachten zur Habil.-Schrift erhalten

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geblieben, Teile der Habil.-Schrift hat STUTTE darüber hinaus in zahlreichen Aufsätzen nach 1945 veröffenlicht. Nach HOFFMANNS Gutachten - also dem seines damaligen Chefs - war die "Arbeit von Stutte (...) eine der wichtigsten Untersuchungen auf dem Gebiete der Asozialen und ihrer Erziehung bzw. Bekämpfung".153 HOFFMANN hatte die Forschungsarbeit STUTTES über Fürsorgezöglinge auch Prof. RÜDIN (München), dem Kommentator des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses", und, wie er damals genannt wurde, dem Altmeister der psychiatrischen Erbforschung, vorgelegt. RÜDIN hatte sie als 'vorzüglich und wertvoll' beurteilt und sie bereits zur Drucklegung in der von ihm herausgegebenen Monographien-Sammlung angenommen hatte.154 Vor dem Hintergrund dieser Bewertungen erklärt sich nun möglicherweise das Verschwinden der Habil.-Schrift STUTTES und die Tatsache, dass der Autor ihren Titel mehrfach einer geradezu aufschlussreichen Metamorphose unterzogen hat.

Im Jahr 1948 zitierte er seine Arbeit korrekt: "Über Schicksal, Persönlichkeit und Sippe ehemaliger F.Z. (Beitrag zum Problem der sozialen Prognose). nicht veröffentl. Habil.-.Schr. Tübingen 1944."155

1960 finden wir bei ihm folgende Version: "Über Persönlichkeit, Familie und soziales Schicksal ehem. Fürsorgezöglinge. Habil.- Schrift Tübingen 1943."156

1977 schliesslich heisst es: "Die noch vor Kriegsbeginn abgeschlossene Arbeit ('Untersuchungen über den sozialen Ausgang ehemaliger Fürsorgeflüchtlinge') wurde 1943 von der Tübinger Fakultät als Habilitationsschrift angenommen.^157

Ab 1947 veröffentlichte STUTTE, teilweise zusammen mit VILLINGER, zahlreiche Beiträge, die auf Ergebnisse seiner Forschungen über Fürsorgezöglinge während der NS-Zeit zurückgriffen.

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In einem Beitrag von 1948, der programmatisch "Zeitgemässe Aufgaben und Probleme der Jugendfürsorge" hiess,158 wurde schon wieder "die Schaffung eines Arbeitsdienstes (mit Überwachung von jugendpsychiatrischer Seite)" und ein "nach biologischen Gesichtspunkten differenzierte(s) "Fürsorgeerziehungswesen" gefordert. Als vorbildlich propagierten STUTTE und VILLINGER dabei explizit die Gliederung der Fürsorgeerziehung von Württemberg aus dem Jahr 1938.159 Mit dem gleichen Vokabular von einst beschrieben sie ihre Aufgabe im Nachkriegsdeutschland - nämlich "Sichtung, Siebung und Lenkung dieses Strandgutes von jugendlichen Verwahrlosten und Dissozialen." Und - in völlig unveränderter Diktion zur NS-Rassenhygiene schrieben die beiden Vaterfiguren der Deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie 3 Jahre nach der Zerschlagung des NS-Staates, die "Fürsorgeerziehung" solle sich "der sozialbiologischen Unterwertigkeit des von ihr betreuten Menschenmaterials" vergegenwärtigen.160 Hermann STUTTE entwickelte darüber hinaus 1949 auf der Grundlage seiner Untersuchungsergebnisse von 1934 bis 1944, hinsichtlich des Lebenserfolgs von Fürsorgezöglingen, eine "Stufenleiter sozialer Brauchbarkeit, die sich ausspannt etwa zwischen dem sozial völlig geordneten, mittleren Beamten und dem arbeitsscheuen Gelegenheitsarbeiter, dem beruflich tüchtigen und strebsamen Eigenheimbesitzer und dem mittellosen Vagabunden, der Frau und Mutter im geordneten Hauswesen und der Prostituierten, der nicht bestraften kleinen Amtsperson und dem polytropen Rückfallverbrecher oder dem querulierenden Wohlfahrtsparasiten".161 An der Philipps-Universität Marburg wurde 1948 durch Hermann STUTTE auch eine jugendpsychiatrische Diagnose wiederbelebt, die im unmittelbaren Kontext der nationalsozialistischen Rasseforschungen an Sinti und Roma entstanden war. In einem Beitrag "Über die Nachkommen ehemaliger Fürsorgezöglinge" schrieb Hermann STUTTE: "Dabei sei am Rande vermerkt, dass bei dieser Kerngruppe ungünstig zu prognostizierender jugendlicher Verwahrloster oder Krimineller der Intelligenzdefekt

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sich oft verbirgt hinter einer Fassade gerissener Schläue und Verschlagenheit (getarnter Schwachsinn Ritters) und dass ihr Haltmangel in der Verkleidung berechnender PseudoOffenheit oder leichter Bestimmbarkeit vielfach geradezu besondere pädagogische Aufgeschlossenheit vortäuscht."162 Der "getarnte Schwachsinn", der "die Maske der Schlauheit trägt", stammte von dem schon erwähnten Tübinger Jugendpsychiater und "Zigeuner"-Forscher Robert RITTER,163 der sie in seiner berüchtigten Habil.-Schrift "Ein Menschenschlag" im Jahr geprägt hatte.164

Der "Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge", der 1933 durch seinen Vorsitzenden POLLIGKEIT gefordert hatte, dass Jugendpflege und Jugendfürsorge sich der "einheitliche(n) Jugendpolitik im Sinne nationalpolitischer Erziehung" einzuordnen hätten,165 hielt es 1948 im Septemberheft seines "Nachrichtendienstes" für angebracht, die Folgerungen, die Hermann STUTTE aus seinen erbbiologischen Forschungen über Fürsorgezöglinge zwischen 1934 und 1944 gezogen hatte,166 zustimmend abzudrucken. In diesem Zusammenhang hielten die Herausgeber besonders folgendes Zitat von ihm für mitteilenswert: "Auf sich selbst gestellt, pflegen sie (die Fürsorgezöglinge, W.S.) dann rasch wieder in den ihnen adäquaten Lebensstil zu verfallen, ihresgleichen zum Ehepartner zu wählen und - und getreu der schicksalhaften Tradition ihrer Herkunft - den Weiterbestand ihres sich sozial störend auswirkenden Erbgutes sicherzustellen und vielfach dazu auch noch in einer zahlenmässig überdurchschnittlichen Nachkommenschaft."167

Im darauffolgenden Heft des "Nachrichtendienstes" (Oktober 1948) wurde Hermann STUTTE dann Raum gegeben, seine Vorstellungen "Zur Neuordnung der Fürsorgeerziehung" zu entwickeln.

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Da sich, so schrieb er, "in der FE-Statistik die Misserfolgsgruppe weitgehend mit dem Kreis der aus anlagemässigen Bedingungen Unerziehbaren deckt, muss für diese eine Sonderbehandlung gefordert werden", wozu er u.a. wieder die Forderung nach "Bewahrungsanstalten" für "praktisch nicht förderungsfähige, asoziale oder antisoziale Jugendliche" aufstellte.168

Schluss

Das erbbiologisch begründete Paradigma der "Aussonderung Unerziehbarer" aus der Fürsorgeerziehung war damit bruchlos aus der Weimarer Zeit über die NS-Diktatur in die Bundesrepublik tradiert worden, wobei die Jugendpsychiater VILLINGER und STUTTE, die nach 1945 in Marburg forschten, lehrten und therapierten, entscheidenden Anteil hatten.169

Diese Zusammenhänge wurden in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik nur mangelhaft aufgearbeitet. Verstrickung und Beteiligung führender Institutionen und Vetreter der Fürsorge und der Jugendpsychiatrie in die nationalsozialistische Ausgrenzungs- und Vernichtungspolitik haben die Aufarbeitung nicht nur verhindert, sondern dazu geführt, dass sich die "autoritär-repressive Praxis der 50er und 60er Jahre so widerspruchslos entwickeln konnte",170 was schliesslich "mit zu dem Zusammenbruch des Systems der öffentlichen Erziehung nach 1968" beigetragen hat.171


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Einleitende Vermerke:

1. Die Überschrift "Vermächtnis und Auswirkungen dieser Ideologien im Nachkriegsdeutschland und in der Bundesrepublik (1945 bis 1985)” – sowie die darüber gestellte Erklärung in Englisch – hinzugefügt von dem Compiler dieser nutzer-freundlichen Internet-Version dieses Gedenkstätte Vortrags, von Wolfram Schäfer, vom 22.02.2002.

2. Der Compiler dieser nutzer-freundlichen Internet-Version, ist Martin Mitchell in Australien, ein Opfer dieser “Fürsorgeerziehung” in der Bunderrepublik in den 1960er Jahren, und heutiger Betreiber der von Australien aus gehosteten Website Heimkinder-Ueberlebende.org.

3. Diese zutreffende Abbildung ist auch von Martin Mitchell in Australien diesem Vortrag hinzugefügt worden.
Entnommen von “Die Macht der Nächstenliebe – Einhundertfünfzig Jahre Innere Mission und Diakonie 1848-1998” (S. 189), eine Historie der Inneren Mission, die keinen einzigen Satz über die deutsche Fürsorgeerziehung nach dem Zweiten Weltkrieg enthält.



Erich Birnbaum, Fürsorgehöllen, 1932

Fußnoten:
______________________________


1 KLUMKER 1926. S. 67. Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) wird, wenn nicht anders angegeben, nach dieser Ausgabe zitiert.
2 Zu den damals geltenden rechtlichen Grundlagen und ihrer Interpretation vgl. zusammenfassend BISKUPSKI 1941. S. 21 ff. u. KÜMMERLEIN 1944. S. 4-25. Siehe auch GRÄSER 1995. S. 52 ff. Während das bis 31.12.1990 in Kraft gewesene Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) die Anordnung von Fürsorgeerziehung (§ 64) für "verwahrloste" oder von "Verwahrlosung" bedrohte Minderjährige, die das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, vorsah, ist Fürsorgeerziehung aus dem seit 1.1.1991 geltenden Kinder-und Jugendhilfegesetz (KJHG) entfallen. Dies wird als Abbau "repressiver Massnahmen" interpretiert. MÜNDER 1990. S. 344.
3 Vgl. AHLHEIM u.a. 1971. S. 53 ff. u. S. 277 ff.; HASENCLEVER 1978. S. 114 ff.; PEUKERT 1986. S. 240 ff.; DUDEK 1988. S. 138-166; HARVEY 1989; KUHLMANN 1989. S. 26-50; SACHSSE/TENNSTEDT 1992. S. 152 ff. u. GRÄSER 1995. S. 91 ff. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 522 ff.
4 Einzelheiten aus Prozessen sind bei DUDEK 1988. S. 160 ff. u. GRÄSER 1995. S. 104 ff. dargestellt.
5 Der Autor, Jg. 1910, war ab 1926 als Fürsorgezögling in verschiedenen Heimen gewesen und 1929 als "unverbesserlich" entlassen worden. Vgl. WOLFF u.a. 1997. S. 73 u. 104.
6 VOSS, Otto/SCHÖN, Herbert: Die Cliquen jugendlicher Verwahrloster als sozialpädagogisches Problem. In: Erfahrungen der Jungen. Potsdam 1930, zit. nachLESSING/LIEBEL 1981. S. 69.
7 Vgl. GRÄSER 1995. S. 101.
8 Vgl. DUDEK 1988. S. 148 u. GRÄSER 1995. S. 100.
9 "Änderung des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922 durch Verordnung des Reichspräsidenten über Jugendwohlfahrt. Vom 4. November 1932." und "Verordnung des Reichspräsidenten über Fürsorgererziehung. Vom 28. November 1932.". In: Zeitschrift für Kinderforschung. 41. Bd. 1933. S. 172-174.
10 Die ursprüngliche Fassung des § 73 RJWG von 1922 ermöglichte die vorzeitige Entlassung eines Minderjährigen wegen Unausführbarkeit der Fürsorgeerziehung aus Gründen,die in der Person des Minderjährigen lagen, unter der Voraussetzung, "dass eine anderweitige gesetzlich geregelte Bewahrung des Minderjährigen sichergestellt ist." Durch Verordnung vom 4. November 1932 wurde § 73 RJWG dahingehend geändert, dass die FE-Behörden nun einen Minderjährigen nach Vollendung des 18. Lebensjahres, der mindestens 1 Jahr in FE war, wegen "Unausführbarkeit der Erziehung" entlassen konnten, ohne dass eine anschliessende Betreuung oder Versorgung sichergestellt sein musste. Vollendung des 18. Lebensjahres und einjährige Dauer der FE waren als Kriterien für die Entlassung nicht erforderlich, "wenn der Minderjährige an erheblichen geistigen oder seelischen Regelwidrigkeiten leidet". Die Unterbringung von Minderjährigen mit erheblichen geistigen oder seelischen Regelwidrigkeiten "in Sonderanstalten oder Sonderabteilungen" war usprünglich in § 70 Abs. 2 des RJWG geregelt. Mit der Verordnung über das Inkrafttreten des RJWG vom 14.2.1924 wurde diese Regelung wieder aufgehoben. Vgl. KLUMKER 1926. S. 70 u. S. 86. Eine andere wichtige Änderung im November 1932 bezog sichauf § 72, wonach die FE nicht mehr mit dem Eintritt der Volljährigkeit, sondern schon mit der Vollendung des 19. Lebensjahres beendet war. § 63 wurde um folgenden Satz ergänzt: "Die Fürsorgeerziehung darf nicht angeordnet werden, wenn sie offenbar keine Aussicht auf Erfolg hat." Zur Entwicklung der Diskussion um § 73 RJWG vgl. REINARTZ 1941. S. 22 ff. u. S. 77. Siehe auch PEUKERT 1986. S. 267 ff.
11 DUDEK 1988. S. 144.
12 Stand der Zöglinge in Preussen am 30.9.1932: 42.125. Am 31.3.1933: 31.988. Zahlenangaben nach GRÄSER 1995. S. 175 (Tabelle 16).
13 Vgl. LESSING/LIEBEL 1981. S. 7, 21, 58, 69 u. 83. PEUKERT 1987. S. 251 ff. Die Lebenswelt der Fürsorgezöglinge war oftmals durch den Rhythmus von Ausreissen, Transport und Wiedereinlieferung gekennzeichnet. Ebd. S. 278 (Nach Zahlenangaben des Stadtjugendamts Nürnberg 1927/28).
14 BARON 1983. S. 140 ff. SCHNURR 1991. S. 111. PEUKERT (1989. S. 314) hat darauf hingewiesen, dass das RJWG schon das "Geburtsmal" der "Knappheit der Mittel, die jedenReformansatz belasten musste", trug.
15 Vgl. BAADER 1989.
16 Vgl. PEUKERT/MÜNCHMEIER 1990. S. 25.
17 Den Diskussionsstand um ein Bewahrungsgesetz und die Praxis der Bewahrung Ende der 20iger fasst EISERHARDT 1929 zusammen. Zum Verlauf der Bewahrungsdebatte siehe PEUKERT 1986. S. 263 ff. u. BLANDOW 1989. S. 126 ff.
18 Vgl. PEUKERT/MÜNCHMEIER 1990. S. 26.
19 OHLAND, Anneliese: Statistik über die Durchführung der Fürsorgeerziehung in Deutschland. Nach dem Stande vom 31. März 1931. In: Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt. 1932. H. 6. S. 197-202, hier S. 202. Zit. nach DUDEK 1988. S. 141.
20 Vgl. DUDEK 1988. S. 140. 21 Vgl. PEUKERT 1989. S. 315. Kritik an der konfessionellen Anstaltserziehung, wie sie etwa Erich WENIGER formulierte, änderten nichts u. waren zum Scheitern verurteilt. Vgl.WENIGER 1928. S. 716.
22 Siehe SCHMUHL 1987. S. 78-105 u. BAADER 1989. S. 25 ff.
23 Vgl. dazu GRÄSER 1995. S. 162 ff.
24 Zum "Scheuen"-Prozess vgl. DUDEK 1988. S. 161 f. u. GRÄSER 1995 S. 104 ff.
25 Vgl. DUDEK 1988. S. 162.
26 SCHREINER, Helmuth: Der Kampf um die Fürsorgeerziehung. In: Innere Mission. H. 7. Juli 1931. Zit. nach HERRMANN 1956. S. 82.
27 Vgl. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 125 f. Die "Fachkonferenz für Eugenik" der Inneren Mission hatte auf ihrer Tagung in der Hessischen Diakonieanstalt Hephata-Treysa vom 18. bis 20. Mai 1931 in der sog. Treysaer Erklärung festgehalten: "Träger erblicher Anlagen, die Ursache sozialer Minderwertigkeit und Fürsorgebedürftigkeit sind, sollten tunlichst von der Fortpflanzung ausgeschlossen werden." (...) "Führen seine von Gott gegeben Funktionen zum Bösen oder zur Zerstörung seines Reiches in diesem oder jenem Glied der Gemeinschaft, so besteht nicht nur ein Recht, sondern eine sittliche Pflicht zur Sterilisierung aus Nächstenliebe und der Verantwortung, die uns nicht nur für die gewordene, sondern auch die kommende Generation auferlegt ist." Zit. nach KLEE 1985. S. 47 u. S. 49. Zur Fachkonferenz in Treysa vgl. NOWAK 1984 S. 94 f.; SCHLEIERMACHER 1986. S. 78 f. u. KLEE 1989. S. 84 ff. Vgl. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 126-130.
28 Vgl. BLANDOW 1986. S. 85 ff. Der Jugendpsychiater Hermann STUTTE lieferte dem AFET (Allgemeinen Fürsorgererziehungstag), diesem traditionalistischen Jugendhilfeverband, inden 40er und 50er Jahren noch "psychiatrisch-biologistische Begründungen für den Misserfolg" in der Heimerziehung. BLANDOW 1990. S. 12. Vom Oktober 1964 bis Juni 1979 war STUTTE Mitglied des AFET-Vorstandes. SCHERPNER/SCHRAPPER. 1981. S. 253.
29 Anmerkung der Schriftleitung zum Beitrag von GREGOR 1961. S. 115. 30 Zur Biographie und den Arbeiten GREGORS i.d. "Zeitschrift für Kinderforschung" siehe HAGELSKAMP 1988. S. 71 ff.
31 GREGOR 1921. S. 54.
32 Ebd. S. 37.
33 Ebd. S. 45.
34 Ebd. S. 51.
35 GREGOR 1923. S. 274.
36 GREGOR 1924. S. 411.
37 KÜRSCHNER 1928/29. Sp. 1609. STUTTE 1967. S. 174: "Die Erziehungsfürsorge wurde - nicht zuletzt unter der Mitwirkung von Psychiatern - ausgebaut (GRUHLE, GREGOR, MÖNKEMÖLLER, LÜCKERATH, VILLINGER u.v.a.). (...) Hamburg und Württemberg gingen voran mit der Einstellung von psychiatrischen Landesjugendärzten (VILLINGER und EYRICH)."
38 MÖNKEMÖLLER 1926. S. 377.
39 Ebd. S. 375.
40 Ebd. S. 377.




41 Alle Zitate ebd. S. 376 f.


42 Ebd. S. 377.



43 Ebd. S. 392. Hervorhebung W.S.


44 In einer Laudatio zum 65. Geburtstag. BUSEMANN/STUTTE 1952. S. 381.



45 EWALD 1958. S. 311.



46 Nähere Einzelheiten zur Vita VILLINGERS in SCHÄFER 1991.
47 VILLINGER 1925. S. 1738. Vgl. dazu auch VILLINGER 1931. S. 18 ff.
48 VILLINGER 1928. S. 318.

49 EBBINGHAUS u.a 1984. S. 102. Vgl. SIERCK 1988. S. 50.


50 VILLINGER 1928. S. 323







51 VILLINGER 1930. S. 210.
52 GREGOR 1925. S. 349.









53 GREGOR 1924. S. 406 f. u. 412 ff.
54 BRAIG 1978. S. 60 f.






55 MÖNKEMÖLLER meinte in diesem Zusammenhang, "wenn solche Kinder ganz unbelehrbar und unerziehbar bleiben, wenn sie sich gegen eine zielbewusste Erziehung dauerndheftig zur Wehr setzen, dann kommt man nicht um den Begriff der Psychopathie herum." MÖNKEMÖLLER (1926), zitiert nach BRAIG 1978. S. 58. Zur Kritik des Psychopathiebegriffs siehe grundlegend WULFF 1972. S. 304 ff. Nach HERZOG 1984. S. 118 f. ist der "Aussonderungszweck (...) dem Psychopathiebegriff, seinen verschiedenen Abkömmlingen und der gesamten Begrifflichkeit (...) von vornherein einbeschrieben." Zur Entwicklung des "Psychopathiebegriffs" in der Kinderpsychiatrie siehe BRAIG 1978.
56 DUDEK 1988. S. 165.
57 HECKER: Das Moment der Freiwilligkeit in der FE. In: Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz. 1931. S. 274 f., zit. nach PEUKERT 1989. S. 324.

58 PEUKERT 1986. S. 307.






59 Zur Geschichte u. Entwicklung des AFET siehe SCHERPNER/SCHRAPPER 1981.







60 BA Koblenz, R 36, Nr. 1953. Druck erschien im Zentralblatt für Jugendrecht u. Jugendwohlfahrt. 5/1933. S. 161-165.


61 Abdruck in: Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz. 12. Jg. 1936. Nr. 4. S. 259-260.





62 Zur Biographie von ALTHAUS vgl. HANSEN 1991. S. 378 f.




63 ALTHAUS, H.: Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. Berlin 1939, zit. nach HASENCLEVER 1978. S. 144.


64 Vgl. WOLFF 1992. S. 9 ff.












65 SCHAFFSTEIN 1936. S. 287.





66 SCHAFFSTEIN 1937. S. 542.


67 SCHAFFSTEIN 1937. S. 542.





68 Ebd. S. 544. 69 EYRICH 1939b. S. 260. 70 Vgl. EYRICH 1939a. S. 557: "Der Grundgedanke der Neuordnung (der FE in Württemberg, W.S.) ist möglichst frühzeitige Sichtung der Zöglinge unter erb- und rassenbiologischen Gesichtspunkten, und zwar durch den Psychiater." Zur Bedeutung der "Erbbiologie" in der jugendpsychiatrischen Klinik im Hinblick auf die Klassifizierung nach"Erbtüchtigkeit" der Kinder und Jugendlichen und der darauf sich aufbauenden Zuordnung nach "Fürsorge"- oder "Verwahrungs"-Massnahmen, siehe auch HECKER, Elisabeth 1943.
71 Aus taktischen Gründen, man wollte den Abschluss des Konkordats mit dem Vatikan nicht gefährden, wurde es erst am 25.7.1933 veröffentlicht. NELIBA 1992. S. 183. Zur Entstehung des GzVeN vgl. ebd. S. 174 ff.
72 Zur Bedeutung der "rassenhygienischen Aufgaben" der Psychiatrie in der offenen Fürsorge vgl. ROEMER 1934.
73 "Ergebnis einer Rundfrage des AFET. zur Frage der Abänderung der die Fürsorgeerziehung betreffenden Bestimmungen." (Zitat: darin S. 34). BA Koblenz. R 36. Nr. 1953. Das Ergebnis der Rundfrage wurde u.a. bei einer Sondersitzung des AFET am 5.10.1933 in Hannover diskutiert. Ebd.
74 KAMINSKY 1995. S. 213, zit. nach KEIM 2000. S. 61 f.







75 GÜNZLER 1939. 12 f. Hinsichtlich der sog. "Schwachsinnigen" in den Heimen schrieb EYRICH (1939a. S. 558): "Dass der Anstaltsentlassung die Unfruchtbarmachung vorausgeht ist dabei selbstverständlich."




76 EYRICH 1939b. S. 260.


77 Selbstdarstellung des Landesaufnahmeheims von Idstein im Jahr 1938, gerichtet an den Oberpräsidenten in Wiesbaden. BA Koblenz. R 36. Nr. 2008. Zit. nach KUHLMANN 1988. S.266. In den preussischen Provinzen schienen aufgrund eines Berichtes über die Rechnungsjahre 1939 und 1940 "Aufnahmeheime bzw. Beobachtungsstationen in Verbindung mit einemErziehungsheim (...) in allen Bezirken zu einem festen Bestandteil der FE. geworden zu sein." (Deutsche Jugendhilfe. 33. Jg. 1941/42. S. 198-204, zit. nach FRANCKE 1943. S. 343.)
78 THIEL 1991. S. 71.






79 Als solche waren nach § 1 GzVeN angegeben: angeborener Schwachsinn, Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, erbliche Fallsucht, Chorea Huntington erblicheBlindheit, erbliche Taubheit und schwere erbliche körperliche Missbildung. Ferner konnte unfurchtbar gemacht werden, "wer an schwerem Alkoholismus leidet." Vgl.GÜTT/RÜDIN/RUTTKE 1934. S. 56. Für keines dieser im Gesetz angeführten Krankheitsbilder war zum damaligen Zeitpunkt ein eindeutiger Erbgang nachgewiesen. Vgl. ROTHMALER 1989. S. 73.



80 Berechung nach Zahlenangaben von GREGOR 1934a. S. 178. Vgl. auch GREGOR 1934b. S. 38.



81 Wenn "Asoziale" den im GzVeN vorgeschriebenen Intelligenztest erfolgreich absolvierten, wurde das zum Teil als "Raffinesse" und "Gerissenheit" ausgelegt, was danngleichfalls ein Sterilisierungsgrund war. Vgl. SCHERER 1990. S. 101. Vgl. SCHMUHL 1987. S.424 f./Anm. 24.


82 GREGOR 1934b. S. 38.









83 KRAUS 1974. S. 208.









84 KUHLMANN 1989. S. 135 f.
85 BOCK, G. 1986. S. 257.




86 "Gesundheitsfürsorge" 10/1936, S. 336, zit. nach NOWAK 1984. S. 105.
87 SCHMACKE/GÜSE 1984. S. 162. Siehe auch WEITBRECHT 1968. S. 13.




88 Von Hamburg kommend, hatte er am 1.1.1934 seinen Dienst in Bethel angetreten. Vgl. SCHÄFER 1991. S. 196 ff.
89 VILLINGER 1935a. S. 70.


90
Vgl. Anm. 79.


91 Vgl. KUHLMANN 1989, S. 141. Siehe dazu VILLINGER 1935b. S. 243 f.


92 VILLINGER 1935b. S. 236.





93 HECKER, W. 1941. S. 32 f. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Tatsache ein besonderes Gewicht, dass VILLINGER den unfruchtbarzumachenden Jugendlichen in Bethel zwar den Beschluss des Erbgesundheitsgerichtes, nicht aber dessen Begründung gab. VILLINGER 1935b. S. 247. Das "Merkblatt über die Unfruchtbarmachung" (vgl.GÜTT/RÜDIN/RUTTKE 1934. S. 67) wurde ihnen ebenfalls nicht ausgehändigt.
94 BÖNING 1953. S. 12. 1089 Sterilisationen durch operativen Eingriff, 4 Unfruchtbarmachungen durch Röntgenbestrahlung.
95 "Unter dem grossen Jesuswort" (1988) S. 27.
96 Vgl. ROTHMALER 1989. S. 71. 97 Aussage Villingers vor dem "Ständigen Ausschuss für Fragen der Rassenhygiene und Rassenpflege" beim "Central-Ausschuss der Inneren Mission" am 14. April 1937. Zit. nach BOCK, G. 1986. S. 258/Anm. 9.
98 BDC Akte VILLINGER, selbstverfasster Lebenslauf v. 1.7.1944.
99 Zitat nach KLEE 1989. S. 92. Vgl. KLEE 1990. S. 63. Aufgrund der kritischen Reaktionen im Ausland über solche Praktiken, die für das NS-Regime zunehmend ein"Ärgernis" wurden, verfügte Hitler im Dezember 1935, von einer Zwangssterilisierung bei Ausländern generell abzusehen. Vgl. GANSSMÜLLER 1987. S. 84
100 Zitat nach KLEE 1989. S. 92. Vgl. BOCK. G. 1986. S. 378/ Anm. 23.
101
BÖNING 1953. S. 12. Dazu Weitbrecht (1968) S. 13: "Infolge der ihnen drohenden Sterilisation haben zahllose wertvolle Menschen den Freitod gewählt (...)."




102 VILLINGER 1935b. S. 247.
















103 VILLINGER 1935b. S. 247.





































104 VILLINGER 1939. S. 17.




105 Ebd. S. 18.


106 Vgl. "Fürsorge-Erziehung in den v. Bodelschwinghschen Anstalten. Ein Bericht von Rudolf Wendt". In: KLEE [Irrsinn Ost, Irrsinn West] 1993. S. 140-144.
107 VILLINGER 1935b. S. 238.




108 RASCH, Gustav: Anwendung und Bewertung von Strafen in der Fürsorgeerziehung. In: Deutsche Jugendhilfe. 35. Jg. 1943. S. 24, zit. nach KUHLMANN 1989. S. 115.
109 SICK 1983. S. 37. Anm. 76.




110 Vgl. KUHLMANN 1989. S. 177 u. S. 251 f. Zur Kritik an MEHRINGERs Beitrag hinsichtlich aktiver Beteiligung und Verschleierung der NS-Aussonderungspolitik in der Heimerziehung siehe SCHRAPPER 1990. S. 425 f.



111 MEHRINGER 1982. S. 129.


112 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kinder- undJugendpsychiatrie (DGKJP). "Merkblatt". In: Spektrum. 24. Jg. Nr. 3. 1995. S. 134-138. hier: S. 137.
113 Sämtliche Beiträge der Gründungsversammlung der "Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik" sind abgedruckt in: Zeitschrift für Kinderforschung. 49. Bd.. H. 1. 1941.

114 VILLINGER 1941. S. 26.








115 VILLINGER 1939. S. 20.


116 VILLINGER 1939. S. 17.


117 Vgl. "Eröffnung" der Gründungsversammlung der "Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik". In: Zeitschrift für Kinderforschung, 49. Bd. H. 1. 1941 S. 3. Wie der Teilnehmer Hermann STUTTE, der von seiner damals im Osten liegenden Truppe einen Kurzurlaub erhalten hatte, berichtete, bestand die "Mehrzahl" der Teilnehmer der Gründungsversammlung aus "Uniformierten". Vgl. STUTTE 1970. S. 313. Ders. 1977. S. 402.


118 VILLINGER, 1941. S. 22.

119 PLATEN-HALLERMUND 1948. S. 52 - 55. Weitere Einzelheiten dazu vor allem bei SICK 1983. S. 39 - 53. Vgl. auch BROMBERGER/MAUSBACH 1987. S. 75 ff.






120 SCHMITZ 1941. S. 100.



121 SCHMITZ 1938. S. 691.




122 Ebd.. S. 688.



123 SCHRÖDER 1941. S. 12.









124 SCHRÖDER 1941. S. 14. Hervorhebung W.S.















125 "MERKBLATT" 1995 (wie Anm. 112). S. 137.
126 Zum Verlauf der Bewahrungsdebatte in der NS-Zeit siehe PEUKERT 1986. S. 274 ff. WAGNER 1988. S. 77 ff. u. WOLFF 1992. S. 173-188 ("Jugendbewahrung und Gemeinschaftsfremdengesetz").
127 Vgl. PEUKERT 1989. S. 331. 128 Vgl. WAGNER 1988. S. 80 ff. u. AYAss 1994. S. 202-209.
129 Siehe HASENCLEVER 1978. S. 132. KUHLMANN 1989, S. 143 ff. Auf die Aussonderung "fremdvölkischer" Kinder und Jugendlicher aus der FE kann im Rahmen dieses Beitrags nicht eingegangen werden. Vgl. dazu SCHÄFER 1996. S. 227-233.
130 Vgl. "Bewahrung innerhalb der Fürsorgeerziehung". 1934. S. 314.



131 "Kosten für die Bewahrung Jugendlicher unter 18 Jahren in der Rheinprovinz" u. "Kosten für Preussen bezw. für das Reich." Anlagen zu einem Schreiben von Landesrat HECKER (24.7.1936) an den Vors. d. Rheinischen Arbeitsgemeinschaft für Wohlfahrtspflege. BA Koblenz. R 36. Nr. 1828.







132 BA Koblenz, R 43 II, Nr. 520c Bl. 27-28. Vgl. auch Dokument Nr. 211 in JAHNKE/BUDDRUS 1989. S. 339. Weitere Einzelheiten zu diesem Vorgang in HANSEN 1991. S. 279.
133 Vgl. KLEE 1983. S. 361.









134 Beispiel aus der Tagespresse in MUTH 1989. S. 248 f. Berichte in Fachpublikationen: Ein polizeiliches Jugendschutzlager. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentlicheund private Fürsorge. 1940. S. 174 u. ISERNHAGEN 1941. Vgl. RdErl. d. RMdI. v. 3.10.1941 "Einweisung in das Jugendschutzlager Moringen". In: Ministerialblatt des Reichs- u.Preussischen Ministeriums des Innern. 6. (102.) Jg. 1941. Sp. 1773-1774.
135 Die "Jugendschutzlager" sollten nach Vorstellungen des Reichssicherheitshauptamts Elemente des Strafvollzugs, der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung und der FE in sichvereinigen. Vgl. MUTH 1989. S. 239.
136 NEUGEBAUER 1997. S. 36. Zahlen über Belegung bei HAMMERSCHMIDT 1999. S. 541.
137 Zu RITTER siehe WINTER 1988 u. BUMILER 1992. RITTER war einer der Vorgänger von STUTTE als Leiter des klinischen Jugendheims an der Universitätsnervenklinik Tübingen. STUTTE 1977. S. 400.
138 Vgl. WERNER 1944, S. 99 f. Zur Kritik an diesem System siehe REHBEIN 1968. S. 113 ff. u. PEUKERT 1989. S. 117 ff.
139 Vgl. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma: Presseerklärung vom 12.3.1990.





140 Z.B. "hartes Lager", Kostentzug, Straffstehen 2-6 Stunden, körperliche Züchtigung etc. WERNER 1944. S. 102.





141 WERNER 1944. S. 98.

142 HANSEN 1991. S. 274 u. HASENCLEVER 1978. S. 134.












143 Vgl. HAMMERSCHMIDT 1999. S. 551 u. HASENCLEVER 1978. S. 134.











144 HARBAUER 1969. S. 308.
145 REMSCHMIDT, H.: Hermann Stutte. Nachruf. In: Geistige Behinderung. 21. Jg. 1982, H. 3. S. 194-195. hier: S. 195.




146 Oberhessische Presse (OP) Marburg. 22.12.1954. "Von der Philippsuniversität". Damals noch ausserordentlicher Professor. 1963 wird er zum ordentlichen Professor ernannt. OP 25.9.1963. "Von der Philipps-Universität".








147 JACOBI 1936. Vgl. LEONHARDT 1995. S. 96 f.

148 BA Koblenz, R 73, Nr. 11758.


149 Vgl. SCHÄFER 1993.


150 Vgl. Med.-Naturwissenschaftlicher Verein Tübingen. Sitzung vom 10. Juli 1939. Hermann STUTTE: Die soziale Prognose der Jugendlichen-Verwahrlosung. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. 86. Jg. 1939. S. 1685.
151 Zu den Forschungen STUTTES in der NS-Zeit u. zur Geschichte seiner Habilitationsschrift vgl. SCHÄFER 1992.
152 Univ.-Archiv Tübingen, Sign. 125/159. "Referat über die wissenschaftliche Arbeit des Assistenzarztes der Klinik Oberarzt d.R. Dr. med. Hermann Stutte". Tübingen. 23.11.43 (4 Seiten). hier: S. 2.







153 Ebd. S. 3 f.





154 Ebd.









155 STUTTE 1948a. S. 415.



156 STUTTE 1960. S. 1085.




157 STUTTE 1977. S. 400.











158 Dieser Beitrag wurde sogar "tonangebend für die Verwahrlosungs-Politik - zumindest bis in die 60er Jahre hinein" (BLANDOW 1986. S. 82) und gilt als "einer der meist besprochenen Aufsätze" jener Jahre (ebd.). Siehe dazu insgesamt SCHÄFER 1998.
159 Zur Kritik an der Württembergischen Heimerziehung von 1938 siehe SCHÄFER 1998. S. 288 ff.



160 VILLINGER/STUTTE 1948. S. 252.











161 STUTTE 1949. S. 111.















162 STUTTE 1948a. S. 413.
163 RITTER 1937. S. 19. Vgl. BUMILER 1992. S. 104. Dieser "Schwachsinn" war gar bei überzeugten NS-Psychiatern umstritten. Selbst Max EYRICH lehnte den "getarnten Schwachsinn" ab, weil dadurch "der Begriff des angeborenen Schwachsinns zu sehr überdehnt" würde. EYRICH 1939b. S. 256.
164 RITTER 1937. S. 19. Vgl. SCHÄFER 1998. S. 286.



165 POLLIGKEIT im "Nachrichtendienst des Deutschen Vereins". 1933. S. 146 ff., zit. nach HASENCLEVER 1978. S. 128.




166 Vgl. SCHÄFER 1992.






167 "Über die Nachkommen ...". 1948. S. 161. Vgl. BLANDOW 1989. S. 138.













168
STUTTE 1948b. S. 178-179. 1951 definierte STUTTE "Unerziehbarkeit" als "die Unfähigkeit zur Erlangung (...) des Zustandes hinlänglicher sozialer Brauchbarkeit. (...) Der Idiot ist unerziehbar, auch wenn er affektiv unauffällig und gutmütig ist." STUTTE 1952. S. 9 u. 10. HECKES/SCHRAPPER 1988. S. 22. verweisen in Zusammenhang mit der Kontinuität der "Unerziehbarkeitsdebatte" bis in die Bundesrepublik hinein beispielhaft auf STUTTE 1958.
169 Vgl. BLANDOW 1986. S. 85 ff. Vgl. Anm. 28 (Teil I).



170 SCHRAPPER 1990. S. 426. Zur Restauration der traditionellen Heimerziehung in der Bundesrepublik siehe ALMSTEDT/MUNKWITZ 1982. S. 13-23.
171 REHBEIN 1992. Vgl. SCHRAPPER 1990. S. 424 f.
© Wolfram Schäfer, Institut für Erziehungswissenschaft, Philipps-Universität Marburg
[ Erstveröffentlichung auf dieser Webseite: 18. April 2005 ]


Subindex Nr. 1

Ehemalige Heimkinder wollen nicht mit anderen verwechselt werden.
Sie haben ihre eigene Webseite: Heimkinder-Ueberlebende.org @ www.heimkinder-Ueberlebende.org




Martin Mitchell – Fotos aus seiner Kindheit und Jugendzeit
(chronologisch arrangiert – 1946-1964 – von unten aufwärts)


Die Leidensgeschichte des damalig staatenlosen Jugendlichen Martin Mitchell
in westdeutscher “Fürsorgeerziehung��� in den 1960er Jahren, geschildert und
belegt an Hand von aktuellen Schriftstücken aus der “Fürsorgeerziehungsakte”
damalig geführt von der Anstaltsleitung der Betheler Zweiganstalten Freistatt –
Anstalt Freistatt im Wietingsmoor
(Kreis Diepholz, Niedersachsen) – Teilanstalt
der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
(bei Bielefeld, Nordrhein-Westfalen).

( Akte erhalten in Australien am 16. Mai 2006.
)



Intensive Handarbeit im Moor in Anstalt Freistatt, damals – historische Bilder –
( im Oktober 1993 umbenannt in Diakonie Freistatt).
Virtueller Rundgang durch das damalige Freistätter Wietingsmoor in Niedersachsen


Fürsorgeerziehung im Nationalsozialismus –"Bewahrung" und "erbbiologische Aussiebung" von Fürsorgezöglingen.
Vermächtnis und Auswirkungen dieser Ideologien im Nachkriegsdeutschland und in der Bundesrepublik
(1945 - 1985)


Fürsorgeerziehung im Dritten Reich –
Werner Villinger, Chefarzt von Bethel, und seine Ideologien und Karriere
in der Jugendfürsorge und Jugendpsychiatrie
auch in West-Deutschland, nach 1945.


Ein weiterer Beweis für das was den Mächtigen weiterhin in Deutschland wichtig war
sofort nach dem zweiten Weltkrieg,
und ihnen auch weitergehend wichtig war in der Bundesrepublik Deutschland,
nach 1949, besonders in der Fürsorgeerziehung.
Ein Beispiel für die Kontinuität in der Sozialfürsorge: Helene Wessel


Zwangsverpflichtet im Vaterland!
"ZWANGSARBEIT" – "ARBEITSDIENST" – "ARBEITSTHERAPIE" – "KEIN PFENNIG JOBS"
– Fürsorgeerziehung, Jugendwohlfahrt und Arbeiterwohlfahrt und ihre Abarten
in der Geschichte Deutschlands – hier ein Beispiel aus dem Dritten Reich –
und ein Moor,Torfabbau und anstaltseigenes Torfwerk gehörten auch hier wieder mit dazu.


Geschlossene Unterbringung.
Die Geschichte des geschlossenen Mädchenheims Feuerbergstraße in Hamburg-Altona.
Fürsorgeerziehung unter dem Jugendwohlfahrtsgesetz:
Weimarer Republik. Drittes Reich. Bundesrepublik (BRD).


Kinder und Jugendliche als Opfer in 'Erziehungsheimen' / Arbeitserziehungslagern / Arbeitszwangslagern

Damalige Erziehungsanstalten gleicher Art wie jahrzehntelang in Westdeutschland betrieben wurden,
existierten auch in der Bundesrepublik Österreich.
Ein Betroffener aus Österreich meldet sich zu Wort.


Die bisher verdrängte Geschichte der Heimerziehung in der Republik Österreich - Schwarze
Pädagogik der Nachkriegszeit, genauso wie in der Bundesrepublik Deutschland
.
WANDERAUSSTELLUNG zur Geschichte der Heimerziehung in Österreich - Nachkriegszeit.
Ein Heim Namens
"WEGSCHEID", in Linz, Öber-Osterreich, wird vorgestellt:
Ausstellungskatalogue:
Michael John / Wolfgang Reder, "Wegscheid. Von der Korrektionsbaracke
zur sozialpädagogischen Institution"
, Linz 2006, ISBN-10: 3-200-00657-9.


“Der unwerte Schatz” – Roman einer Kindheit – Vernichtung ‘unwerten’ Lebens.
Roman von Tino Hemmann, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2005 – ISBN 3-938288-41-8


DVD 112 / 2005: "LEBENSUNWERT – Paul Brune – NS-Psychiatrie und ihre Folgen
ca. 45 Min. Film plus 15 Min. ergänzendes Material – erhältlich vom Medienshop
des Westfälischen Landesmedienzentrum – Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Münster.


Lebenswert – Lebensunwert – ERNST KLEE : "Deutsche Medizin im Dritten Reich"
S. Fischer Verlag Frankfurt/M., Oktober 2001, ISBN 3-10-039310-4416.
Rezension von dem Soziologen Dr. Robert Krieg (geb. 1949) selbst Autor und Regisseur:


Schutzbefohlene Heimkinder / Insassen Hinter Mauern : Ein Fallbeispiel – Der Leidensweg des Paul Brune

Paul Brune – Fallbeispiel – „Lebensunwert“ – Filmbiographie
über die langen Schatten der Psychiatrie des 'Dritten Reiches',
aber auch ihre dunkle Kontinuität in der Bundesrepublik
bis fast in die Gegenwart –
konzentriert sich hier auf die Situation in Einrichtungen der Provinz Westfalen in der Trägerschaft des Provinzialverbandes,
Vorläufer des Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).


Paul Brune – “Lebensunwert” – Und wer sonst noch? – Eine späte Entschuldigung!
NS-Ideologie im Dritten Reich und ihre Folgen – auch noch für lange Zeit danach.
Beiträge, Erklärungen und Korrespondenz zu diesen Themen – aus dem Jahre 2003.


Gott und die Welt. - Einzelhaft und Zwangsarbeit – Fürsorgeerziehung
in Deutschland [BRD] [50er, 60er, 70er und 80er Jahre] –

im WDR Fernsehen, Sonntag 11.09.2005 um 16:25;
Wiederholung, Dienstag 13.09.2005 um 10:15, (Länge 30 Min.).


WDR FERNSEHEN – Dokumention: "Lebensunwert" – Der Weg des Paul Brune

Zum Thema Antifaschismus:
»Lebensunwert? - NS-Psychiatrie, Zwangssterilisierung und Widerstand« -
Irrsinnige Ideology und ihre Langzeit Folgen im Nachkriegsdeutschland. -
Herausgeber dieses Sachbuches, erstveröffentlicht in 2007, ist

der Freundeskreis Paul Wulf. Erschienen im Graswurzel Verlag. ISBN 3-939045-05-5.


Ein VORWORT von Journalist, Filmmacher und Autor Robert Krieg zum Sachbuch
»Lebensunwert? - NS-Psychiatrie, Zwangssterilisierung und Widerstand«


[ Heimerziehung – Zöglinge - Heimkinder ] Zwischen Disziplinierung und Integration
– Westfälisches Institute für Regionalgeschichte – Landschaftsverband Westfalen-Lippe Münster –
FORSCHUNGEN ZUR REGIONALGESCHICHTE – Markus Köster und Thomas Küster (Hg.)
[ Anstaltserziehung – Fürsorgeerziehung – Weimarer Republik – Drittes Reich – Bundesrepublik ]


Dipl.-Päd. Wolfram Schäfer, Institut für Erziehungswissenschaft, Philipps-Universität Marburg:
Fürsorgeerziehung und Jugendpsychiatrie im Nationalsozialismus
Die erbbiologisch begründete Forderung nach der »Aussonderung Unerziehbarer« aus der Fürsorgeerziehung war von den führenden Vertretern der deutschen Jugendpsychiatrie bruchlos aus der Weimarer Republik über die NS-Diktatur in die Bundesrepublik tradiert worden. Die Auswirkungen auf die Gestaltung der Heimerziehung in der jungen Demokratie waren bekanntermaßen fatal.


Sieglinde WALTRAUD Jung’s Leidensgeschichte als Gefangene
und unentlohnter Arbeitssklave der Rummelsberger Anstalten,
im "Haus Weiher"
(1965-1968)(zugehörend zur Bayrischen Inneren Mission)
"Heim für 'schwererziehbare' Mädchen""Mädchenheim Weiher"
(1938-1972)
in Hersbruck, bei Nürnberg, eine Zweigstelle der Rummelsberger Anstalten, in Bayern,
Bundesrepublik Deutschland – "Wirtschaftsunternehmen" im "Wirtschaftswunder BRD".


Ehemalige Heimkinder schildern »Schwere Schicksale im Bundestag«,
Berichtet im Der Westen (Das Portal der WAZ Mediengruppe), 16.11.2007.
Sabine Nölke: Der Petitionsausschuss des Bundestags befaßte sich
erstmals im Dezember 2006 mit dem Schicksal ehemaliger Heimkinder.


»Die weggesperrten Kinder der Nachkriegszeit.«
»Heimzöglinge der 50er und 60er Jahre haben ihr Schweigen gebrochen -
Jetzt fordern sie eine Entschädigung.
«
Jürgen Potthoff berichtet im Der Westen (Das Portal der WAZ Mediengruppe), 20.11.2007.


Regina Eppert (Regina Page) mit Peter Wensierski vom SPIEGEL berichten
über, und diskutieren, die damalige Heimerziehung der Nachkriegszeit
(ca 1945-1979)
in ihren Sachbüchern "Schläge im Namen der Herrn – Die verdrängte Geschichte
der Heimkinder in der Bundesrepublik"
und "Der Alptraum meiner Kindheit und Jugend –
Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime"

Berichtet @ westline – in Westfälische Nachrichten – 20. Oktober 2006,
in einem Artikel mit der Überschrift "Lachen und Weinen strengstens verboten".


"Mädchenknast" – Dortmunder Vincenzheim – September 1977 – auch hier werden Heimkinder weitergehend gefangen gehalten und als unentlohnte Arbeitskräfte – Zwangsarbeiter – von der Katholischen Kirche von Deutschland ausgebeutet – hier in einer Waschanstalt / Großwäscherei der Paderborner Vinzentinerinnen.

Das damalige Vincenzheim (für Mädchen) - die heutige Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung "Vincenzheim Ausbildungsstätte" - in Dortmund lehnt den Vorwurf von damaligen Misshandlungen gegen ihre jugendlichen Heim-Insassen ab. Und auch Theo Breul, Abteilungsleiter beim Caritas-Verband in Paderborn, was das Salvator-Jugendheim in Hövelhof - das damalige Salvator-Kollege (für Jungens) - betrifft, weist alle Vorwürfe zurück.

Bundesrepublik Deutschland: Kinder alleinerziehenden Müttern entrissen und in konfessionelle Heime gesperrt, um christlich erzogen zu werden. Heimkinder wegen läppischer „Vergehen“ – nur bei Hinreichung einmal täglich von Wasser und Brot –
in Isolationshaft gesperrt.
Heimkinder-Ueberlebende überall in der Bundesrepublik Deutschland
berichten von jahrelanger unentlohnter „Zwangsarbeit“ und schwerwiegenden Misshandlungen und Entwürdigungen –
und sind noch heute davon traumatisiert.


Heimkinder-Überlebende brechen ihr Schweigen: Schläge und Quälereien von Kindern und Jugendlichen - "Unglaublich. " - "Niemand hat etwas davon gewußt." "Es kann doch nicht möglich sein. " - "Niemand [von den Heim-Insassen] hat sich beschwert. " - Es habe "allerdings keine regelmäßigen Kontrollen gegeben. " - Heute wird von den Verantwortlichen nur geleugnet, bagatellisiert, oder einfach völlig geschwiegen.

„Moorhof zur Hölle“ – Freistatt im Wietingsmoor in den 50er Jahren. Opfer über die damaligen Methoden in dieser Anstalt; berichtet mit Hilfe eines Zeitungsartikels der am 13.5.1999 im Weser-Kurier veröffentlicht wurde – das Jahr des 100. Jubiläumsfestes der Diakonie Freistatt.

Die wahre Geschichte der damaligen ANSTALT FREISTATT aufgedeckt und erstmalig im Internet veröffentlicht! ANSTALT FREISTATT, Torfgewinnungsgesellschaft im Bethel eigenen Wietingsmoor, ein privat-kirchliches Wirtschaftsunternehmen und Moorlager Arbeitserziehungslager / Arbeitszwangslager der Diakonie (1899-1991), das noch jahrzehntelang nach dem Zweiten Welt Krieg in der Bundesrepublik Deutschland angewendet wurde, wo 14 bis 21 Jahre alte “schwererziehbare” jugendliche deutsche Zwangsarbeiter systematisch getrimmt und auf das Schlimmste misshandelt wurden.

Das Wirtschaftsunternehmen der Torfgewinnungsgesellschaft im Bethel eigenen Wietingsmoor, im Areal der ANSTALT FREISTATT, im Hannoverschen, in der Bundesrepublik Deutschland, und dessen jugendlichen deutschen Zwangsarbeiter, im Vergleich zu den jugendlichen – und auch älteren – deutschen Zwangsarbeitern im BREMISCHEN TEUFELSMOOR, ein Wirschaftsunternehmen der TurbaTorfindustrie G.m.b.H, im Dritten Reich. Was war der Unterschied? Das ersterwähnte wurde (von 1899-1991) von der Diakonie betrieben, das andere (von 1934-1945) vom Staat.

Freistatt – Wirtschaftsunternehmen – Teil I
Freistatt – Anstalt Freistatt – Diakonische Heime Freistatt – Diakonie Freistatt – Freistatt im Wietingsmoor – Betheler Zweiganstalten im Wietingsmoor – Arbeiterkolonie Freistatt – Arbeitsdienstlager Freistatt – Moorkolonie Freistatt –
“Zwangsarbeitslager Freistatt”
Was entspricht der Wahrheit, und was nicht?


Freistatt – Wirtschaftsunternehmen – Teil II
Zweimalige Flucht eines jugendlichen Zwangsarbeiters aus Freistatt im Wietingsmoor
HOLZNER, MICHAEL – TREIBJAGD – Die Geschichte des Benjamin Holberg –
ein auf Fakten bassierender Roman über die Fürsorgeerziehung und ihre Folgen
in der Bundesrepublik Deutschland.
AUSZÜGE.


Tatorte schwerwiegender Misshandlung von Kindern und Jugendlichen
im Bethel eigenen Freistatt im Wietingsmoor:
Deckertau, Haus Neuwerk, Heimstatt, Moorburg, Moorhof, Moorhort, Moorpenison, Moorstatt, Wegwende, und Wietingshof.


Bethel-eigene Anstalt Freistatt im Wietingsmoor – Erziehungsziel “Arbeite und Bete!”
Stellungnahme dazu eines weiteren Betroffenen, Peter Remmers (vom 12.01.2006):
“Freistätter Hölle!” – “Das Moor ist die Hölle!”
– Fünf Jahre hatte er dort verbringen müssen! –


Mail (vom 16.02.2006) des heutigen Geschäftsführers der Diakonie Freistatt,
Pastor Wolfgang Tereick, an den ehemaligen Freistatt Insassen, Peter Remmers,
worin der Herr Pastor die Ehrlichkeit des ehemaligen Zöglings in Frage stellt.
.


Ehemaliger Freistatt Insasse, Peter Remmers, am 16.02.2006, antwortete
dem heutigen Geschäftsführer der Diakonie Freistatt, Pastor Wolfgang Tereick,
auf dessen Anschuldigungen, vom 18.02.2006.
.


6. Stellungnahme von Pastor Wolfgang Tereick, Geschäftsführer Diakonie Freistatt, vom 04.03.2006
− in EVANGELISCHE WOCHENZEITUNG FÜR WESTFALEN UND LIPPE: UK "Unsere Kirche" −
folgend der Veröffentlichung des Buches "Schläge im Namen des Herrn".


Der heute 61-jährige ehemalige Fürsorgezögling Willi Komnick
erstmalig nach 40 Jahren, am 5. Mai 2006, besucht die heutige Diakonie Freistatt –
damalige Anstalt Freistatt im Wietingsmoor, gelegen in einem riesigen
Hochmoorgebiet zwischen Diepholz und Sulingen im Hannoverschen, in Niedersachsen –
ein Ableger der „v. BodelschwinghschenAnstalten“ Bethel, bei Bielefeld,
in Nordrhein-Westfalen – wo die damaligen jugendlichen Insassen
systematisch misshandelt und ausgebeutet worden waren.


Warum habt ihr mich geschlagen?, fragen heute die ehemaligen Insassen,
die damals in Anstalt Freistatt im Wietingsmoor, einem riesigen Hochmoorgebiet
zwischen Diepholz und Sulingen im Hannoverschen, in Niedersachsen –
einem Ableger der „v. BodelschwinghschenAnstalten“ Bethel, bei Bielefeld, in
Nordrhein-Westfalen – systematisch misshandelt und ausgebeutet worden waren.


Während sich die Bundesrepublik Deutschland im Wirtschaftswunder befand,
und begann Goldbarren in Manhatten Banken zu stapeln,
wurden Kinder und Jugendliche im ganzen Land in Heimen und Anstalten
meistens kirchlicher Trägerschaft auf das Schlimmste misshandelt,
geknechtet und ausgebeutet,
und dort nicht nur um ihre Kindheit und Jugendzeit gebracht,
aber dort auch um ihre Löhne und ihre ihnen später zustehenden Rentenanteile betrogen.


Ehemaliges Heimkind Wolfgang Rosenkötter erzählt seine Geschichte:
"Mein erster Tag in Freistatt" - [ Freistatt im Wietingsmoor - Diakonie Freistatt ] -
im
SOZIALEXTRA. Zeitschrift für Soziale Arbeit und Sozialpolitik. Dezember 2006
(Seite 18). Auch im "SWR2Eckpunkt" hat Wolfgang Rosenkötter schon am 26. September 2006
unter dem Titel
"Ich habe nur Angst gehabt" von seinen Erfahrungen berichtet.
"Mein erster Tag in Freistatt" veröffentlicht auch auf dieser Webseite: Heimkinder-
ueberlebende.org
mit freundlicher Erlaubnis von dem Autor, Wolfgang Rosenkötter.


Im Heim [ Anstalt Freistatt in den 70er Jahren ]: Gewalt und Zwang weitergehend auf der Tagesordnung. Schwerarbeit ohne Entlohnung in Bethel eigenen Betrieben fortgesetzt. Verpachtung der Zöglinge auch an umliegende Bauerhöfe ohne dass ihrerseits, oder von Seiten der Mutter-Anstalt Bethel, Sozialversicherungsabgaben entrichtet werden.

Die schreckliche Seite der Kirche - SPIEGEL ARTIKEL vom 19.5.2003 - KIRCHE Unbarmherzige Schwestern

Schikanen überall, auch beim "Reichsarbeitsdienst" (RAD) 1940:
Erfahrungsbericht eines Reicharbeitsdienstlers, Werner Mork (*1921),
aus Kronach, aufgezeichnet Juli 2004


[ Nationalsozialistische Ideologie als Hilfe zur Erziehung – der Anfang des Endes. ]

Von der Fürsorgeerziehung zur Kinder- und Jugendhilfe.
Vom Jugendwohlfahrtsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz.
Historischer Wandel der Hilfe zur Erziehung




Bitte nicht vergessen auch "Ehemalige Heimkinder" @ http://heimkinderopfer.blogspot.com zu besuchen.


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